Geliebter Boss
kennt mich nur als Verbrecher. Sie nimmt mich gar nicht, es kommt ihr überhaupt nicht in den Sinn. Welches Mädchen heiratet schon einen Verbrecher?«
»Wie ich die Frauen kenne, haben sie hinterher alle einen Verbrecher geheiratet.«
»Sei bitte jetzt nicht witzig, Mama!«
Die Mutter nimmt den Kopf des Jungen in ihre Hände.
»Steht es so schlimm mit dir?« fragt sie ernst.
»Ich weiß es doch nicht!« stößt Peter verzweifelt hervor. »Ich habe keine Ahnung, was mit mir los ist! Ich weiß nur, wenn Birke jetzt erfährt, ich habe sie von Anfang an belogen — ich war heute abend schon ein paarmal nahe daran, ihr alles zu sagen, aber ich muß es sein, von dem sie es erfährt — laß mich mit ihr nach Paris fahren, nach Madrid — sie soll wenigstens etwas von ihrem Urlaub gehabt haben, hinterher, wenn alles vorbei ist...«
»Und dann? Was kommt dann?«
»Dann komme ich allein zu dir zurück oder mit ihr. Mach bitte kein Gesicht, als ob ich Unmögliches von dir verlange, Mama! Vielleicht lache ich dann über mich selbst und meine Dummheit — aber ich muß das Ganze durchstehen, zu Ende führen — sie ist so anders als die anderen — ich habe noch kein solches Mädchen kennengelernt, immer nur reiche Erbinnen, für die das Geld keine Rolle spielt, die sich alles leisten können — meinen weiblichen Anhang, wie du es nennst — eine von denen heirate ich bestimmt nicht!«
»Auch deine Schwester ist eine reiche Erbin.«
»Aber sie macht vernünftigen Gebrauch davon. Sie lebt als Ärztin in London, ihr Tag ist ausgefüllt. Sie hat einen Mann, zwei Kinder und ihre Klinik. Sie wird die erste sein, die mich versteht.«
»Ihr zwei habt schon immer gegen mich zusammengehalten.«
»Mama, du hast Kummer mit deinen beiden Kindern!« sagt Peter lachend und küßt ihr die Falten von der Stirn. »Laß die Sache laufen, wie sie läuft! Fahr morgen früh zum Lido hinüber und überlaß dem lieben Gott ein wenig das Zepter über deinen Sohn. Oft hat er den besten Einfall und weiß, was für uns das richtige ist.«
»Mütter sind Gottes Stellvertreter auf Erden.«
»Sagen wir besser: unsere Schutzengel, bis wir mannbar geworden sind. Dann müssen wir schon einen persönlichen Kontakt zu ihm aufnehmen.«
Als Peter in sein Zimmer zurückkommt, findet er die Verbindungstür zu Birkes Zimmer offen. Zwei Nachthemden und eine Rose liegen vor der Tür ausgebreitet, und auf den Nachthemden liegt ein Zettel:
»Ich habe das weiße angezogen«, steht darauf, »ich konnte der Versuchung nicht widerstehen. Sei stärker!«
Er blickt auf und findet einen zweiten Zettel an der Türklinke.
»Darf ich mich erst morgen früh bedanken? Schlaf gut!«
Vom Campanile schlägt es zwei Uhr. Peter tritt an sein Bett. Er findet einen dritten Zettel. Eine Rose darauf. Und nur ein einziges Wort: »Danke.«
Zanders nimmt den Zettel, geht ins Bad und blickt in den Spiegel, als wollte er sich von seinem Spiegelbild eine Antwort holen. Dann schleudert er Hemd und Hose in die Ecke, stellt sich unter die Brause, immer noch den Zettel in der Hand, klebt ihn an die nasse Kachel, in Gesichtshöhe, daß er ihn vor
Augen hat, und während das kalte Wasser auf ihn herunterrinnt, sagt er:
»Ein Biest! Mit einem Wort: ein Biest!«
Das Biest ruft: »Das Frühstück steht auf dem Tisch!«
»Ist es schon so spät?«
»Neun Uhr, Schlafmütze!«
Peter springt aus dem Bett. Von den hohen Fenstern her fällt helle Sonne ins Zimmer und spiegelt die Wasserkringel des Canal Grande an die Decke und die Wände.
»Ich habe den Kellner gebeten, uns das Frühstück auf dem Balkon zu richten«, sagt Birke.
Sie trägt eines ihrer hellen Wiener Kleider. Ihr Haar hat sie mit einem Band zusammengebunden, das sie gestern nacht an einem Strand auf dem Markusplatz gekauft hat, wo man Tücher und Spitzen feilbot.
»Schenkst du es mir?« hat sie Zanders gefragt.
»Es gibt schönere.«
»Du wirst sehen, wie schön es an mir ist.«
Jetzt sieht er es, es sieht zum Küssen aus. Aber er widersteht der Versuchung. Warum eigentlich? Aus purer Freude am Spiel mit der Liebe.
»Ich wußte gar nicht, daß die Welt am Morgen so schön sein kann«, sagt Birke.
»Wenn man ausgeschlafen ist wie du...«
»Ich bin schon seit sieben Uhr wach. Ich konnte nicht mehr schlafen. Ich mußte über so vieles nachdenken und hielt es einfach im Bett nicht mehr aus. Ich bin auf den Balkon gegangen.«
»Aha!« sagt Peter.
»Ich bin aber sofort wieder im Zimmer verschwunden.«
»Aha!« sagt
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