Geliebter, betrogener Mann
unseren Kampf anders. Aber warum diskutieren? Bitte, nehmen Sie Platz. Ich habe uns Tee kochen lassen.«
Er winkte. Die beiden Begleiter Pohlands sprangen auf und holten aus einem Blätterhaufen eine große irdene Kanne hervor, die dort warmgehalten worden war. In Bechern aus Ton gossen sie Tee aus und reichten sie stumm an Pohland und Oberst Nam Ngoi Phu. Ihre Gesichter waren ausdruckslos, maskenhaft starr. Der Fatalismus der Asiaten hatte sie ergriffen. Sie waren Gefangene der Rebellen. Also lebten sie nach deren Wünschen, so lange sie mußten oder bis sie erschossen oder erstochen wurden. Der Oberst hob den Tonbecher.
»Ich hätte Ihnen lieber einen Whisky angeboten, Sir«, sagte er, »aber ich hielt es für nützlicher, Munition mitzunehmen, als Alkohol.« Er lachte leicht und mit asiatischer Fröhlichkeit. »Wir können es im Hauptquartier nachholen.«
Pohland war stehengeblieben und sah auf Oberst Nam Ngoi Phu hinab. Die Situation war ihm klar. Statt der Regierungstruppen hatten die Rebellen sie aufgespürt. Unklar war ihm nur, warum sie nicht getötet worden waren, sondern mit solch ausgesuchter Höflichkeit behandelt wurden.
»Was haben Sie vor?« fragte er ohne große Umschweife.
»Wir trinken einen erfrischenden Tee, Sir.«
»Und dann?«
»Dann unterhalten wir uns.«
»Ich möchte zurück nach Udon Thani.«
Oberst Nam Ngoi Phu trank in schnellen kleinen Schlucken den glühendheißen Tee und wiegte den Kopf hin und her.
»Wir werden Ihnen jeden Wunsch erfüllen, Sir, soweit wir es können. Aber diesen Wunsch nicht. Ich bedauere es aufrichtig, daß die politischen Verhältnisse meines Landes uns zu einer sonst nicht üblichen Behandlung zwingen. Es wäre uns lieber, Sie mit allen Ehren zu bewirten.«
»Was geht mich die innerasiatische Politik an?« rief Pohland und faßte sich an den Kopf. Der Streifschuß schmerzte, in der Wunde tuckerte es, als wolle sie sich entzünden.
»Im Hauptquartier werden wir Sie auch ärztlich richtig versorgen, Sir.« Oberst Nam Ngoi Phu stellte den Tonbecher vorsichtig auf den Boden, damit er nicht umkippte. »Mir scheint, Sie verkennen die Realitäten. Sie kommen hier in dieses Land, um Millionen zum Nutzen derer zu investieren, die wir als unsere Gegner betrachten. Sie wollen eine Industrie aufbauen, die denen nützt, die wir bekämpfen. Sie haben also aktiv in unsere Politik eingegriffen.«
Pohland schwieg. Er wandte sich ab und sah in das grüne Gewirr des Dschungels. »Die rechtmäßige Regierung des Landes …«, begann er, aber Oberst Nam Ngoi Phu hob abwehrend die Hand.
»Bitte, Sir, was ist rechtmäßig? Jede Regierung, die an der Macht ist, betrachtet sich als rechtmäßig. Und sagen Sie nicht, das Volk erkennt sie an. Das Volk wird immer den Stärkeren anerkennen, denn das Volk ist dumm, träge und feig. Wenn Sie einen Affen auf den Thron setzen und stärken die Macht des Affen durch eine Armee, wird das Volk auch dem Affen zujubeln und ihm huldigen.«
Pohland setzte sich neben den Oberst und nahm seinen Becher Tee. Er schlürfte vorsichtig den heißen Trank und empfand den leicht säuerlichen Geschmack tatsächlich als sehr erfrischend. Erst, als er den Becher halb leer getrunken hatte, sprach er weiter.
»Woher sprechen Sie so perfekt Englisch?«
Nam Ngoi Phu lächelte wieder höflich. »Ich habe in Oxford und in Michigan studiert. In London bin ich aufgewachsen, mein Vater war Leiter der dortigen Handelsniederlassung.«
»Und nun sind Sie Rebell!«
»Wir nennen uns Befreier.«
»Sie kämpfen gegen eine bestehende Ordnung.«
»Es ist nicht gesagt, daß bestehende Ordnungen auch gute Ordnungen sind, Sir.«
»Wer will das beurteilen?«
»Die Geschichte. Wir machen Geschichte.«
»Ein großes Wort, Oberst.«
»Gerade Sie sollten es verstehen, Sir. Sie waren gekommen, um den ganzen Norden unseres Landes umzugestalten. Aus Dschungel und Wildnis ein Industrieland. Die Auswirkungen auf unser Land wären geschichtlich geworden. Ein Teil Asiens erwacht am Pohland-Stahl.«
»Sie kennen meinen Namen?«
»Wir hören auch Radio im Dschungel«, sagte Nam Ngoi Phu höflich. »Wir wußten von Ihrer Ankunft, und wir sagten uns, daß wir Sie am Fluß Mae Nam Song Khram am besten für uns gewinnen können.«
»Gewinnen?«
»So ist es.« Der Oberst schlang die Arme um seine angezogenen Beine und stützte das Kinn auf die Knie. »Sie kennen unseren General?«
»Nein.«
»General Nai Tuan Dien.« – »Nie gehört.«
»Man zeigt in Europa zu wenig
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