Geliebter Fremder
nicht erreichte. »Und Grayson stört es nicht, dass er keinen eigenen Nachkommen haben wird?«
Isabel verharrte mit ihrem Scone vor ihrem Mund. »Wie bitte?«
Grays Mutter verengte ihre Augen und musterte sie über den Rand ihrer geblümten Teetasse. »Grayson hat nichts dagegen, dass Sie sich weigern, ihm Kinder zu schenken?«
»Wie kommen Sie bloß darauf, dass ich keine Kinder will?«
»Sie sind schon ziemlich alt.«
»Ich weiß, wie alt ich bin«, entgegnete Isabel knapp.
»Sie haben noch nie irgendein Interesse verlautbart, Mutter zu werden.«
»Woher wissen Sie das? Sie haben sich nie die Mühe gemacht, mich zu fragen.«
Die Marchioness ließ sich Zeit damit, ihre Tasse auf den Tisch zurückzustellen, dann fragte sie: »Also wünschen Sie sich Kinder?«
»Ich glaube, die meisten Frauen wünschen sich Kinder. Ich bin da keine Ausnahme.«
»Nun, das ist schön zu hören«, murmelte die Marchioness abwesend.
Isabel starrte die Frau ihr gegenüber an und versuchte, ihre Absichten zu ergründen. Denn es gab welche. Wenn sie sie nur erkennen könnte!
»Isabel.« Der raue Klang ihrer Lieblingsstimme tröstete sie sofort.
Mit einem strahlenden Lächeln drehte sie sich zum eintretenden Gray um. Mit seinen vom Wind zerzausten Haaren und den roten Wangen war er der attraktivste Mann, den sie je gesehen hatte. Das hatte sie schon immer gefunden. Aber als sie ihn jetzt mit all ihrer Liebe anschaute, stockte ihr bei seinem Anblick der Atem. »Ja, Mylord?«
»Die Frau des Vikars hat heute ihr sechstes Kind bekommen.« Er streckte ihr beide Hände entgegen und zog sie vom Sessel. »Es hat sich eine kleine Schar Gratulanten eingefunden. Manche haben Musikinstrumente mitgebracht, andere etwas zu essen. Nun findet ein kleines Fest im Ort statt, zu dem ich sehr gerne mit dir gehen würde.«
»Ja, ja.« Sie ließ sich von seiner Begeisterung anstecken und erwiderte den liebevollen Druck seiner Hände.
»Darf ich auch mitkommen?«, fragte seine Mutter und erhob sich.
»Ich glaube, du würdest dich dort nicht amüsieren«, sagte Gerard und löste seinen Blick von Pels strahlendem Gesicht. Dann zuckte er die Achseln. »Aber ich habe nichts dagegen.«
»Ich würde mich gerne noch kurz frisch machen, wenn du einverstanden bist«, bat Isabel leise.
»Nimm dir die Zeit, die du brauchst«, antwortete er. »Ich lasse schon mal den Landauer vorfahren. Es ist zwar nicht weit, doch ihr seid beide nicht für einen Spaziergang angezogen.«
Mit ihrer üblichen Anmut verließ Isabel den Raum. Er wollte ihr schon folgen, da hielt seine Mutter ihn auf.
»Woher willst du wissen, dass die Kinder, die sie bekommt, wirklich von dir sind?«
Gerard verharrte und drehte sich anschließend langsam um. »Was zum Teufel redest du da?«
»Du glaubst doch nicht im Ernst, dass sie dir treu bleibt, oder? Wenn sie schwanger wird, werden sich alle fragen, wer der Vater ist.«
Er seufzte. Würde ihn seine Mutter jemals in Ruhe lassen? »Da Isabel niemals schwanger werden wird, kommt es auch nicht zu diesem schrecklichen Szenario, das du entwirfst.«
»Wie bitte?«
»Du hast mich schon verstanden. Glaubst du, ich würde nach dem, was mit Emily passiert ist, das alles noch mal durchmachen? Michaels oder Spencers ältester Sohn wird der Erbe sein. Ich werde Isabel nicht unnötig in Gefahr bringen.«
Sie blinzelte und fing dann an zu lächeln. »Ich verstehe.«
»Das hoffe ich.« Er sah sie mit zusammengekniffenen Augen an, drohte ihr mit dem Finger und sagte: »Gib dafür nicht meiner Frau die Schuld. Es war ganz allein meine Entscheidung.«
Seine Mutter nickte ungewöhnlich fügsam. »Ich verstehe vollkommen.«
»Gut.« Er wandte sich wieder ab und ging mit großen Schritten zur Tür. »Wir brechen gleich auf. Wenn du mitkommen willst, mach dich bereit.«
»Keine Sorge, Grayson«, rief sie ihm nach. »Das würde ich um nichts in der Welt verpassen wollen.«
»Feier« war eine angemessene Bezeichnung für die fröhliche Gesellschaft, die sich auf dem Rasen zwischen dem kleinen Haus des Vikars und der Kirche tummelte. Unter zwei großen Bäumen hatten sich ein paar Dutzend tanzende und schwatzende Dörfler und ein strahlender Vikar versammelt.
Isabel konnte nicht anders, als jeden anzulächeln, der sich zur Begrüßung ihrer Kutsche näherte. Grayson stellte sie voller Stolz der lärmenden Menge vor, die sie mit großem Hallo willkommen hieß.
Im Laufe der nächsten Stunde sah sie zu, wie Gray sich unter die Menge mischte. Er sprach
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