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Geliebter Normanne

Geliebter Normanne

Titel: Geliebter Normanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Diensten zu behalten«, sagte sie unterwürfig. »Da ich Euch unterstehe, muss ich mich Euren Befehlen beugen, aber wenn Ihr es mir ein wenig vergelten möchtet, dass ich den feigen Mordanschlag auf Euch verhindert habe, so lasst mich einfach weiterhin das sein, was ich seit zwei Jahren bin.«
    Bosgard seufzte laut und fuhr sich durch das Haar. Wie das Mädchen so vor ihm stand, erinnerte es ihn an seine kleine Schwester, aber die Gefühle, die er für Hayla empfand, waren alles andere als brüderlich. Das rührte ihn, aber noch mehr verwirrte ihn die Tatsache, dass er zunehmend das Bedürfnis verspürte, Hayla für den Rest ihres Lebens zu beschützen.
    »Du wirst aber nicht mehr als Magd arbeiten«, sagte er streng. »Irgendwo in dieser Burg werden anständige Kleider zu finden sein, und du wirst künftig an meiner Seite an der Tafel sitzen und speisen.« Er zögerte, dann huschte ein verschmitzter Ausdruck über sein Gesicht. »Allerdings scheint es mir von Vorteil, dass du deine Kenntnisse in der französischen Sprache verschweigst. Nicht, dass ich meinen Männern misstraue, sie werden in deiner Gegenwart jedoch freier sprechen, wenn sie annehmen, dass du sie nicht verstehst. Wer weiß eigentlich über deine Herkunft Bescheid?«
    »Nur die alte Magd Waline«, antwortete Hayla. Sie wollte die Frau nicht in Schwierigkeiten bringen, falls sich diese einmal verplapperte. »Sie ist wie eine Mutter zu mir.«
    »Und die scheint verschwiegen zu sein, nicht wahr?« Bosgard wandte sich zum Gehen. »Du denkst daran – heute Abend erwarte ich dich angemessen gekleidet an meiner Tafel.«
    Haylas Herz tat einen Sprung, denn ein beinahe zärtlicher Blick hatte seine Worte begleitet, und sie rief fast ein wenig zu schnell: »Ich werde pünktlich sein, Sir.«
     
    Das blaue Übergewand roch vom langen Liegen in der Truhe zwar etwas muffig, der Stoff jedoch war unversehrt, und die Säume waren nicht ausgefranst. Waline bürstete das Kleid kräftig aus, wobei sie ein Gesicht machte, als würde sie die Bürste nicht über Stoff, sondern über Bosgards Haut ziehen. Der alten Magd hatte Hayla natürlich nicht verschweigen können, was sich im Wald abgespielt hatte und dass Bosgard jetzt über einiges aus ihrem Leben Bescheid wusste. In einer Truhe, die von Ralphs Gefolgsleuten nicht geplündert worden war, weil sie nur Frauenkleider enthielt, hatte Hayla die Gewänder der vor Jahren verstorbenen Ehefrau Sir Leofrics gefunden. Die Kleider passten ihr einigermaßen, sie waren nur an der Taille etwas zu weit und die Röcke eine Handbreit zu lang. Hayla vermutete, dass sie sicher nicht mehr der am Königshof gängigen Mode entsprachen, aber sie hatte keine andere Wahl. Zudem schätzte sie Sir Bosgard als einen Mann ein, der sich wenig um Damenmode kümmerte.
    Waline fuhr so kräftig über den Rock, dass ihr die Bürste aus der Hand und polternd zu Boden fiel.
    »Waline, ich weiß, dass du es nicht billigst, aber ich muss mich dem Wunsch des Herrn fügen.« Haylas Stimme klang sanft und versöhnlich und sollte die wortkarge Waline beruhigen.
    Außer den Getreuen von Sir Bosgard, die ihm während des Überfalls zu Hilfe geeilt waren – und diese würden über den Kampf kein Wort verlauten lassen –, hatte niemand in Penderroc Castle erfahren, wie Ralph Clemencys gemeiner Verrat aufgedeckt worden und was im Wald geschehen war. Alle hatten es jedoch begrüßt, dass Sir Bosgard seinen einstigen Freund und Schwager und ebenso dessen Freunde mit Schimpf und Schande aus der Burg gejagt hatte. Einzig Waline hatte von Hayla die Wahrheit erfahren, welche die alte Magd mit zunehmender Fassungslosigkeit aufnahm. Immer wieder hatte sie jammernd die Hände gerungen und ein Gebet nach dem anderen gesprochen, als hätte Hayla den Teufel höchstpersönlich beschworen und ihr Ende stünde unmittelbar bevor. Auf Haylas Beteuerungen hin, sie habe Sir Bosgard lediglich erzählt, sie sei die Tochter eines niedrigen Ritters und habe deshalb eine gute Ausbildung erhalten, reagierte Waline erschrocken. In ihren Augen flackerte Angst, als sie rief: »Auch wenn Bosgard de Briscaut ein Normanne ist – dumm ist er nicht«, rief sie aufgeregt. »Er wird es erfahren. Oje, oje, früher oder später wird er erfahren, wer du wirklich bist, und dann gnade uns Gott. Warum hast du ihn nicht sterben lassen? Dann wären wir jetzt eine Sorge los …«
    »Und hätten diesen brutalen Ralph Clemency als Burgherrn!« Hayla unterbrach Waline scharf. »Sieh dich doch um,

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