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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und schwieg. Hier war ein Punkt, an dem er nicht weiter kam. Ein Abschluß, der etwas Endgültiges sein konnte, wenn nicht das geschah, was man landläufig ein Wunder nannte, aber in diesem Falle nichts anderes war als das Überspringen des eigenen Schattens.
    Pohland stand auf, trat an den Schreibtisch Dr. Wehrmanns, streckte ihm beide Hände entgegen.
    »Doktor, ich weiß, an Ihrem Granitschädel zerbrechen sogar die Meißel«, sagte er herzlich. »Ich will gar nicht weiter in Sie dringen. Ich weiß aber, daß ich mein Glück zum großen Teil Ihnen zu verdanken habe. Wenn ich in der letzten Zeit unausstehlich war … können Sie das nicht verstehen? Ich bitte Sie um Verzeihung.«
    Dr. Wehrmann sah auf seine Uhr. »Elf Uhr. Gleich kommt die Baronin Pottoch.«
    »Doktor!«
    »Ich komme heute abend zu Ihnen hinaus.«
    »Danke. Ich stelle einen Roederer kalt.«
    Zufrieden verließ Pohland die Praxis. Zwischen ihm und Dr. Wehrmann war eine Freundschaft, die alles aushielt. Undenkbar, daß sie einmal zu Ende sein könnte.
    Nach der Abfahrt Pohlands kam auch Ernst Ludwig aus seinem Zimmer und frühstückte. Er hatte einen dicken Kopf, trank zwei Gläser Orangensaft und besonders starken Kaffee. Der Wein war schwer gewesen, und statt in die Beine, war er ins Gehirn gezogen. Zum erstenmal hatte er traumlos und vor allem ohne Unterbrechung geschlafen; etwas, was er seit fast zehn Jahren nicht mehr kannte. Keine Schlaftabletten hatten auf die Dauer geholfen, keine Wechselbäder, keine Kur in Kneippbädern. »Sie sind ein durch und durch nervöser Typ«, hatte der Arzt gesagt. »Sie sollten einmal eine zwölftägige Heilschlafkur machen.« Aber dazu hatte sich Ernst Lud wig nicht entschließen können. Und nun hatte er geschlafen.
    Die Flasche Wein hütete er deshalb wie ein Kleinod und hatte sie sogar zum Frühstück mitgenommen, damit sie nicht weggeräumt wurde. Er war bereit, den ganzen Vorrat der Kellerei an dieser Weinmarke aufzukaufen. Den etwas schweren Kopf am Morgen wollte er dafür in Kauf nehmen.
    »Guten Morgen, Paps!«
    Ernst Ludwig fuhr herum. Gerda kam aus dem Garten, sie hatte Dahlien gepflückt, einen großen, bunten Strauß, Riesenblüten vom Weiß bis zum Feuerrot.
    »Du siehst verkatert aus, Paps!« sagte Gerda, ehe Ludwig etwas entgegnen konnte. »Mein Lieber, hast du etwa wieder …«
    »Ein Wein, Püppchen! Ein Teufelswein!« Ludwig hielt die Flasche hoch. »Ich habe wie ein Bär geschlafen. Ich sage ja immer: Geh mir weg mit den Ärzten. Verschreiben einem Pillen und Tröpfchen, jagen einen durch Bäder und Schwitzkuren, und was kommt dabei heraus? Eine gesalzene Arztrechnung, weiter nichts. Gesund werden bloß die Onkel Doktor. Dabei wächst die Medizin, die allein hilft, auf einem besonderen Berg mit Schieferboden. Püppchen, woher bezieht dein Micha seine Weine?«
    »Das weiß ich nicht.« Gerda lachte und küßte ihren Vater auf die Haare. »Wir hatten andere Probleme, als uns über Weinlieferanten zu unterhalten. Vielleicht weiß es Petermann.« Sie setzte sich Ludwig gegenüber und schmierte ihm ein Brötchen. Sie wußte, daß er es gern hatte; als Mutter noch lebte, hatte er sich nur von ihr verwöhnen lassen und sich selbst nie eine Schnitte gemacht. Er war von einer rührenden Hilflosigkeit in hausfraulichen Dingen gewesen, ein typischer Künstler, der Bauwerke zeichnete und konstruierte, die seinen Namen in Europa bekanntwerden ließen. Seit Mutters Tod mußte er sich um vieles selbst kümmern … er tat es auch, aber immer wieder suchte er jemanden, dem er diese ungewohnte Arbeit hinschieben konnte.
    »Mit Schinken, Püppchen«, sagte Ludwig zufrieden und lehnte sich zurück. »Den gekochten.«
    Gerda legte ihm das Brötchen vor.
    »Ich habe mit dir zu sprechen, Vater«, sagte sie leichthin. Ludwig blickte erstaunt auf.
    »Wenn du ›Vater‹ sagst, ist's ernst. Kummer, Püppchen?« Er biß in das Schinkenbrötchen und grunzte zufrieden. Gerda hob die Schultern, sie war wieder von einer merkwürdigen, inneren Starrheit. Das strahlende Glück der vergangenen Stunden lag wie hinter einer zugeschlagenen Tür.
    »Kummer? Es ist nicht der richtige Ausdruck. Ich … ich betrüge Micha.«
    Ernst Ludwig hörte mitten in einem Biß auf. Das Brötchen flog auf den Teller zurück.
    »Bist du verrückt, Gerda?«
    »Nein.«
    Ludwig sah seine Tochter verständnislos an. »Du willst damit doch nicht sagen, daß du deinen Mann hintergehst?« setzte er wieder an, als Gerda mit gesenktem Kopf

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