Geliebter, betrogener Mann
schwieg.
»Ja.«
»Wenn du nicht neunundzwanzig Jahre wärst, würde ich dich jetzt übers Knie legen und dir den Hintern versohlen.« Ludwig sprang auf und rannte erregt im Zimmer hin und her. »Erkläre mir das bitte, wenn du schon davon anfängst. Ich weiß zwar nicht, warum du mir das beichtest und was ich dabei tun soll … o Gott, da hat man einen fabelhaften Schwiegersohn, und was macht das dumme Luder … es fängt an und poussiert sich durch die Gegend. Zum Teufel, von wem hast du das bloß? Deine Mutter war eine treue Frau, und ich … na ja … aber so wie du es treibst, ist unerhört.« Ludwig blieb stehen. »Raus mit der Sprache: Wer ist der Mann? Wo wohnt er? Ich fahre sofort zu ihm und werde mit ihm ganz klar und hart reden.«
»Ein Mann? Aber Paps.« Gerda lächelte schwach, und jetzt, da sie wieder den Kopf hob, sah er, daß sie still weinte. »Du kennst mich doch.«
»Zum Teufel, kein Mann? Was dann?«
»Ich nehme Pillen. Ovulationshemmer. Ich werde kein Kind bekommen, solange ich diese Dragees nehme.«
Ernst Ludwig fuhr sich durch seine weißen Haare. »Wer hat dir denn diesen Blödsinn eingeredet?«
»Dr. Wehrmann.«
»Na, mit dem werde ich ein Hühnchen rupfen! Das also ist der Betrug? Michael will einen Erben, und du schluckst diese Pillen, weil du kein Kind willst …«
Gerda Pohland schüttelte wild den Kopf. »Du weißt, daß ich es nicht kann. Ich möchte so gern von Micha ein Kind … aber …«
»Quatsch! Blödsinn ist das! Jeder Arzt sagt dir das. Ich halte es überhaupt für ausgesprochen dumm, daß du deinem Mann nicht alles sagst.«
»Micha darf es nie erfahren, Vater. Nie!«
»Mein Gott, was ist das für eine Ehe. Man liebt sich und gleichzeitig hintergeht man sich. Und warum? Wegen nichts.«
»Wenn du das nichts nennst«, sagte Gerda leise.
»Und du glaubst, daß du mit diesen Pillen deine Ehe aufrechterhalten kannst?«
»Ja. Ich kann Micha eine liebende Frau sein, die ihm alles schenkt. Nur ein Kind werden wir nicht haben.«
»Und gerade darauf wartet er.«
Stumm wandte sich Gerda Pohland ab und verließ das Zimmer. Ludwig sah ihr nach und kaute an der Unterlippe. Um was man sich als Vater alles kümmern muß, dachte er. Da hat man eine erwachsene Tochter, und statt Ruhe zu haben, fangen die Probleme erst an. Dragees. Ovulationshemmer. Anti-Baby-Pille. So etwas hatte sie doch gar nicht nötig. Warum wollte sie keine Kinder?
Mißmutig, mit noch immer brummendem Schädel, beschloß er, in die Stadt zu Dr. Wehrmann zu fahren. Vorher sah er noch einmal bei Gerda hinein. Sie saß im Salon und starrte hinaus in den Park.
»Ich wollte dir nur sagen, Püppchen, daß ich Micha nichts verrate«, sagte Ludwig. »Nur ist mir nicht ganz klar, warum du mich eingeweiht hast.«
»Ich wollte von dir einen Rat haben, Paps.«
»Was soll ich dir da raten?«
»Mir sagen, daß es richtig ist, was ich tue.«
»Das kann ich erst, wenn ich mich über alles genau informiert habe. Meine persönliche Meinung kennst du. Ich halte deine Angst für unbegründet. Bekomme ein Kind, und du wirst sehen, daß alles gut ist.«
»Und … und wenn nicht?« Ludwig schwieg. Gerda Pohland nickte mehrmals: »Siehst du, darauf weißt du keine Antwort. Keiner weiß sie. Muß ich Micha nicht belügen?«
»Das mußt du wissen. Wenn ich dein Mann wäre …« Ludwig winkte ab, als seine Tochter etwas erwidern wollte. »Ich bin's aber nicht, und das ist ein Glück für dich.«
»Vater!«
»Ach was, Vater. Nimm eine Pille und sei still.«
Wütend, ohne erklären zu können, warum und auf was er wütend war, rannte Ludwig aus dem Zimmer und fuhr in die Stadt. Dort trank er erst zwei Kognaks und ein Bier und setzte sich in eine stille Ecke der Wirtschaft, um in aller Ruhe nachzudenken.
»Ich will Ihnen das genau erklären«, sagte Dr. Wehrmann. Er hatte einen Stapel Schriften, Zeitungsausschnitte und Broschüren vor sich liegen und blies den Rauch seiner Zigarre in Kringeln an die Decke. Ernst Ludwig hatte versucht, es nachzumachen, aber ohne Erfolg . »Wenn es möglich ist, das überhaupt laienhaft auszudrücken.«
»Versuchen Sie es, Doktor. Immerhin bin ich kein Idiot«, brummte Ludwig. Er hatte Dr. Wehrmann um eine Unterredung gebeten und war nun kurz vor dem Mittagessen zu ihm bestellt worden.
»Also denn. Die Probleme Ihrer Tochter …«
»Kenne ich!«
»… zwangen uns, Herrn Dr. Dornburg, Herrn Dr. Carstens und mich, ihr zunächst die Angst vor einem Kind zu nehmen. Das ist mit Argumenten nicht
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