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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mit Brechreiz und trockenem Würgen, vor allem morgens, nach dem Aufstehen. Dann zuckte der leere Magen, sie wurde schwindelig und mußte schnell etwas essen, ein trockenes Brot, einen Zwieback. Darauf wurde es besser, um dann gänzlich zu verschwinden bis zum nächsten Morgen.
    Gerda Pohland kam das verwunderlich vor. Sie unterdrückte alles Auffällige, bis Michael abgeflogen war. Nach dem ›Festessen‹ der Strohwitwen aber ging sie zu Dr. Wehrmann. Der Arzt zeigte sich erstaunt und fuhr sich durch seine Löwenmähne, eine Geste, ohne die Dr. Wehrmann undenkbar gewesen wäre.
    »Seit wann ist das so?« fragte er und schlug seinen Terminkalender auf. »Wann waren die ersten Symptome?«
    Wenn wir Glück haben, können wir das genau berechnen, dachte er. Während er in dem Kalender blätterte, sah er Gerda unter seinen buschigen Augenbrauen hervor an. Sie war bleich, aber sie schien keinerlei Verdacht geschöpft zu haben. Sie glaubte wirklich an eine Magenerkrankung.
    »Die erste Übelkeit? Lassen Sie mich nachdenken, Doktor.« Sie hob die Augen etwas und sagte dann mit sicherer Stimme: »Ja, so war es. Mit dem Magen habe ich schon immer zu tun gehabt. Aber diese Übelkeit … vielleicht vor vierzehn Tagen …«
    »Sie hatten schon immer Beschwerden?« Dr. Wehrmann ergriff diesen Halm der Rettung.
    »Ja. Als Kind schon.«
    »Sicherlich ein nervöses Magenleiden.«
    »Bestimmt. Alle Aufregung schlägt mir auf den Magen.«
    »Und da machen Sie sich Sorgen? Beste Frau Gerda! Die innere Erregung über die Reise Michaels, der Abschied, und vor allem die vielen Aufregungen, die hinter Ihnen liegen – wundert es Sie, wenn Ihr Magen da revoltiert?«
    »Nein, Doktor.« Gerda Pohland lächelte dankbar. Sie war sichtlich beruhigt. »Ich dachte schon, es hängt mit den Pillen zusammen.«
    »Das auch.« Dr. Wehrmann nickte eifrig. »Ich bin dafür, daß wir ab sofort damit aussetzen und dem Körper Ruhe gönnen. Absolute Ruhe. Die vergangenen Monate waren zuviel für Ihre Nerven. Ein Vorschlag: Fahren Sie drei Wochen nach Oberholzen.«
    »Und Micha?«
    »Der segelt doch um die Welt.«
    »Wenn er anruft … die Briefe …«
    »Es läßt sich alles ins Gasthaus ›Zur Sonne‹ umdirigieren. Hören Sie auf Ihren alten Mitverschworenen, Gerda. Erholen Sie sich, essen Sie tüchtig, machen Sie Spaziergänge durch den Hochwald, faulenzen Sie nach Strich und Faden, essen Sie viel Obst und frisches Gemüse. Sie werden sehen, wie gut Ihnen das bekommt. Wenn Micha zurückkehrt, hat er eine blühende, vor Temperament sprühende Frau.«
    So kam es, daß Gerda Pohland nach Oberholzen fuhr. Dr. Dornburg war von Wehrmann bereits über alles informiert, als Gerda zum erstenmal in der Privatklinik erschien und Tutti besuchte. Aber auch Dr. Carstens, der Psychotherapeut, in dessen Sanatorium Gerda gelegen hatte, war unterrichtet. Er hatte Wehrmann am Telefon Vorwürfe gemacht und in aller Grobheit gesagt: »Lieber Herr Kollege, bleiben Sie bei Ihrer internen Modepraxis! Bitte, versuchen Sie sich nicht auf Gebieten, die heute noch immer von der Allgemeinmedizin scheel beäugt werden. Wie ich das wieder ausbügeln soll, wenn's schiefgeht, das weiß ich wirklich noch nicht!«
    Dr. Wehrmann war weit davon entfernt, beleidigt oder brüskiert zu sein. Es geht nicht schief, dachte er immer wieder. Es kann gar nicht schiefgehen. Wenn sie merkt, wie es wirklich um sie steht, wird es ein Schock sein, gewiß; aber sie wäre keine Frau und Mutter, wenn sich ihr ganzes Denken und Fühlen nicht von da ab nur noch auf das kommende Kind konzentrieren würde.
    In diesen Tagen machte Gerda zum erstenmal seit acht Jahren Spaziergänge mit Tutti. Dr. Dornburg hatte dazu mit Hilfe des Pohlandschen Konstruktionsbüros einen sich selbst bewegenden, lenkbaren Karren gebastelt, den Tutti mit eigener Armkraft vorwärtsbewegen konnte und dessen Kugellagerräder so leichtgängig waren, daß es keine Mühe kostete, den Kasten zu bewegen.
    Mit diesem Gefährt an der Seite wanderte Gerda auf die blühenden Bergwiesen und durch den Wald. Tutti rollte neben ihr und stieß quiekende Laute des Wohlbehagens aus. Wenn sie rasteten, hockte Tutti im Gras vor einer Holzplatte, über die man Zeichenpapier spannen konnte, und malte, was sie sah. Nun waren es keine abstrakten Bilder aus der Phantasie mehr, keine Zaubergärten und Fabelwesen, keine Deutungen von Gedanken, sondern sie zeichnete mit Buntstiften und Ölkreide das, was sie als eine neue Welt entdeckte. Bienen, die Blütenstaub

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