Geliebter Barbar
Leidenschaft bereits überwunden. Ich kann mich noch nicht einmal an deinen Kuß erinnern!«
Das war eine infame Lüge.
Inzwischen waren sie fast bei Patricks Haus angelangt.
»Du hast verdammt noch mal nichts vergessen«, murmelte er.
Er packte ihre Schultern und zwang sie, sich zu ihm zu drehen. Dann nahm er ihr Kinn und hob ihren Kopf an.
»Was willst du?«
»Deine Erinnerung auffrischen.«
Sein Mund senkte sich auf ihren und erstickte jeden Protest. Und Himmel – wie er sie küßte! Sein Mund war heiß, hungrig, und seine Zunge drang mit sanfter Bestimmtheit ein. Judith bekam weiche Knie, doch sie fiel nicht, sondern lehnte sich an ihn. Er schlang die Arme um ihre Taille und zog sie zu sich hoch. Seine Lippen verschlossen die ihren wieder und wieder, und Gott mochte ihm helfen – er konnte nicht genug von ihr bekommen.
Sie erwiderte seinen Kuß mit gleicher Leidenschaft, und bevor ihr seine Begierde jegliche Fähigkeit zum Denken raubte, erkannte sie etwas mit Gewißheit: Iain war wirklich geschickt darin, ihre Wut zu besänftigen.
In diesem Moment öffnete Patrick die Tür. Bei dem Anblick, der sich ihm bot, stieß er ein Gelächter aus, daß wie ein Schnauben klang. Iain ignorierte ihn völlig, und Judith war blind für alles, außer für den Mann, der sie so zärtlich in den Armen hielt.
Endlich schob er sie ein Stück von sich und sah mit arrogantem Gefallen auf die schöne Frau in seinen Armen. Ihr Mund war leicht geschwollen und rosig und ihre Augen verschleiert vor Leidenschaft. Sofort verspürte er das Bedürfnis, sie erneut zu küssen.
»Geh hinein, Judith, solange ich mich noch genug beherrschen kann, um dich gehen zu lassen.«
Sie begriff nicht, was er damit meinte. Und sie verstand auch seinen finsteren Blick nicht. »Wenn du mich so ungern küßt, warum tust du es dann immer wieder?«
Sie sah so beleidigt aus, daß er grinsen mußte.
Das machte sie erst recht wütend. »Du kannst mich jetzt loslassen«, befahl sie.
»Das habe ich schon.«
Judith bemerkte erst jetzt, daß sie es war, die ihn immer noch hielt, und wich sofort zurück. Sie strich ihr Haar über die Schulter zurück und wandte sich zur Tür. Als sie Patrick sah, der lässig am Türrahmen lehnte, stieg ihr heiße Röte ins Gesicht.
»Du mußt dir nichts dabei denken, was du eben gesehen hast«, verkündete sie. »Iain und ich mögen uns noch nicht einmal.«
»Da hättet ihr mich doch fast zum Narren gehalten«, sagte Patrick gedehnt und verbiß sich das Lachen.
Sie nahm an, daß es unhöflich war, ihren Gastgeber zu treten, deswegen warf sie ihm nur einen hochfahrenden Blick zu, als sie an ihm vorbeirauschte.
Patrick hatte aber offenbar Lust, sie zu necken. »Aye, es schien mir tatsächlich, als würdet ihr beide euch sogar ziemlich mögen, Judith.«
Iain hatte sich umgedreht, um nach Hause zu gehen. Er hörte Patricks Bemerkung und wandte sich abrupt wieder um. »Laß es gut sein, Patrick.«
»Warte«, rief Patrick. »Ich muß etwas mit dir besprechen«, fügte er hinzu, als er hastig die Tür hinter sich zuzog.
Judith war dankbar, daß sie einen Moment allein war. Ihre Freundin schlief tief und fest, und Judith empfand das als einen Segen. Frances Catherine hätte sie mit Fragen bestürmt, wenn sie sie mit Iain draußen gesehen hätte, und Judith fühlte sich einfach nicht in der Lage, Antworten zugeben.
Patrick hatte hinter den Tisch in der Ecke des Raumes einen kleinen Paravent gestellt, der ein schmales Bett mit einer schönen waldgrünen Überdecke abschirmte. Ihr Gepäck war an einer Wand säuberlich gestapelt. Daneben befand sich eine kleine Truhe, auf der ein weißer Porzellankrug, eine Schüssel und eine Vase mit frischen wilden Blumen standen.
Natürlich hatte Frances Catherine bei der Einrichtung dieser improvisierten Schlafkammer ihre Hand im Spiel gehabt. Man sah es gleich. Patrick wäre gewiß nicht auf die Idee gekommen, ihr Blumen hinzustellen. Er hätte auch bestimmt nicht ihre Bürste und ihren Spiegel ausgepackt und in erreichbare Nähe auf einen Hocker an der anderen Seite des Bettes gelegt.
Judith lächelte über die Fürsorge ihrer Freundin. Erst jetzt, als sie versuchte, die Bänder ihres Kleides zu lösen, merkte sie, daß ihre Hände immer noch zitterten. Iains Kuß hatte sie regelrecht aus der Bahn geworfen, und lieber Gott, was sollte sie deswegen bloß unternehmen? Kaum anzunehmen, daß Iain sie auch nur angefaßt hätte, wenn er wüßte, daß sie seines Feindes Macleans Tochter
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