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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in dem dicken Aktenstück. »Leider stehe ich auf der Seite der weniger Konservativen. Christentum ist in meinen Augen keine Anhäufung von Dogmen, sondern ein göttliches Leitbild für den Menschen unter Berücksichtigung aller sozialen und – so schockierend es auch klingt – politischen Wirklichkeiten.«
    Und dann las Dechant Bader jenen Satz, den Monsignore Anton Maier, Domprediger von Regensburg, niedergeschrieben und der Dechant Bader so stark beeindruckt hatte: »Drei bis vier Kinder erfüllen heute den Fortpflanzungszweck der Ehe. Warum soll denn die Liebesgemeinschaft nicht durch diese Pillen weiter ermöglicht werden? – Die Kirche will den Gatten ja Lasten tragen helfen, nicht neue auferlegen …«
    Verwirrt verließ Bader das bischöfliche Arbeitszimmer. Er kam sich irgendwie verwaist vor, in eine Leere gestellt, die er nun ausfüllen sollte. Er suchte Halt und fand nur Nebel, den seine Hände nicht greifen konnten. Ohne Aufenthalt fuhr er zurück nach Heidkamp und machte wieder den Umweg über Gut Heidfeld. Gotthelf Petermann saß mit seiner Familie beim Abendessen – Pellkartoffeln, Sahnequark mit Schnittlauch, in kleine Würfel geschnittener roher Schinken –, als die Tür aufflog und Dechant Bader plötzlich im Zimmer stand. Petermann zuckte vom Stuhl hoch.
    »Herr Dechant!«
    »Essen Sie nur weiter.« Baders Stimme war irgendwie gebrochen; der bärenstarke Klang hatte keine Kraft mehr. »Ich wollte nur etwas zurückbringen, was mir nicht gehört. Hier!« Er warf die Schachtel mit den Pillen auf den Tisch und preßte die Lippen zusammen.
    »Aber Herr Dechant!« stammelte Anna. »Was … was soll ich damit …?«
    »Das müssen Sie mit Ihrem Gewissen und mit Gott allein abmachen, Anna. Die Vertreter Gottes auf Erden sind sich nicht mehr darüber einig, was Gottes Wille ist und was nicht …«
    Im Pfarrhof, am Kamin sitzend, ein schmales Häufchen Mensch, hockte Bernd Bader im Sessel und wartete auf seinen Onkel. De chant Bader, der türenknallend zurückkam, sah ihn stumm an, ging an den Kamin, hielt die Hände über die Holzglut, rieb die riesigen Pranken aneinander und ging schließlich zu einer alten Anrichte, auf der zehn Pfeifen in einem Pfeifenständer lagen. Daneben stand eine Golddose mit Tabak. Der Dechant stopfte sich eine Pfeife, rauchte sie an und wandte sich erst dann wieder seinem Neffen zu.
    »Na?« fragte er laut.
    Bernd Bader schwieg. Er schielte zu seinem Onkel und wußte nicht, was dieses Na bedeuten sollte. Auch schien es ihm nicht ratsam, von sich aus ein Gespräch zu beginnen.
    »Bist du zu Fuß gekommen?« fragte der Dechant.
    »Nein.«
    »Wer hat dich gebracht?«
    »Dr. Wehrmann.«
    »Dachte ich es mir doch. Der hatte einen Spaß, was?«
    »Ich weiß nicht, Onkel …«
    »Du weißt nicht? Der muß doch an die Decke gesprungen sein, als er hörte, wer du bist.«
    »Das ist er nicht. Er hat nur gesagt: ›Armer Don Pedro.‹«
    »Das ist eine Frechheit.« Bader hieb mit der Faust auf den steinernen Kaminsims. »Und was hat er mit Jutta Westhues gemacht?«
    »Er hat sie versorgt.«
    »Mit diesen Pillen?«
    »Nein, die hat er mir gegeben.«
    »Das Unkraut wächst schneller als die Blumen; das ist immer so. Warum macht er keinen Marktstand auf und verkauft sie wie Hosenträger und Schnürsenkel? Sollen diese Pillen Freifahrtscheine für Wochenendfreundschaften werden? Für dich und deine Jutta?«
    »Du weißt genau, wie es um uns steht, Onkel. Du finanzierst mein Studium. Hättest du auch den Lebensunterhalt einer plötzlich vorhandenen Familie übernommen?«
    »Ja.«
    Bernd Bader fuhr aus dem Sessel auf. Dieses klare Ja war wie ein Faustschlag. »Das sagst du jetzt!« schrie er zurück, in einer plötzlich aufkommenden Auflehnung gegen den großen, schweren Mann im Pfarrerkleid. »Aber als du erfuhrst, daß Jutta und ich uns lieben, hast du gesagt: Wenn durch diese Tändelei dein Studium …«
    Dechant Bader machte eine weite, wegwischende Handbewegung. »Ich behalte die Worte, die ich sage, man braucht mich nicht mehr daran zu erinnern. Und was bist du jetzt? Ein Medizinstudent, der kriminell geworden ist.«
    »Du bist an deine Schweigepflicht gebunden, Onkel.«
    »Natürlich. Aber Gott wird dich einmal zur Verantwortung ziehen. Er schweigt nicht.« Dechant Bader legte die Pfeife am Kamin ab. »Ihr werdet heiraten«, sagte er nach einer Pause voll bedrückender Erwartung. »Ich will klare Verhältnisse in meiner Familie.«
    »Und mein Studium?«
    »Das setzt du fort.«
    »Und

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