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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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möglich, da Ihre Tochter auf diese Art nicht zu überzeugen ist. Also gab es nur den Weg, die Angst vor einer Schwangerschaft zu überwinden, indem wir eine Schwangerschaft unmöglich machten. Die Forschung hat nun auf dem Gebiet der Empfängnisverhütung einen großen Schritt vorwärts getan: sie hat die Natur überlistet! Die Hormonforschung hat es fertiggebracht, den an einen genau vorgeschriebenen, feinen Rhythmus gewöhnten Körper zu betrügen. Sehen Sie hier!« Dr. Wehrmann blätterte in Tabellen und Berichten. »Das sind Erfahrungsberichte von Ärzten aus aller Welt. Aus den USA, aus Deutschland, England, Frankreich, aus Asien und Afrika. Es geht darin um die Angst, daß die Welt eines Tages an einer Bevölkerungsexplosion zugrunde geht, daß die Menschheit in einer Generation auf sechs Milliarden angewachsen ist und sich selbst auffrißt oder verhungern wird. Dieses Gespenst des Unterganges durch die Fruchtbarkeit kann gebannt werden, wenn alle Stellen – Regierung, Kirche, Gesetz, Moral – diese Notwendigkeit erkennen und anerkennen.«
    Dr. Wehrmann legte ein Dragee auf den Tisch und tippte mit der Fingerspitze darauf. »Hier, in dieser Pille, sind sogenannte Gestagene, chemisch dem Hormon Progesteron verwandt. Diese Gestagene wirken auf das Zwischenhirn, einer der wichtigsten ›Befehlszentralen‹ des Menschen und erzeugen eine Scheinschwangerschaft. Mit anderen Worten: Dem Körper wird suggeriert, du trägst jetzt ein Kind. Der Körper reagiert prompt. Und so ist die hundertprozentige Sicherheit gegeben, daß es von da ab keine wirkliche Konzeption mehr gibt. Solange eine Frau also regelmäßig diese Dragees nimmt, ist der Körper in ständiger Schwangerschaft, was eine echte Schwangerschaft ausschließt.«
    »Ich weiß, ich weiß – die berühmte Pille!« winkte Ludwig ab. »Alle sind dafür, nur die Kirche ist dagegen. Quillt Asien von Menschen über, ersticken China und Indien am Kindersegen … Anti-Baby-Pille her, und alles ist gerettet.«
    Dr. Wehrmann starrte Ludwig an. »Sie haben eine überwältigende Art, alles zu simplifizieren. Lassen wir Asien, bleiben wir bei unserem Problem: Ihre Tochter ist jetzt eine glückliche Frau, weil ihr die Angst genommen ist. Früher oder später hat auch sie wieder Sehnsucht nach einem Kind. Würden wir ihr die Anti-Baby-Pille nicht gegeben haben – ich glaube, wir hätten sie aus dem Sanatorium nicht mehr herausholen können. Ihre Psychose stand hart an der Grenze, zum Wahn zu werden. Und sehen Sie sich Gerda jetzt an!«
    »Jetzt bildet sich bei ihr ein neuer Komplex: Die Lüge vor ihrem Mann«, entgegnete Ludwig.
    Dr. Wehrmann schnellte hoch. »Ist das wahr?« rief er.
    »Darum kam ich ja zu Ihnen, Doktor. Gerda bat mich um Hilfe. Aber wie kann ich da helfen? Was kann ich ihr raten? Sie macht sich Vorwürfe.«
    »Es ist zum Kotzen!« schrie Dr. Wehrmann. »Ich komme mit Ihnen. Ich werde dem Weibsbild den Kopf waschen, und wie ich das werde! Mein Gott, wenn man sie überrumpeln und am lebenden Beweis ihre Angst heilen könnte! Aber in diesen neun Monaten wird sie verrückt.«
    »Dann lassen Sie ihr bloß die Pillen, Doktor.« Ludwig hob beide Hände. »Mit meinem Schwiegersohn werden wir schon klarkommen, wenn er es entdeckt, nicht wahr?«
    »Das glaube ich nicht«, sagte Dr. Wehrmann und sprach damit aus, was auch Ernst Ludwig im Inneren fürchtete.
    Die Wochen gingen schwerelos dahin. Micha und Gerda lebten in dem Gefühl, unendlich glücklich zu sein. Nur wenn er davon sprach, daß er sich einen Jungen wünschte, wurde Gerda still und zerstörte durch vermehrte Zärtlichkeit alle Gedanken, ehe Michael sie weiterspinnen konnte.
    Zwei Wochen vor Weihnachten kam der Tag, an dem Petermanns sechstes Kind geboren werden sollte. Über Heidfeld und dem weiten Land lag eine dicke Schneedecke, der kleine See war zugefroren, in den Birkenwäldern klirrte der Frost. Unter großer Mühe war Dr. Wehrmann hinausgekommen und traf bereits die Hebamme an, die mit dem Rad aus dem Dorf gekommen war. Petermann, fünfmal den Betrieb gewöhnt und daher in allen Handreichungen perfekt, hatte Kübel mit heißem Wasser bereitgestellt, angewärmte Handtücher, die Wiege, einen Grog, ein großes Gummituch, das man Anna bereits untergeschoben hatte, und eine Flasche Steinhäger, mit der Petermann nun im Nebenzimmer am Tisch saß und zur Tür hin lauschte. Die Kinder waren ausquartiert worden. Eine Tante hatte sie abgeholt. Johlend vor Freude waren sie abgefahren.
    »Wie geht's?«

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