Geliebter Freibeuter
gleichgültig, wem sie ihre Hand reichte. Die Aussicht, etwas von der Welt zu sehen und in ein exotisches Land zu reisen, ließ Eloise indes nicht völlig unberührt.
Langsam stand sie auf und wandte sich zur Tür.
»Ich werde darüber nachdenken, diese Zeit müsst ihr mir zugestehen.« Den Türknauf bereits in der Hand, drehte sie sich noch einmal zu den Eltern um. »Es tut mir leid, dass ich von den finanziellen Schwierigkeiten nichts bemerkt habe. Vielleicht habt ihr recht, und ich habe tatsächlich zu lange in einer eigenen Welt gelebt.«
2. Kapitel
Cornwall, England, April 1767
Je näher der Tag kam, an dem Eloise nach Jamaika aufbrechen sollte, und je hektischer es in Milton Green zuging, desto ruhiger wurde Eloise. Es war ihr, als ob all die Kisten und Truhen, die sich gepackt in ihrem Zimmer stapelten, nicht ihre Sachen, sondern die von jemand anderem enthielten. Eine Aussteuer an Tisch- und Bettwäsche hatte sie seit langem zusammengetragen, in den letzten Wochen hatte sie nun auf jedes Teil in eine Ecke das Monogramm
E.M.
eingestickt. Bald würde sie den Namen Morgan tragen, dennoch berührte dies alles nicht Eloises Herz.
Die Verlobung von Miss Eloise Gilbert und Sir David Morgan im vergangenen Herbst hatte niemanden in der Grafschaft besonders überrascht. Da Morgan aber so schnell wie möglich nach Jamaika zurückmusste, Eloise ihn jedoch nicht sofort begleiten konnte, war die Abreise auf den kommenden April festgesetzt worden, wenn die Winterstürme auf dem Atlantik vorbei sein würden. Seitdem hatte Eloise zwei Briefe von David erhalten. In einem bat er Eloise, nicht viele ihrer eigenen Kleider mit nach Jamaika zu bringen.
… Das Klima und die Temperaturen auf der Insel sind völlig anders, als Du es in England gewöhnt bist. Es ist darum erforderlich, die Kleidung dem anzupassen. Es gibt hier eine sehr gute Schneiderin, die für alle englischenDamen näht. Sie wird Dir nach Deiner Ankunft eine komplette Garderobe fertigen …
Trotzdem bestand Lady Gilbert darauf, Eloise vor der Abreise völlig neu einzukleiden.
»Es soll niemand sagen, wir könnten es uns nicht leisten, unsere Tochter standesgemäß auszustatten.«
Kaum war die Verlobung verkündet, hatte David Morgan noch vor seiner Abreise Lord Gilbert eine größere Summe zukommen lassen, die diesem ermöglichte, alle Schulden zu tilgen. Somit war Milton Green vor dem Bankrott gerettet, und Lord Gilbert würde bei der Auswahl seiner Geschäftspartner künftig kritischer sein.
Manchmal dachte Eloise, dass sie es war, die ihr Zuhause erhalten hatte, dennoch würde sie selbst es verlassen. Ihr Platz war an der Seite ihres zukünftigen Ehemanns. David hatte versprochen, mindestens alle zwei Jahre nach England zu reisen, schon aus geschäftlichen Gründen. Trotzdem spürte Eloise Wehmut, wenn sie daran dachte, dass die Eltern nicht bei der Hochzeit dabei sein konnten, und dass es sehr lange dauern würde, bis sie sie wiedersah.
Einziger Trost war, dass Kate sie in die Karibik begleitete. Nichts in der Welt hätte Kate dazu bringen können, Eloise allein die Reise antreten zu lassen, und David erhob keine Einwände.
»Kate ist noch rüstig genug, sich zu gegebener Zeit um unsere Kinder zu kümmern«, hatte er gesagt, als Eloise ihn bat, Kate mitnehmen zu dürfen.
Eigene Kinder … Wenn Eloise daran dachte, so ein kleines Wesen in den Armen zu halten, wurde es ihr warm ums Herz. Ja, sie sehnte sich nach einem Kind, aber wenn sie darandachte, welch körperlicher Akt dafür erforderlich war, lief ihr ein Schauer über den Rücken. Weder die Mutter noch Kate hatten jemals mit Eloise darüber gesprochen, wie ein Kind gezeugt wurde, aber sie war auf dem Land aufgewachsen und hatte oft Tiere bei der Paarung beobachtet. Auch die Erinnerung an Ryans Zärtlichkeiten und die Reaktionen seines Körpers auf ihre Liebkosungen hatten Eloise ahnen lassen, welche Intimitäten es zwischen Mann und Frau gab. Wenn Eloise von Zweifeln, ob sie die richtige Entscheidung getroffen hatte, geplagt wurde, nahm Kate sie in die Arme und sagte: »Mein Mädchen, jede Ehe ist ein Wagnis, auch wenn man unsterblich ineinander verliebt ist. Niemand weiß, was die Zeit bringt und wie sich Menschen entwickeln.«
»Aber ich kenne David doch so gut wie gar nicht …«, wandte Eloise ein.
»Auch wenn man sich Jahre kennt, ist das keine Garantie für eine glückliche Ehe. Sir David scheint mir ein verständnisvoller Mann zu sein, und ich bin sicher, ihr werdet im Laufe
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