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Geliebter Lord

Geliebter Lord

Titel: Geliebter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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immer die gleichen Menschen, Ian – nur viel, viel älter.«
    »Erinnere mich nicht daran«, sagte er verstimmt, lächelte aber sofort wieder. »Wenn ich am Morgen aufstehe, tun mir alle Knochen weh, und meine Schulter sagt jeden Wetterumschwung voraus.«
    »Ich werde mich hüten, dir meine Beschwerden aufzuzählen, Liebster«, erwiderte Leitis, »sonst siehst du dich vielleicht nach einer jüngeren Ehefrau um.«
    Jetzt war es an ihm zu lachen. Als würde er je eine andere Frau haben wollen als diese, mit der er sein Leben inzwischen seit mehr als dreißig Jahren teilte. Sicher, sie hatten manchmal tagelang nicht miteinander gesprochen, sich gelegentlich angeschrien, und einmal hatte er einen Stuhl hochgehoben und so heftig auf den Boden gestellt, dass ein Bein abgebrochen war.
    Hin und wieder erzürnte Leitis ihn ganz gehörig. Sie war eine eigensinnige, starke und energische Frau. Und sie war sein bester Freund, sein liebster Gefährte und der Mensch, dem er die größte Achtung und das größte Vertrauen entgegenbrachte.
    Am Horizont zog ein Unwetter auf, und er war dankbar, einen erfahrenen Kapitän an Bord zu haben. Ian mochte Schiffe entwerfen und bauen, doch nie hatte ihm der Sinn danach gestanden, sie zu lenken. Eine Tatsache, die seine fünf Söhne amüsierte.
    Alisdairs Nachricht, dass der Wiederaufbau von Gilmuir so gut wie abgeschlossen wäre und jedes Erinnerungsstück an den MacRae-Clan für die Große Halle willkommen, war ihm, Ian, wie eine Aufforderung zur Heimkehr erschienen. Und so segelten sie nun am Ende einer turbulenten, von schlechtem Wetter geprägten Reise mit halbgerefften Segeln auf der
Ionis
an der schottischen Küste entlang.
    »Morgen oder übermorgen müssten wir den Loch Euliss erreichen«, gab er die Information weiter, die er gerade in einem Gespräch mit dem Kapitän und dem Ersten Offizier erhalten hatte. »Und in ein paar Tagen werden wir Gilmuir wiedersehen.«
    »Und Alisdair«, ergänzte Leitis. »Es ist lange her. Wir werden Enkelkinder kennenlernen, Ian. Kannst du das glauben?«
    Er betrachtete sie im blassen Licht der Nachmittagssonne. Ihr dichtes Haar war an den Schläfen weiß und ansonsten von Grau durchzogen. Kleine Fältchen strahlten von ihren Augenwinkeln aus und einige von den Lippen, doch ansonsten war ihr Alter ihr nicht anzusehen. Vielleicht war aber auch sein Blick getrübt, weil Leitis die Frau war, die schon seit seiner Kindheit in seinem Herzen wohnte.
    »Du wirst für mich nie älter aussehen als an dem Tag, als ich dich das erste Mal sah«, sagte er. »Ich glaube, damals war ich neun.« Berührt von ihrem zärtlichen Blick, neigte er den Kopf und küsste sie sanft.
    Er hatte erwartet, dass die Rückkehr nach Gilmuir Erinnerungen wecken würde, und so war es. Er hatte auch erwartet, Wehmut zu empfinden, aber in diesem Moment empfand er nichts als Freude. Er hatte das Leben, das er sich wünschte, mit der Frau geführt, die er anbetete, und jetzt kehrte er an den Ort seiner Kindheit zurück, zu dem Castle, das sein ältester Sohn wieder instand gesetzt hatte.
    »Vielleicht hätten wir unser Kommen ankündigen sollen«, sagte Ian.
    »Du konntest es doch gar nicht erwarten hierherzukommen«, neckte Leitis ihn.
    »Die Reise hinter mich zu bringen, meinst du wohl.«
    Aus Gewohnheit schaute er sich nach Douglas um. Als er ihn mit dem Ersten Offizier sprechen sah, war er beruhigt. Douglas war der schwierigste der MacRae-Söhne. Er hatte von Geburt an einen eigenen Kopf, und die Ereignisse der vergangenen Monate hatten den Umgang mit ihm nicht einfacher gemacht.
    Gerade erst siebzehn geworden, hatte er bewiesen, dass er ebenso mannhaft war wie die übrigen MacRaes.
    Der Gedanke daran ließ Ian die Stirn runzeln. Entschlossen verbannte er seinen Jüngsten aus seinen Gedanken und wandte sich wieder seiner Ehefrau zu.
     
    Mary hörte gedämpfte Stimmen auf dem Korridor vor ihrer Zelle. Nacht für Nacht tranken der Wärter und seine Kumpane dort und wetteten auf den Wurf einer Münze, beides Beschäftigungen, die Sir John wahrscheinlich nicht billigen würde, wenn er davon wüsste. Die Scherze der Betrunkenen waren Marys Schlaflied, ihre Kameraderie seltsam tröstlich für sie.
    Mary ging zum Fenster, umfasste die Gitterstäbe und schaute in die Dunkelheit hinaus. Sie wollte nicht daran denken, wie qualvoll Gordons Sterben gewesen war, wollte nicht die Schuldgefühle empfinden, die jede Erinnerung begleiteten.
    Einige Zeit später hörte sie, wie die Querstange vor

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