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Geliebter Normanne

Geliebter Normanne

Titel: Geliebter Normanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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mehr als nur eine einfache Magd zu sein.
    Bosgard war keineswegs überrascht. Er lächelte nur und sagte freundlich: »Hayla, meinst du nicht, du bist mir eine Erklärung schuldig? Ich habe das Recht, die Wahrheit zu erfahren. Eine Magd bist du ganz sicher nicht. Also, lass uns hier und jetzt über dich sprechen. Hier im Stall sind wir wenigstens ungestört.«
    Hayla wusste, dass sie vor Bosgard ihre Maskerade nicht länger aufrechterhalten konnte, zumal sie ihm gegenüber bereits zugegeben hatte, in einer höhergestellten Gesellschaftsschicht geboren worden zu sein. Allerdings traute sie sich nicht, die ganze Wahrheit sagen. Zu groß war ihre Angst, er könnte sich von ihr abwenden, wenn er erfuhr, wie sehr er von ihr getäuscht worden war. Immerhin war sie ein Mündel des früheren Königs gewesen, und Bosgard war ein treuer Anhänger von König William. Vielleicht würde es Bosgard für seine Pflicht halten, dem König von ihr zu berichten. Da jedoch alle, die in engem Kontakt mit Harold gestanden hatten, entweder tot oder eingekerkert waren, durfte Hayla dieses Risiko nicht eingehen. Gerade weil sie verwirrende Gefühle für Bosgard empfand, über die sie sich selbst nicht im Klaren war, durfte sie nicht den Fehler machen und vergessen, dass Bosgard ein Feind ihres Volkes war, und seine Freundlichkeit ihr gegenüber würde vielleicht sehr schnell vergehen, wenn er von ihrer Herkunft erfuhr. Darum begann sie zögernd: »Wie ich Euch bereits sagte, wurde ich als Tochter eines freien Mannes geboren, der mich, obwohl ich ein Mädchen bin, in Sprachen und in anderen Dingen unterrichtete. Als dann die Feinde … ich meine, ihr Normannen, in unser Land einfielen, mussten wir in den Westen fliehen. Dabei ist mein Vater gestorben.«
    »Welcher Arbeit ging dein Vater nach?« Bosgard unterbrach ihre Erzählung und sah sie aufmerksam an. »Oder war er gar von adliger Geburt?«
    Hayla hoffte, er würde das leichte Zittern ihrer Hände nicht bemerken, als sie antwortete: »Ja, Sir, Ihr habt recht, aber unsere Familie war recht unbedeutend, und außer mir ist niemand mehr am Leben, denn Brüder habe ich nie gehabt.«
    Einerseits widerstrebte es Hayla, Bosgard anzulügen, andererseits war sie sich der Gefahr, in der sie schwebte, bewusst. Auch wenn Bosgard freundlich und nett war und ihr Herz völlig außer Kontrolle geriet, wenn sie in seiner Nähe war, durfte dieses nicht über ihren Verstand siegen. In erster Linie war Bosgard König William verpflichtet, und dieser wäre sicher nicht sehr erfreut zu erfahren, dass ein Mündel von Harold am Leben war. Sie senkte schnell den Kopf, damit Bosgard die verräterische Röte, die ihr in die Wangen schoss, nicht sah. Aber Bosgard wollte sich mit ihrer Erklärung nicht zufriedengeben.
    »Anstatt als Magd hier zu dienen, wirst du doch irgendwo in England Verwandte haben, zu denen du gehen kannst?« Hayla schüttelte den Kopf. »Das Leben hier ist deiner Herkunft und deiner Bildung nicht würdig. Mädchen«, fuhr er mit strenger Stimme fort. »Ich bin dir etwas schuldig, weil du mein Leben gerettet hast. Es gibt vielleicht die Möglichkeit, dir bei Hof eine Stellung zu verschaffen. Die Königin hat gerne junge, gebildete Damen um sich.« Und vor allem so hübsche, fügte er in Gedanken hinzu.
    Erschrocken atmete Hayla so schnell ein, dass sie sich an ihrem Speichel verschluckte und heftig husten musste. Abwehrend hob sie die Hände und wich ein paar Schritte zurück.
    »Bitte, Sir, schickt mich nicht fort! In Penderroc Castle habe ich eine neue Heimat gefunden. Auch bin ich für das höfische Getändel wenig geeignet, lieber arbeite ich mit meinen beiden Händen.«
    Bosgard runzelte die Stirn, überrascht über Haylas heftige Reaktion.
    »Hast du denn keine Lust, bestickte Kleider aus Samt und Seide zu tragen, jeden Tag drei Mahlzeiten zu erhalten, die du nicht selbst zubereiten musst, und von Zinntellern zu essen statt von einem Holzbrett?«
    Obwohl Bosgard sich freute, dass Hayla Cornwall nicht verlassen wollte, verstand er deren Ablehnung nicht. Jedes junge Mädchen wäre über das Angebot, der Königin dienen zu dürfen, froh und dankbar gewesen.
    Hayla konnte nicht verhindern, dass ihre Augen feucht wurden. Die Vorstellung, an den Königshof und damit direkt in die Höhle des Löwen zu gehen, war erschreckend, schlimmer noch war allerdings die Gewissheit, Bosgard dann nur noch selten, vielleicht sogar nie mehr sehen zu können.
    »Sir, ich kann Euch nur bitten, mich in Euren

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