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Geliebter Fremder

Geliebter Fremder

Titel: Geliebter Fremder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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etwas Spitzbübisches an sich, das Lara gefiel. Er war verführerisch, einfallsreich, spöttisch und er ermunterte sie, ihre Moralbegriffe und Hemmungen ihm gegenüber auf eine Weise in Frage zu stellen, deren sie sich nie für fähig gehalten hatte. Eines Abends trat er in Laras Schlafzimmer mit der erklärten Absicht, den Spiegel an der Decke noch einmal auszunutzen, bevor Mr. Smith und seine Helfer ihn abnahmen. Trotz Laras verlegener Einwände liebte er sie unter dem Spiegel und lachte, als sie sofort danach unter der Decke verschwand. Ein anderes Mal ging er mit ihr zu einem hoch offiziellen Musikabend und flüsterte ihr unglaubliche Passagen aus indischen Liebesgedichten ins Ohr … oder er machte mit ihr ein Picknick zu zweit und verführte sie unter freiem Himmel.
    Er war ein Ehemann, wie sie ihn sich immer erträumt hatte: leidenschaftlich, aufregend und stark. Sie liebte ihn – es war unmöglich, das nicht zu tun –, obwohl sie eine leise Angst davon abhielt, es ihm zu gestehen. Wenn sie sich sicher war, würde sie es ihm schon sagen. Ein Teil ihres Herzens wartete noch darauf, dass er sich ihr offenbarte, ihr ein Zeichen oder ein Signal gab, damit sie sich ihm ganz und gar hingeben konnte.
    Lara band sich eine große Schürze um und stellte sich an den Küchentisch, um in einem kleinen Marmormörser Leinsamen zu zermahlen. Sorgfältig kratzte sie das ölige Pulver aus dem Gefäß und gab es in eine Schüssel mit geschmolzenem Bienenwachs. Es war ein altes Familienrezept für eine Salbe gegen Rheuma – ein Leiden, das seit kurzem einen Einwohner von Market Hill, Sir Ralph Woodfield, plagte. Obwohl Sir Ralph ein stolzer Mann war, der es hasste, jemanden um einen Gefallen zu bitten, hatte er am Morgen einen Diener herübergeschickt, der etwas von der Medizin holen sollte.
    Lara sog den Duft des abkühlenden Bienenwachses ein, schüttete noch eine weitere halbe Tasse Leinsamen in den Mörser und zermahlte es mit kreisenden Bewegungen mit dem Stößel. Die Köchin und zwei Küchenmägde standen am anderen Ende des Tisches, kneteten Brotteig und formten ihn zu länglichen Laiben. Eines der Mädchen unterhielt sie alle, indem es ein Liebeslied sang, das zur Zeit äußerst beliebt im Ort war. Im Takt der Melodie bearbeiteten ihre Finger den Teig.
    »Oh, der Mann, der mich bekommt, hat Taschen voller Gold,
Ein Pferd und eine Kutsche und eine silberne Uhr.
Er sieht gut aus und er ist stolz,
Mit braunen Locken und Augen so blau …«
    Das Lied pries immer weiter die Tugenden des imaginären Marines, bis alle Frauen in der Küche kicherten. »Als ob du so einen Mann jemals in Market Hill finden könntest!«, rief die Köchin aus.
    Mitten in die allgemeine Erheiterung platzte Naomi in die Küche, den Staub von der Straße nach Market Hill noch am Rocksaum. Sie trat sofort auf Lara zu, zog ihren Strohhut ab und wandte ihrer Herrin ihr bekümmertes Gesicht zu.
    »Naomi«, sagte Lara und hielt in ihrer Arbeit inne. »Du hast doch heute deinen freien Tag – ich dachte, du wärest bei Freunden im Ort.«
    »Ich musste sofort wieder hierher kommen, Mylady«, murmelte Naomi, während die anderen weitersangen und miteinander schwatzten. »Ich weiß nicht recht, was ich glauben soll, ob es überhaupt wahr ist, aber … Ich habe im Ort etwas gehört.«
    Lara legte den Stößel beiseite und blickte die Zofe fragend an.
    »Es ist wegen Lady Lonsdale«, fuhr Naomi fort. »Ich bin mit ihrer Zofe befreundet, mit Betty, wissen Sie, und wir haben so geredet …« Voller Unbehagen holte Naomi tief Luft und sprudelte dann hervor: »Und Betty hat gesagt, es sei ein Geheimnis, aber Lady Lonsdale sei krank.«
    Lara merkte, dass die anderen ihnen zuhörten, und zog die Zofe in eine Ecke der Küche. Rasch flüsterte sie:
    »Krank? Das kann doch nicht sein … Warum hat sie mir das nicht gesagt?«
    »Betty sagt, die Familie will nicht, dass es jemand erfährt.«
    »Wie krank?«, fragte Lara drängend. »Naomi, hat Rachels Zofe dir gesagt … Hat Lonsdale meiner Schwester etwas angetan?«
    Die Zofe schlug die Augen nieder. »Lady Lonsdale hat gesagt, sie sei die Treppe hinuntergefallen. Betty hat es zwar nicht gesehen, aber sie meint, es sähe schlimmer aus als nur ein Sturz. Sie sagt, Lady Lonsdale gehe es sehr schlecht. Und dabei haben sie noch nicht einmal den Arzt geholt.«
    Lara zitterte vor Entsetzen, Angst und vor allem Wut. Lonsdale hatte Lara wieder geschlagen. Sie war sich ganz sicher. Und wie bei den anderen Malen hatte

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