Geliebter der Nacht
eher eine Schließung des Clubs erwirken, als dass sie Mai überredete, ihm fernzubleiben.
Und in diesem Moment fiel es ihr ein: Sie konnte bei der Polizei anrufen, der Abteilung für Vampirismus einen anonymen Tipp geben, dass in dem Club eine nicht genehmigte Versammlung stattfand. Nach dem Desaster des Vorabends würde die Polizei den Club im Handumdrehen dichtmachen.
Sie rief sich ein Taxi und ließ sich von dem Fahrer einen Block vor dem Club absetzen, wo sie praktischerweise auch eine Telefonzelle fand, von der aus sie die Polizei anrief. Anschließend tauchte sie hinter einen Müllcontainer, wo sie sich komplett auszog und ihre Wolfsgestalt annahm. Niemand würde auf einen streunenden Hund achten.
Sie musste lediglich zehn Minuten warten, bis die Sirenen erklangen. Es war also nicht lange.
Im »Crypt« saß Darius an der Bar und hielt sich an seinem Drink fest. Er sah sich im Clubraum um, auf der Suche nach Paddy Darby. Eine Bewegung in seinem linken Augenwinkel lenkte ihn ab. Er drehte sich um und sah, wie die Menge sich spaltete, um einen kleinen Grauhaarigen durchzulassen, der einen Barhocker bestieg.
Seine Bewegungen hatten etwas Unkoordiniertes, woraus Darius schloss, dass der Kobold an diesem Abend schon heftig gepichelt
hatte.
Das sollte ihn nicht weiter scheren, dachte Darius, stand auf und bewegte sich langsam die Bar entlang auf ihn zu, bis er bei dem leeren Barhocker neben dem Kobold angekommen war. »Hallo, Paddy«, sagte er und setzte sich.
Der Kobold blickte auf und wurde bleich vor Schreck. »Was machst du hier? Du kannst mich nicht einlochen! Mein Gerichtstermin ist erst in einer Woche.«
»Mach dich mal locker! Ich bin kein Kopfgeldjäger. Ich habe nur einer Freundin geholfen«, klärte Darius ihn auf, weil er so verwirrt aussah.
Immerhin schien der kleine Mann weniger besorgt und rief nach dem Barkeeper. »Du da – wie wär’s, wenn wir hier auch einmal etwas kriegen?«
Dann wandte Paddy sich wieder zu Darius. »Willst du etwas trinken?«
»Nein, aber ich will Antworten.«
»Krieg ich mal ’n Whiskey hier rüber?«, rief Paddy dem Barkeeper ungeduldig zu, der ihn zu ignorieren schien. Seufzend wandte Paddy sich wieder an Darius. »Was für Antworten?«
»Zum Beispiel was dein Name auf einem Haufen offizieller Umwandlungsanträge macht, die gestern Abend bei einer Vampirweihe gefunden wurden, Dr. D. Patrick?«
Der Kobold blies ratlos den Atem aus. »Na, ich helfe den Leuten beim Sterben«, sagte er. »Ich bin quasi der Dr. Kevorkian, Dr. Tod der Vampirwelt. Bloß weil du damit nicht einverstanden bist, isses ja noch nicht illegal. Meine Zulassung ist okay, echt, und die Unterschriften auf diesen Formularen sind alle von den Leuten selbst.«
Darius fing allmählich an, zu denken, dass Paddy Darby nicht der Kobold war, für den er ihn gehalten hatte. Aber gerade als er ihn auf seine Rolle in der Umwandlungsgeschichte ansprechen wollte, wurde er vom Ton einer schrillen Pfeife abgewürgt. Sofort ging ein Geschrei und Gerenne zur Vordertür los.
»Was ist denn?«, fragte er Paddy, der die Gelegenheit nutzte, um über den Tresen zu langen und sich zu einer vollen Whiskeyflasche zu verhelfen, solange der Barkeeper abgelenkt war.
»Dassis’ne Razzia«, sagte er lässig. »Un’die wollen den U.Z. überlisten.«
Darius war sich nicht sicher, ob er das wissen wollte. »Was ist der U.Z.?«
Paddy sah ihn verdutzt an. »Von wo kommst du eigentlich?« Noch bevor Darius antworten konnte, wanderte Paddys Blick zu etwas hinter ihm. »Das«, sagte er und zeigte auf die Whiskeyflasche, »is ’n U.Z., Unbeweglichkeitszauber.« Er setzte die Flasche an und trank in großen Schlucken. »Die sin’ alle bekloppt«, fuhr er fort und meinte damit all die Leute, die zu entkommen versuchten. »Keiner kann vorm U.Z. weglaufen.«
Darius drehte sich um, weil er immer noch nicht begriff. Und dann wurde ihm klar, worüber Paddy redete: Eine schimmernde Lichtwelle bewegte sich über dem Raum, und jeder, der mit ihr in Berührung kam, erstarrte sofort. Darius hatte gar keine Chance, übers Weglaufen nachzudenken, ehe der Strahl ihn erreichte und vollständig lähmte.
Das lärmende Chaos im Raum verebbte, als immer mehr Gäste von dem Zauber getroffen wurden. Schließlich war es vollkommen still. Nach unendlich langen Minuten hörte Da-rius Stimmen hinter sich.
»Habt ihr hinten irgendetwas gefunden?«, fragte eine.
»Nur das Übliche«, antworte eine andere. »Hier finden keine Weihen
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