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Geliebter Lord

Geliebter Lord

Titel: Geliebter Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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wahr?«
    »Ja.« Sie faltete die heute nicht gefesselten Hände im Schoß und blickte ins Publikum, aber Hamish fragte sich, wie viele der Menschen sie wohl tatsächlich wahrnahm. Die Lippen in ihrem bleichen Gesicht wirkten blutleer, und ihre stolze Haltung vermochte ihn nicht über ihre Mutlosigkeit hinwegzutäuschen. Es zerriss ihm fast das Herz.
    »Ihr habt das Haus und das Geschäft mit allem Inventar geerbt?«, fragte der Richter.
    »Ja.«
    »Ihr wart also eine wohlhabende Ehefrau und wurdet eine wohlhabende Witwe.«
    »Den Verlust meines Ehemanns kann kein Reichtum wettmachen«, erwiderte sie wegwerfend.
    »Aber Ihr müsst doch gewusst haben, dass er vor Euch gehen würde. Immerhin war er wesentlich älter als Ihr.«
    »Ja, das war er.«
    »Manche sagen, Ihr hättet ihn nur seines Vermögens wegen geheiratet.«
    Mary zog die Brauen hoch. »Die Leute reden viel, Sir John, aber das heißt nicht, dass alles wahr ist, was sie erzählen. Allerdings finden sich immer Narren, die jeden Unsinn glauben, wenn er überzeugend vorgebracht wird.«
    »Ihr wollt damit sagen, dass Ihr Euren Mann nicht seines Vermögens wegen geheiratet habt?«
    »Zu welchem Zweck werden Ehen arrangiert, wenn nicht zum Schutz der einen Partei und zur Bequemlichkeit der anderen? Es wäre töricht von mir gewesen, eine Verbindung abzulehnen, die mir Sicherheit gewährleistete. Die Welt ist nicht freundlich zu alleinstehenden Frauen.« Sie ließ den Blick beredt über das Publikum wandern.
    Sir John befürchtete offenbar, an Boden zu verlieren, denn er setzte seine Befragung in noch strengerem Ton fort. »Habt Ihr Eurem Ehemann jemals eine Substanz verabreicht, die ihm schaden würde?«
    Mary zögerte. Lange. Schließlich sagte sie: »Viele Substanzen schaden, wenn sie im Übermaß eingenommen werden, Sir John. Sogar Wasser gehört dazu. Ein Glas davon kann wohltuend sein, zu viel davon, und man ertrinkt.«
    Kichern im Saal.
    »Ihr wisst genau, wie meine Frage gemeint war, Mrs. Gilly«, ermahnte der Richter sie mit finsterer Miene. »Habt Ihr Eurem Ehemann jemals eine Substanz verabreicht, die ihm schaden würde?«
    Wieder zögerte Mary, aber als sie antwortete, tat sie es mit lauter, fester Stimme: »Ich bereitete einen Trank aus Kräutern in Ale für ihn zu, von dem ich mir Abhilfe für seine Verdauungsprobleme erhoffte.«
    »Und diesen Trank bekam er jeden Abend von Euch, Mrs. Gilly?«
    »Ja.« Es war so still im Gerichtssaal, dass Hamish sein Herz in der Brust schlagen hören konnte.
    »Was gabt Ihr dem Trank außerdem noch bei?«
    Hamish beugte sich vor und bemerkte, dass einige andere das Gleiche taten.
    Mary richtete den Blick wieder auf das Publikum und sagte vernehmlich: »Quecksilber.«
    Gemurmel ging durch die Reihen, und diesmal vermochte Sir Johns Stirnrunzeln es nicht zu unterbinden. Erst als er Mary die nächste Frage stellte, kehrte wieder Ruhe ein.
    »Wusstet Ihr, dass Euer Ehemann zu dieser Zeit auch von Dr. Grampian behandelt wurde?«
    »Nein, das wusste ich nicht.«
    »Hättet Ihr Eure Behandlung andernfalls geändert?«
    »Ja. Ich habe die besten Medizintexte zu Rate gezogen. Die Gefahren, die mit der Gabe gewisser Arzneien einhergehen, sind mir bekannt. Eine winzige Menge von Fingerhut, zum Beispiel, hilft bei Problemen mit dem Herzen, doch bei einer zu hohen Dosierung hört es auf zu schlagen. Auch Quecksilber gehört zu den Substanzen, bei deren Verabreichung größte Sorgfalt geboten ist. Ein wenig hilft bei Verdauungsbeschwerden, zu viel davon wirkt tödlich.«
    Sir John ließ Mary ohne einen Kommentar zu ihrer Aussage zur Anklagebank führen.
    Stirnrunzelnd betrachtete er die vor ihm stehende Phiole.
    Für Hamish stand fest, dass Sir John sich sein Urteil gebildet hatte und der Mann Mary mit seinen nächsten Worten nach Edinburgh schicken würde, wo sie sich wegen Mordes verantworten müsste.
    Er erhob sich. »Warum jetzt?«
    Der Richter schaute ihn irritiert an. »Habt Ihr dem Gericht etwas zu sagen, Sir?«
    Hamish fixierte ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Warum wurde die Anschuldigung gegen Mrs. Gilly erst jetzt vorgebracht?«
    »Wer seid Ihr, Sir?«
    »Mein Name ist Hamish MacRae. Ich war bis zum vergangenen Jahr Kommandant auf der
Sherbourne,
einem Handelsschiff unter der Flagge der MacRae Shipping Company.«
    »Weshalb stellt Ihr dieses Gericht in Frage?«
    »Weil Ihr nicht willens seid, die Wahrheit zu ergründen, Sir John.«
    Die beiden Mary flankierenden Uniformierten blickten in seine Richtung, und

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