Geliebter Fremder
feige vor. Andererseits war sie keine Närrin. Sie kannte sich mit Männern viel besser aus als mit Frauen und wusste, dass man einem aufgebrachten Mann am besten aus dem Weg ging. Ihr war durchaus bewusst, was geschehen würde, wenn sie sein Zimmer wieder beträte. »Grayson?«
Er antwortete nicht.
Sie konnte nichts für ihn tun, nichts, was die Fakten ändern oder bewirken konnte, dass er sich besser fühlte – abgesehen von der vorübergehenden Erleichterung eines sexuellen Höhepunkts. Doch vielleicht brauchte er genau das, nachdem seine Männlichkeit in Zweifel gezogen worden war. Vielleicht brauchte sie es ebenfalls, um zu vergessen, dass auch ihre zweite Ehe gescheitert war. Beim ersten Mal war sie jung und naiv gewesen. Aber dieses Mal hatte sie es besser gewusst. Wie dumm von ihr, ausgeschlossen zu haben, dass Gray mit zunehmendem Alter reifen würde. Denn dass er Verantwortung für Lord Spencer übernahm, war ein eindeutiges Zeichen dafür. Blieb die Frage, ob Pelham sich auch verändert hätte, wäre ihm nur genug Zeit dazu geblieben.
»Ich kann durch die Tür hören, wie du denkst«, bemerkte Gray ironisch und klang, als stünde er direkt auf der anderen Seite.
»Bist du noch wütend?«
»Natürlich, aber nicht auf dich.«
»Es tut mir wirklich leid, Grayson.«
»Was denn?«, fragte er leise. »Mich geheiratet zu haben?«
Sie schluckte hart, weil das Nein, das sie einfach nicht äußern wollte, ihr wie ein Kloß im Hals steckte.
»Isabel?«
Seufzend entfernte sie sich von der Tür. Er hatte recht. Jetzt war nicht der passende Zeitpunkt, um darüber zu sprechen. Sie konnte im Moment nicht klar denken. Sie hasste es, dass eine Tür zwischen ihnen war. Sie verwehrte ihr seinen Geruch, seine Berührung, das Verlangen in seinem Blick – alles Dinge, die sie eigentlich nicht wollen sollte. Wieso konnte sie in Bezug auf die Ehe nicht pragmatischer sein, so wie der Rest ihrer Familie? Warum mussten ihre chaotischen Gefühle alles ruinieren?
» Nur damit das klar ist«, grollte er. »Mir tut es nicht leid, und von all den Dingen, die du in der letzten Stunde zu mir gesagt hast, war das Schlimmste, dass wir einen Fehler gemacht haben.«
Sie blieb stehen. Wieso bereute er nicht eine Ehe, die ihm so viel Kummer machte? Wenn nicht mal das seinen Entschluss ins Wanken brachte, mit ihr eine richtige Ehe zu führen, dann blieb es wohl dabei.
Wütend bemerkte sie, wie sie ihm gegenüber weicher wurde. Sie sollte keine Gefühle für ihn entwickeln. Ihre Mutter oder ihr Bruder würden das auch nicht tun. Sie würden ihren Spaß im Bett haben, bis sie zufrieden waren, und sich dann abwenden. Sie hob ihr Kinn. Wenn sie pragmatischer wäre, würde sie genau das auch tun.
Sie verließ das Bad und ging langsam in ihr Boudoir. Tatsache war, bei ihren Affären konnte sie pragmatisch vorgehen, weil die Regeln von Anfang an feststanden und das Ende mit eingeplant war. Es gab keinerlei Besitzansprüche, wie sie sie gegenüber Pelham empfunden hatte und jetzt gegenüber Gray entwickelte.
Dieser verfluchte Kerl! Sie waren Freunde gewesen. Er war als Fremder zurückgekommen und hatte den Platz eines Ehemannes eingenommen.
Ein Ehemann gehörte einem. Ein Geliebter nicht.
Ihr Magen zog sich zusammen.
Sie ist eine Mätresse, Grayson. Keine Ehefrau.
Lords Spencers im Zorn gesprochene Worte waren schlicht und einfach die Lösung des Problems.
Isabel riss am Klingelzug, wartete ungeduldig, bis ihre Zofe kam, und zog sich mit ihrer Hilfe dann aus. Komplett. Und löste ihre Haare. Dann straffte sie die Schultern und überwand rasch die Distanz zu Grays Zimmer. Sie stieß die Tür auf, sah, dass ihr Mann nach einem Hemd auf seinem Bett griff, rannte los und sprang ihm auf den Rücken.
Aus dem Gleichgewicht gebracht fiel er mit dem Gesicht nach unten aufs Bett. Isabel klammerte sich an ihn. Gray griff hinter sich und warf sie mit einem tiefen Grollen auf die Decke.
»Endlich kommst du zur Vernunft«, murmelte er, dann senkte er den Kopf und umfasste ihre Brustwarze mit dem Mund.
»Oh«, schrie sie, geschockt vom Gefühl durchdringender Hitze. Himmel, der Mann erholte sich schnell! »Warte.«
Er keuchte und saugte weiter an ihr.
»Ich habe Regeln!«
Ein hitziger Blick suchte ihren. Mit einem lauten Plopp ließ er ihre Brustwarze los. »Du. Nackt. Wann immer ich will. Wo immer ich will. Das sind die einzigen Regeln.«
»Ja.« Sie nickte, und er erstarrte. Sein großer Körper wurde so hart wie Stein. »Wir werden ein
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