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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hob den Kopf. Ein großer, schlanker Mann im weißen Arztkittel kam ihnen entgegen. Er war eine imponierende Erscheinung, ein grauhaariger Gelehrtenkopf mit blauen, glänzenden Augen hinter den Gläsern einer goldgefaßten Brille. Er beugte sich über Gerdas Hand, deutete einen Handkuß an und reichte dann Wehrmann die Hand.
    »Ich begrüße Sie, Herr Kollege. Darf ich vorgehen? Ich habe uns in meinem Arbeitszimmer eine kleine Erfrischung zurechtstellen lassen. Frau Sanders hat Sie über alles informiert?«
    »Nein, Herr Kollege.«
    »Nein?« Dr. Dornburg sah Gerda kurz und fragend an. Gerda starrte auf den gefliesten Boden.
    »Ich dachte, Sie übernehmen das, Doktor.«
    »Wie Sie wünschen, Frau Sanders.«
    »Ich heiße jetzt Pohland, Doktor.« Gerda hob den Blick. »Ich bin seit einigen Tagen verheiratet.«
    »Aha.« Dr. Dornburg wandte sich an Dr. Wehrmann. Im Blick der beiden Männer lag das stumme Verständnis. »Und Sie, lieber Kollege, sind der Hausarzt, nicht wahr?«
    »Ich bin alles: Arzt, Seelenmasseur, Beichtvater, der Schwarze Mann, Ehekitter, Geheimnisträger – kurzum das, was man einen Arzt der High-Society nennt.«
    »Ein undankbares Geschäft, Kollege.«
    »Ein miserabler Job, zugegeben. Aber interessant. Man hat alle Variationen menschlicher Schwäche und Unzulänglichkeiten in einer Hand. Und wenn man's versteht, kann man darauf spielen wie auf einer Riesenorgel –«
    Dr. Dornburg lachte schallend. »So, wie ich Sie nach dem ersten Eindruck beurteile, Kollege, sind Sie ein vorzüglicher und erbarmungsloser Orgelspieler –« Er reichte Gerda Pohland seinen Arm und ging weiter. »Aber nun einen schönen kalten Whisky. Sie werden sehen, wie anders die Welt aussieht nach einigen Schlucken.«
    Sie gingen durch einen langen, weißen Flur mit einem hellblauen Linoleumboden. Die Sauberkeit war vorbildlich, fast steril. Dr. Wehrmann ließ die Blicke wandern. Zimmer mit Nummern, ein Röntgenraum, Sekretariat, Privatzimmer ohne Nummern … der Eindruck einer guten Privatklinik. Und doch war es anders; der Mediziner Wehrmann spürte es sofort. Das war keine Krankenhausatmosphäre. Es war so still, so leblos, so leer. Keine Besucher, keine hastenden Schwestern, keine Stimmen, keine Radiomusik, kein Geräusch. Plötzlich drängte sich Dr. Wehrmann ein Vergleich auf, der ihn schaudern machte und zwang, Dr. Dornburg von der Seite anzustarren.
    Das hier ist wie ein Leichenhaus, dachte Wehrmann. Wie eine luxuriöse Gebeinstätte. Das ist ein Sanatorium, in dem man Tote pflegt.
    »Was ist, bester Kollege?« Dr. Dornburg hielt die Tür zu einem Zimmer auf. Gerda war schon eingetreten. »Sie sind so stumm geworden?«
    »Ich mache mir Gedanken, Herr Dornburg.«
    »Ich auch, glauben Sie mir. Darf ich sagen, daß ich Sie nicht beneide?«
    »Danke.« Dr. Wehrmann straffte sich. Sein alter Kämpfergeist bekam wieder die Oberhand. »Aber, verdammt noch mal, es wäre ja lächerlich, wenn wir davor in die Knie gingen, was?«
    »Trinken wir erst einen Whisky.« Dr. Dornburg schloß die Tür. Der lange Flur lag wieder verlassen, die Sonne schien durch die Fenster auf das hellblaue Linoleum, die Kahlheit der weißen Wände belegte sich mit Sonnenkringeln, und plötzlich war auch ein Laut da, irgendwoher, aus einem der Zimmer, leise, schüchtern fast. Eine Stimme, die in leiernder Monotonie immer das gleiche sagte:
    »Tack-tack-tack-tack-tack …«
    Das Mittagessen ließen sie zurückgehen; es schmeckte ihnen nicht, so gut es auch gekocht war. Aber sie bekamen keinen Bissen hinun ter, ihre Kehlen waren wie zugeschnürt, und sie hatten den Drang , die zwei oder drei Gabeln Fleisch, die sie genommen hatten, wieder auszuspucken.
    Dr. Wehrmann schob den Teller von sich weg. Gerda Pohland hatte die Hände im Schoß gefaltet und starrte mit zusammengekniffenen Lippen auf den Tisch. Sie waren allein in der Gaststube der ›Sonne‹. Auch den Wein, den der Wirt aus einem Fäßle der hintersten Kellerecke für den Herrn Doktor geholt hatte, ließ Wehrmann unberührt.
    »Nun … nun wissen Sie es, Doktor«, sagte Gerda nach langem Schweigen. »Was soll ich tun?«
    Dr. Wehrmann strich sich über seine graue Löwenmähne. Die gleiche Frage hatte er mit Dr. Dornburg erörtert, als sie eine halbe Stunde allein gewesen waren. Und Dornburg hatte gesagt: »Seien Sie rücksichtslos. Man kann diese Psychose nicht anders heilen als mit dem Beweis, daß sie sinnlos ist. Reden hilft hier nichts mehr … das Überzeugen liegt in der Tat. Aber ich

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