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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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neben Anna auf den Rand des Sofas. Er winkte ab, als Petermann zum Wandschrank eilte, um einen reinen Korn einzuschenken. »Danke, heute nicht. Ich muß noch weiter. Ich wollte nur einmal nachsehen, wie es unserer Anna geht und dem Baby. Ich muß feststellen, sie sieht wieder gut und direkt rosig aus.«
    »Die Ärzte haben wirklich ein Wunder vollbracht.« Aber schon, als Petermann noch beim letzten Wort des Satzes war, merkte er, daß er ausgeglitten war. Dechant Bader lächelte noch immer.
    »Wunder kann nur Gott vollbringen«, berichtigte er sanft. »Hinter den Ärzten stand der HERR.«
    »So war es sicherlich, Herr Dechant«, sagte Gotthelf Petermann demütig.
    »Und was habt ihr nun vor?«
    Anna sah ihren Pfarrer mit einem treuen Blick an. »Es wird so sein, wie bei den anderen fünfen … nun beginnt die Aufzucht.«
    »Das meine ich nicht.« Dechant Bader sah sich um. »Dr. Wehrmann war doch hier, nicht wahr?«
    »Ja, natürlich.« Petermann schluckte an einem harten Kloß, der sich in seiner Kehle bildete. »Er behandelt ja Anna.«
    »Und er hat was dagelassen, nicht wahr?«
    »Ja. Medizin. Zur Blutbildung.« Petermann griff ein paar Flaschen, die auf einem kleinen Abstelltisch standen. »Hier. Eisenpräparate. Leberextrakte …«
    »Papperlapapp!« Dechant Bader legte seine riesigen Fäuste auf den Tisch. »Ich meine die Pillen.«
    »Ja. Schlaftabletten hat sie auch bekommen.«
    »Gotthelf Petermann!« Bader drückte das Kinn an den runden, weißen Kragen. »Warum stellen Sie sich so dumm? Wollen Sie Ihren Seelsorger belügen? Dr. Wehrmann war vorhin bei mir, ich weiß alles.«
    »Aber ich nehme sie nicht!« rief Anna, bevor Petermann etwas antworten konnte. »Ich habe es dem Herrn Doktor auch gleich gesagt. Ich habe gesagt: Da will ich erst mit dem Herrn Dechant sprechen, ehe ich so was mache.«
    Dechant Bader schob die Unterlippe vor. »Zeigt mir mal diese Pillen!«
    Petermann holte die Schachtel aus dem Schrank und legte sie vorsichtig, als seien es Glastabletten, auf den Tisch.
    »Und was kosten die?« fragte Bader.
    »Neun Mark achtzig, Herr Dechant.«
    »Ein billiger Preis, um Gott ins Handwerk zu pfuschen, nicht wahr?«
    Petermann kratzte sich verlegen den Kopf. »Der Herr Doktor meinte, daß Anna nicht noch einmal …« Er sah unsicher zur Seite und zupfte an seiner Joppe.
    »Das liegt ja an Ihnen, Petermann.«
    »Schon, schon. Aber man ist ja noch nicht so alt, Herr Dechant, daß man …« Er suchte nach Worten, fand sie nicht und zuckte mit den Schultern. Anna wurde rot und schämte sich, daß man vor einem geistlichen Herrn solche Dinge aussprechen mußte.
    »Eine Schweinerei ist es, daß es überhaupt solche Pillen gibt. Daß es Christen gibt, die sie einnehmen. Daß der Mensch der Natur in den Rücken fällt.« Bader steckte die Schachtel in seine Rocktasche und klopfte mit der flachen Hand darauf. »Die nehme ich mit.«
    Er stand auf und gab Anna die Hand.
    »Ich hätte sie auch nie genommen, Herr Dechant«, versicherte sie noch einmal.
    »Wir werden über alles sprechen, wenn Sie wieder ganz gesund sind, Anna.« Bader sah Gotthelf Petermann an, der wie zerknirscht in der Ecke des Zimmers stand. »Und wenn Dr. Wehrmann kommt und fragt, sagen Sie ihm ruhig, daß ich die Pillen eingesteckt habe.«
    Petermann wartete, bis der Wagen Dechant Baders weggefahren war und auf der Landstraße in Richtung Stadt rollte. Erst dann löste er sich vom Fenster und holte aus dem Rock ein Rezept, strich die Knitterfalten glatt und hob es hoch.
    »Der Doktor hat mir ein Dauerrezept gegeben, Anna«, sagte er. »Ich muß nachher sowieso zur Apotheke, da bringe ich gleich'ne neue Schachtel mit.«
    »Aber Gotthelf!« Anna hob beide Hände.
    »Was heißt hier ›aber‹? Willst du sterben und sechs Kinder zurücklassen?«
    »Nein. Aber …«
    »Soll ich dich nie mehr in den Arm nehmen können?«
    »Doch. Schon. Aber …«
    »Soll jetzt unser Leben, unsere Liebe aufhören? Verdammt, ist das Gottes Wille?«
    »Gotthelf!«
    »Du wirst die Pillen nehmen, Anna.«
    »Und wenn er mich fragt?«
    »Dann lügst du.«
    »Ich kann doch den Dechant nicht belügen.«
    »Man wird lügen müssen, wenn das Leben daran hängt. Himmel noch mal!« Petermann hieb auf den Tisch. »Wenn das niemand einsieht, wenn die Kirche so stur ist …«
    »Du versündigst dich.«
    »Die Kirche kann mir gestohlen bleiben, wenn sie mir dich nimmt!« schrie Petermann, raffte seinen Hut vom Haken und rannte hinaus. Anna hörte, wie der Motor des Treckers

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