Geliebter Boss
voll belegt.«
»Wer wohnt hier?«
»Reiche Leute.«
»Ach, Peter!« sagt Birke. »Manchmal glaube ich schon, daß man den reichen Leuten ihr Geld ruhig wegnehmen darf, wenn sie nichts Besseres damit anzufangen wissen.«
»Es beruhigt dein Gewissen?«
»So gesehen — ja.«
»Gefällt es dir hier nicht?«
»Es ist anstrengend und unnatürlich. Man kommt überhaupt nicht dazu, sich zu freuen. Und auf die Freude kommt es doch an.«
Als sie in den Speisesaal hinuntergehen, werden sie vom Chefkellner an einen kleinen Tisch für zwei Personen im goldgetäfelten kleinen Salon geführt. Der Chefkellner überreicht ihnen die Speisekarten.
»Verstehst du das, Peter? Auf meiner Karte stehen keine Preise?«
»Das sind die Karten, die man den Damen in die Hand gibt«, erklärt Zanders. »Wir Männer bekommen Karten mit Preisen. Das ist in allen vornehmen Hotels Frankreichs so der Brauch.«
»Findest du das richtig, daß wir Frauen nicht wissen sollen, was etwas kostet?«
»Bist du wieder bei deinem geliebten Mittagstisch?«
»Der Mittagstisch war gar nicht so dumm. Da war eine Mark noch eine Mark.«
»Du geliebte Kleinbürgerin!« sagt Zanders zärtlich. »Wir haben doch die Taschen voller Geld. Wenn sie uns fangen, nehmen sie uns das Geld doch sowieso ab. Verprassen wir es lieber! Mit gestohlenem Geld kann man sich keinen bürgerlichen Mittagstisch leisten, keine Makkaroni mit Tomatensoße. Dort zahlt man mit erarbeitetem Geld: Löhne, Gehälter, Überstunden.«
Er fährt fort:
»Jetzt halte ich dir im berühmtesten Hotel Europas, im Speisesaal des > Negresco <, in dem Fürsten speisen — in einem Hotel, das im Baedeker vier Sterne hat —, einen philosophischen Vortrag, mit hungrigem Magen, nur weil du von deinem Mittagstisch träumst — sag, Birke, wann wirst du endlich vernünftig werden?«
»Nie!« antwortet Birke.
Aber dann essen sie doch. Lauter neue Dinge, die Birke noch nicht kennt. Pasteten, Muscheln, eine Bouillabaisse, ein Spezialgericht aus Fisch, mit Langusten zusammen gekocht und mit Semmelschnitten belegt. Hinterher dann portugiesische Austern, Schnecken und nochmals Muscheln. Als Zanders bezahlt, seufzt Birke:
»Ich habe noch nicht einmal einen Badeanzug!«
»Ich kaufe dir den schönsten Badeanzug der Welt. Ich hoffe nur, daß wir in Nizza einen Badeanzug finden, den du anerkennst.«
»Wenn du neben mir bist...«, meint Birke.
»Gehst du auch ohne?«
»Wenn es dich nicht stört?«
»In der Beziehung bin ich altmodisch.«
»Danke«, sagt Birke leise. »Dann werden wir auch den richtigen Badeanzug finden.«
Die Hotelhalle des > Negresco < hat Auslagen der schönsten Geschäfte von Paris. Der berühmte Juwelier Cartier von der Rue de la Paix , die Pariser Haute Couture mit ihren teuren Accessoires; Badeöle in goldenen Flaschen, Halstücher um einen Preis, für den man in Wien ein Kleid und in Prag einen Persianer bekommt; Reiseplaids aus den Fellen der ungeborenen Karakullämmer von dem seeseitigen Hochland von Pamir — Jourdin aus Paris hat eine Auslage von Badeanzügen, die, erfährt man die Preise, offenbar die teuersten Mannequins der Welt vorgeführt haben müssen. Dabei sind sie betont schlicht, einfarbig, dezent und diskret.
»Du kannst doch nicht vierhundert Mark für einen Badeanzug zahlen, Peter!«
»Gefällt er dir?«
»Sehr.«
»Dann ist er sein Geld wert. Vergiß den Preis!«
Dann bekommt Birke noch Badepantoffeln von Jourdin und einen großen weißen Strandhut, eine erdbeerfarbene Badejacke und eine Badetasche aus Frottee — das Geldausgeben hört nicht auf.
»Heute abend gewinnen wir alles zurück!« sagt Zanders.
»Wenn wir verlieren?«
»Vertrau auf deinen Boß!« sagt Zanders und hängt sich bei Birke ein.
»Hatten wir nicht bisher Glück?«
Sie treten aus dem Hotel und gehen auf die andere Seite der Promenade des Anglais hinüber, zu den breiten Terrassen am Meer, unter Palmen, wo die Strandbäder der großen Hotels liegen mit ihren bunten, farbenfrohen Liegestühlen und kissenbedeckten Sesseln und allen Bequemlichkeiten der Welt in der großen Unbequemlichkeit des steinigen Strandes.
»Kein Sandstrand?« fragt Birke enttäuscht.
Zanders hebt die Hand und winkt einen amerikanischen Traumwagen heran, sie steigen ein und fahren im offenen Wagen die breite Promenade des Anglais hinunter. Dann biegen sie in die Avenue de la Californie ein, die sie fünf Kilometer lang an der Baie des Anges vorbeiführt. Sie kommen über die im Krieg zerstörte Brücke Pont
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