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Geliebter Fremder

Geliebter Fremder

Titel: Geliebter Fremder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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ist?«
    »Er ist ein guter Junge«, gab Hunter zu und blickte lächelnd aus dem Fenster. Erst jetzt hörte Lara einen leisen Knall und bemerkte, dass Johnny draußen seiner Lieblingsbeschäftigung nachging, kleine Zündhütchen mit einem Stein zu zertrümmern oder sie aus seiner Spielzeugpistole abzufeuern. »Aber Johnny ist die Ausnahme«, fuhr Hunter fort. »Zahlreiche andere Kinder brauchen besondere Pflege und Aufmerksamkeit.
    Manchen kann man nicht mehr trauen als wilden Tieren, die auf die Stadt losgelassen worden sind. Du kannst nicht erwarten, dass die Hartcups oder Wyndhams oder sonst jemand eine solche Verantwortung übernimmt.«
    »Doch, das kann ich«, beharrte sie eigensinnig und blickte aufgebracht in sein mitfühlendes Gesicht. »Hunter, was soll ich denn tun?«
    »Warte, bis der neue Flügel des Waisenhauses fertig ist und mehr Lehrer eingestellt worden sind«, sagte er.
    »Ich kann nicht warten. Ich möchte die Kinder sofort aus den Gefängnissen holen. Ich bringe sie alle hierher und kümmere mich selbst um sie, wenn es sein muss.«
    »Was ist mit Johnny?«, fragte Hunter. »Wie willst du ihm erklären, dass du all deine Zeit und Aufmerksamkeit einem Dutzend anderer Kinder schenken musst und für ihn nichts mehr übrig bleibt?«
    »Ich sage ihm … ich sage einfach …« Sie stöhnte frustriert auf. »Er wird es nicht verstehen«, gab sie zu.
    Hunter schüttelte den Kopf. »Süßer Liebling«, murmelte er, »ich würde dir ja gern raten, dein Herz ein bisschen zu verhärten … aber ich glaube irgendwie, du kannst es nicht.«
    »Ich kann doch die Kinder nicht monatelang im Gefängnis lassen«, sagte sie kläglich.
    »Na gut, verdammt noch mal. Ich sehe mal, was ich tun kann, obwohl ich bezweifle, dass ich mehr Glück habe als du.«
    »Doch, das wirst du«, erwiderte Lara, die sogleich Hoffnung schöpfte. »Du hast die Gabe, die Leute davon zu überzeugen, das zu tun, was du willst.«
    Hunter grinste. »Ich habe auch noch ein anderes Talent und das werde ich dir heute Abend vorführen.«
    »Vielleicht«, entgegnete sie mutwillig und sprang von seinem Schoß.
    Hunter fand einen Weg. Er machte Besuche, schmeichelte, er handelte und drohte, wobei er auch, wenn nötig, all seinen Charm einsetzte, bis er schließlich alle zwölf Kinder zeitweilig untergebracht hatte. Da auch sie einmal Ziel seiner Kampagne gewesen war, wenn auch aus einem anderen Grund, wusste Lara genau, wie schwer es war, ihm zu widerstehen.
    Nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht, in der sie zum ersten Mal in ihrem Leben Lust und Erfüllung in den Armen eines Mannes erlebt hatte, konnte sie ihn nie mehr so sehen wie vorher. Noch überraschender als die körperliche Befriedigung jedoch war für sie die Tatsache, dass sie ihm vertrauen konnte.
    Hunter war ein netter Mann, dachte Lara erstaunt. Ihr Mann war nett, und das nicht nur zu ihr, sondern auch zu anderen … Sie wusste zwar nicht, was die Veränderung verursacht hatte, aber sie war zutiefst dankbar dafür. Er schätzte zwar nicht sonderlich, dass sie sich mit ihrer Menschenfreundlichkeit in das Leben anderer einmischte, aber er schien es zu verstehen und verhielt sich recht nachsichtig ihr gegenüber.
    Hunter hatte immer viel zu tun gehabt, aber jetzt waren seine Ziele ganz andere als in den ersten Jahren ihrer Ehe.
    Früher war er bei jedem sportlichen Ereignis und bei jeder Jagd dabei gewesen, die zahlreichen Besuche in Spielclubs gar nicht mitgerechnet. Lara vermutete, dass seine früheren Kumpane ziemlich enttäuscht darüber waren, dass Hunter aus Indien ein neues Verantwortungsgefühl mitgebracht hatte. Er vermehrte die Anteile der Crosslands an Schiffs-, Handels- und Industrieunternehmen und erwarb eine Brauerei, die stetig Gewinn abwarf. Er kümmerte sich um seinen eigenen Besitz, überwachte die Ernte und die Landwirtschaft und führte zahlreiche Verbesserungen durch, auf die ihre Pächter lange gewartet hatten.
    Als junger Mann, der an Privilegien gewöhnt und von einem Gefühl der Unverwundbarkeit erfüllt war, hatte Hunter einmal geglaubt, die Welt sei nur zu seinem Vergnügen da. Abgelehnt gefühlt hatte er sich nur in der Zeit, als er sich mit Laras Unfruchtbarkeit hatte auseinandersetzen müssen, und damit war er kaum fertig geworden. Jetzt schien er wesentlich älter und reifer geworden zu sein, sah nichts mehr als selbstverständlich an und übernahm die Verpflichtungen, die er früher tunlichst vermieden hatte.
    Nicht, dass Hunter ein Heiliger war … Er hatte

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