Geliebter der Nacht
gut.«
Lexi lachte. »Dachte ich mir, dass er dir schmeckt.«
Den Rest der Fahrt aßen sie beide zufrieden und sprachen kaum noch.
Wieder in der Tiefgarage, lenkte Lexi den Wagen auf den Firmenplatz und stellte den Motor ab. Dann wandte sie sich zu Darius. »Ich nehme an, du erinnerst dich immer noch an nichts?«
Er schüttelte den Kopf.
»Das tut mir leid«, sagte sie. »Ich weiß nicht, was ich jetzt mit dir anstellen soll. Wir können in meine Wohnung gehen und abwarten. Oder sollen wir Adrian anrufen?«
»Oder …« Er zog die Akte hervor, die zwischen Fahrersitz und Mittelkonsole klemmte. »Sagte Marge nicht etwas von einem irischen Trickbetrüger?« Er klappte die Mappe auf und tat, als würde er lesen. Dabei hatte Lexi keine Ahnung, ob er überhaupt Englisch lesen konnte.
»Lass nur«, sagte sie, »ist bloß ein entlaufener Kobold. Den kann ich mir später noch vornehmen.«
Er wirkte ein bisschen gekränkt. »Ich habe vielleicht mein Gedächtnis verloren, aber nicht meinen Verstand und genauso wenig meine Fähigkeiten. Ich habe ein Jahrtausend lang Dämonen, Vampire und anderes gejagt – dann und wann sogar Kobolde«, ergänzte er und wedelte mit der Akte. »Falls du es schon einmal mit einem zu tun hattest, wirst du wissen, dass sie ziemlich biestig sein können. Du wirst noch froh sein, mich zur Hilfe zu haben.«
»Woher weißt du, dass du Dämonen und Kobolde gejagt hast?« Nicht dass sie daran zweifelte, aber wenn er seine Erinnerungen verloren hatte, wie konnte er das dann wissen?
Er neigte den Kopf, als würde er nachdenken, und antwortete lächelnd: »Ich habe mich einfach daran erinnert. Ich musste es nicht einmal absichtlich tun, sondern ich sah nur in die Akte, und plötzlich war die Erinnerung da.«
»Erinnerst du dich, was letzte Nacht passiert ist?«
»Nein, bisher fallen mir nur Sachen ein, die viel länger zurückliegen, wie eben die Jadgerlebnisse mit meinen Brüdern.« Wieder lächelte er versonnen. »Adrian, Kalen, Hunter und Tain.«
»Ein Glück, der Zauber wirkt!«, sagte Lexi erleichtert. »Aber versuch nicht, die Erinnerungen zu erzwingen!« Ihr Blick fiel auf die Akte in seiner Hand. Tatsächlich hatte sie bereits mit Kobolden zu tun gehabt, und der Gedanke, bei diesem Hilfe zu haben, war durchaus verlockend. »Na gut, du kannst mitkommen.«
Sie nahm ihm die Akte aus der Hand und schlug sie auf, um die Daten zu überfliegen, die sie bisher zu dem Fall hatten. »Patrick Darby – vor zwei Wochen wegen Trunkenheit und Erregung öffentlichen Ärgernisses verhaftet. Sein Anwalt setzte Freilassung gegen Kaution durch, und Darby – ganz wie es sich für einen Kobold gehört – tauchte unter.« Sie blätterte die restlichen Seiten daraufhin durch, ob noch mehr Informationen zu finden waren. »Viel mehr haben wir hier nicht.«
»Alle Kobolde, die ich kannte, tranken gern und viel«, steuerte Darius bei.
»Und hier gibt es unzählige Kneipen, also sollten wir lieber anfangen«, sagte sie.
Offensichtlich war ihnen das Glück hold, denn gleich die dritte Kneipe erwies sich als Volltreffer. Als sie ins »O’Rourke’s« kamen, drehten sich gleich mehrere Leute zu ihnen um. Lexi vermutete, dass sie beide ein ziemlich auffälliges Pärchen abgaben: Darius mit seinen vielen Tätowierungen und der schwarzen ausgefallenen Kleidung und sie ebenfalls in schwarzem Leder und mit dem langen schwarzen Zopf. Sie blieben an der Tür stehen, bis ihre Augen sich an die gedämpfte Beleuchtung gewöhnt hatten.
»Was kann ich für euch tun?«, fragte der Barkeeper.
»Ich bin auf der Suche nach einem Kobold, der sich Paddy Darby nennt«, sagte Lexi. »Er ist Mitte fünfzig, hat buschige weiße Augenbrauen und dichtes Haar. Kennen Sie ihn?«
Der Barkeeper nickte zum hinteren Bereich. Als Lexi sich umdrehte, sah sie einen kleinen Mann in einem leuchtend grünen Mantel, der allein an einem Tisch saß, eine fast leere Whiskeyflasche vor sich. Er war so klein, dass seine Füße über dem Boden in der Luft baumelten.
Darius und sie bewegten sich leise vorwärts, um den Mann nicht aufzuschrecken, der offensichtlich schon eine ganze Weile trank und laut vor sich hin sang.
»Oh, das Ende naht, du schöne Mahd, drum küss mich ein letztes Mal. Wenn die Höllenhunde los sind, mein gutes Kind, wird das Leben ’ne einzige Qual. Drum hoch die Tassen, liebt und trinkt, bis die Welt in Schutt und Asche versinkt.«
Es war ein klassisches Trinklied, das man häufig in den irischen Bars hörte.
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