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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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wer man sein könnte. »Fahren wir also.«
    »Zuvor noch eins, Doktor.« Das Gesicht Gerdas war wie voll heiligen Ernstes. »Ihre Hand.«
    »Wozu?«
    »Versprechen Sie mir Stillschweigen. Absolutes Stillschweigen.«
    »Auch Michael gegenüber?«
    »Auch ihm gegenüber. Ich will es ihm selbst sagen – wenn ich irgendwann den Mut dazu habe. Aber Sie sollen mich verstehen, Doktor, und ich weiß, daß Sie mir helfen werden.«
    »Ich verspreche es Ihnen, Gerda«, sagte Dr. Wehrmann fast feierlich.
    Sie fuhren aus Oberholzen hinaus, eine Bergstraße entlang. Sie stieg leicht an, machte einige Serpentinen und erschloß ein Tal, das man von Oberholzen aus nicht sehen konnte. Ein Bergkamm lag davor.
    Nach einigen scharfen Kurven weitete sich das Tal. Dr. Wehrmann beugte sich vor und starrte durch die Scheibe.
    Ein langgestrecktes hellgraues Haus lag am Hang.
    Gerda Pohland hielt den Wagen an, als das Haus in ihr Blickfeld kam. Es war, als scheue sie sich, weiterzufahren, als könnten die weiteren Meter bis zu der offenen Toreinfahrt eine Fahrt in etwas Unabwendbares bedeuten. Dr. Wehrmann lehnte sich zurück.
    »Ihr Haus, gnädige Frau?« fragte er vorsichtig.
    »Nein.« Die Stimme Gerdas klang gepreßt. »Hier wohnt Dr. Dornburg.«
    Der Arzt schwieg. Dr. Dornburg, dachte er. Das ist nur ein Name. Er kann Jurist sein, Arzt, Chemiker, Philosoph, Volkswirt, Physiker. Er wartete auf weitere Erklärungen, aber Gerda Pohland schwieg und starrte auf das große Haus.
    Dr. Wehrmann räusperte sich. »So, so«, sagte er und beugte sich wieder vor. »Dr. Dornburg. Nie gehört.«
    »Sie denken jetzt, Doktor, Sie stehen vor der Vergangenheit der Gerda Pohland, verwitwete Sanders, geborene Ludwig, oder gar vor deren Gegenwart … ein verborgener Liebhaber, ein verschwiegener ständiger Fehltritt … die Phantasie des Menschen ist ja so weitschweifig und produktiv, wenn es darum geht, Unverständlichkeiten zu erklären.« Sie lächelte schwach und legte Dr. Wehrmann die schmale Hand auf den Arm. Ihre Finger zitterten, er fühlte es durch den Stoff der Jacke. »Es ist nichts von alledem, Doktor. Es ist Vergangenheit, gewiß, und Gegenwart, auch das stimmt – und doch ist es …« Sie schwieg wieder abrupt, als fände sie keine Worte für das, was sie erwartete.
    »Fahren wir also«, sagte Dr. Wehrmann und legte seine Hand beruhigend auf Gerdas bebende Finger. »Keine Angst, Gerda!«
    »Sie werden es niemandem erzählen, Doktor?«
    »Ich habe Ihnen mein Ehrenwort gegeben.«
    »Auch wenn Sie es nachher vielleicht für nötig halten, Micha doch zu informieren?«
    »Auch dann.« Dr. Wehrmann sah sie erstaunt an. Plötzlich ahnte er etwas, und das, woran er dachte, war eigentlich so simpel, daß man den Kopf schütteln konnte über soviel nutzlose Aufregung. Andererseits kannte er die Gesellschaft zu gut, diese Borniertheit der Geldaristokratie, die zur Schau gestellte Überlegenheit in Platin und Brillanten eingefaßter Dummheit, diesen Ästhetizismus gewollter Überzüchtung – dies alles kannte er nur zu gut, um zu wissen, daß das banale Geheimnis der Gerda Pohland wirklich so etwas wie den gesellschaftlichen Tod Michael Pohlands bedeuten konnte, wenn es bekannt wurde.
    »Es ist zum Kotzen!« sagte Dr. Wehrmann laut. Dann lächelte er verzeihend zu Gerda. »Das mußte heraus, Gerda. Das befreit. Ich bin da in eine Menschheit gesetzt worden, die es wert wäre, daß man ihr einige Hirnwindungen stillegt. Also los, fahren wir hinauf!«
    Langsam rollten sie durch die breite Einfahrt, fuhren einen gepflasterten Weg zwischen hohen Büschen entlang und kamen vor das Portal des grauen Hauses. Auf der Treppe zum Eingang stand eine Frau in Schwesterntracht und erwartete sie bereits.
    Dr. Wehrmann lehnte sich befriedigt zurück. Seine letzten Gedanken waren also richtig. Gerda betrachtete ihn von der Seite und erkannte, daß der Arzt das Geheimnis enthüllt hatte.
    »Der Herr Doktor erwartet Sie bereits, Frau Sanders«, sagte die Schwester. Sie nickte Dr. Wehrmann zu und ging dann voraus in die Eingangshalle. Wehrmann hielt Gerda Pohland zurück.
    »Man weiß hier noch nicht, daß Sie wieder verheiratet sind?«
    »Nein. Ich hatte keine Zeit, es mitzuteilen. Ist das so wichtig?«
    »Vielleicht. Erst mit dieser Heirat kamen doch die Probleme.«
    »O nein, schon vorher, Doktor. Seit … seit damals ist es immer akut geblieben. Ich habe diese Angst immer in mir gehabt, und jetzt ist sie unüberwindbar.«
    »Das überlassen Sie mal mir.« Dr. Wehrmann

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