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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wie die Sonnenglut nachließ. Er lag unter einem Dach, er war in die Hütte gezerrt worden, und einer der Thais saß vor ihm, die Maschinenpistole auf den Knien und bewachte ihn.
    Das zweite Erwachen aus der Bewußtlosigkeit war wie ein erfrischtes Aufstehen im Vergleich zur ersten Rückkehr ins Leben. Er lag in einer großen Bambushütte, ein Feuer brannte und qualmte zwischen aufgeschichteten Steinen, der Rauch biß in den Augen … aber gleichzeitig roch er gebratenes Fleisch und hörte das Brutzeln über der Flamme.
    Pohland richtete sich auf und sah an sich herunter. Er war nackt. Die Uniform hatte man ihm ausgezogen, die Stiefel, die Unterwäsche. Völlig unbekleidet lag er an der Hüttenwand, und Dr. Heidkamp lag neben ihm, ebenfalls nackt, und schlief noch.
    »Bonjour, Monsieur«, sagte eine helle Stimme in diesem Augenblick. »Fühlen Sie sich besser? Sprechen Sie Französisch?«
    Michael Pohland wandte mit größter Mühe den Kopf zur Seite. Auf einem etwas erhöhten Lager aus großen Blättern und Bambusgeflecht, über dem einige Felle lagen, saß ein kleiner, alter Mann mit einem runzligen Gesicht und weißen, schütteren Haaren. Seine geschlitzten Augen, fast versinkend in den gelben Falten der Haut, besaßen im Widerschein des Feuers den phosphoreszierenden Glanz der Katze.
    »Ja«, sagte Pohland mühsam auf französisch. »Ich spreche Französisch.«
    »Mein Name ist Puan Lampun.« Der Alte verbeugte sich im Sitzen. »Ich bin in einer Klosterschule erzogen worden.«
    »Michael Pohland.« Pohland richtete sich auf und lehnte sich gegen die Hüttenwand.
    »Das klingt sehr fremd, Monsieur.«
    »Ich bin Deutscher.«
    »Und wie kommen Sie zu den Rebellen?«
    »Man hat mich überfallen und verschleppt.«
    »Und dabei trugen Sie ihre Uniformen …?«
    »Sie wurden uns gegeben.« Pohland sah an sich herunter. »Wir sind nicht daran gewöhnt, so herumzulaufen.«
    Puan Lampun lächelte schwach. »Eine Schutzmaßnahme, Monsieur. Im Dorf ist man in zwei Gruppen gespalten. Die einen wollen Sie sofort erhängen, die anderen wollen Sie als Geiseln festhalten. Ich habe die Entscheidung zurückgestellt, bis man genau weiß, wer Sie sind und warum Sie in unserem Jagdgebiet waren.«
    »Wir sind auf der Flucht vor den Rebellen.« Pohland wischte sich den Schweiß vom Gesicht. In der Hütte mit dem rauchigen Feuer war es glühendheiß. Aber es war trocken, nichts dampfte, man konnte atmen und sogar vor Rauch husten. Es drückte nicht aufs Herz, und die Lungen quollen nicht auf wie Hefeteig. »Wo sind wir hier, Monsieur?«
    »Im Dorfe Muang Thao. Mitten im Dschungel. Sie müssen wissen, daß wir schon sechsmal von Rebellen überfallen wurden und jedesmal unser ganzes Vieh verloren. Man hat uns erpreßt und allen Reis weggenommen. Wir wären fast verhungert. Sechsmal in vier Jahren. Sie können sich denken, wie gern meine Brüder Sie aufhängen möchten.«
    »Wir sind keine Rebellen.«
    »Sie haben ihnen geholfen.«
    »Wir wurden gezwungen.«
    »Einem Mann kann man das Herz aus der Brust reißen, aber man kann ihn nicht zwingen! Man stirbt eher.«
    »Das ist eine asiatische Einstellung.« Pohland hob die Arme. Es gelang wieder … das Blei aus den Adern war weggeschmolzen. »Wir Europäer hängen mehr am Leben.«
    »Das ist durchaus keine stolze Einstellung. Ich kenne sie aus meiner Missionserziehung, ich habe viele europäische Bücher gelesen, Bücher von Kriegen und Morden. Vielleicht wäre manches anders in Ihren Ländern, wenn das Leben Ihrer Regierenden mit der gleichen Selbstverständlichkeit ausgelöscht werden könnte, wie sie das Leben der anderen auslöschen. Das Nichtwagen, das Zögern, die Angst um das eigene Opfer, das Tausende retten könnte … daran erkennt man, wo die wirklichen Sklaven wohnen.« Puan Lampun stand von seinem Sitz auf und kam auf Pohland zu. Er war dürr und etwas nach vorn gebeugt, eine laufende Mumie mit den Augen eines Tigers. »Sie sehen doch ein, daß Ihr persönlicher Mut so gering war, daß meine Brüder Ihren Tod fordern können?«
    Pohland holte tief Luft und krümmte sich in einem Hustenanfall, weil er mit diesem Luftholen eine Menge Rauch eingesogen hatte. Mein Gott, was ist das? dachte er und breitete die Arme wie ein Erstickender aus. Nackt und armselig hockt man in einer Dschungelhütte, und ein Mensch mit dem Aussehen einer Ameise hält einen Vortrag über europäische Geisteshaltung.
    »Sie wollen mich töten?« fragte er heiser, als der Hustenanfall vorbei war.
    »Ich werde

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