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Geliebter Normanne

Geliebter Normanne

Titel: Geliebter Normanne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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gestört – sie heute durchaus Bosgards Bettgenossin sein könnte. Was hatte dieser Mann nur an sich, um sie derart zu verwirren und jeden vernünftigen Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen, wenn er in ihrer Nähe war?
    »Schmeckt es Euch nicht? Kommt, greift zu, das Wild habe ich gestern selbst erlegt.«
    Hayla hatte nicht bemerkt, dass Platten mit Fleisch aufgetragen worden waren. Zuerst wurden sie und Bosgard bedient, dann seine Männer in der Reihenfolge ihrer Rangordnung, bis die Arbeiter und die Knechte die Reste erhielten. Nicht selten kam es vor, dass Letztere sich mit Brot und Gemüse zufriedengeben mussten. Die gestrige Jagd war jedoch erfolgreich gewesen, und heute gab es Fleisch für alle.
    War es wirklich erst einen Tag her, dass sie Bosgard nach der Jagd geholfen hatte, seine schmutzigen Stiefel auszuziehen? Dass sie seinen Helm und sein fleckiges Wams gesäubert hatte? Gestern war sie noch Hayla, die Magd, gewesen, heute war sie Lady Hayla, trug feine Gewänder und speiste mit dem Burgherrn Seite an Seite.
    »Wie stellt Ihr Euch meine Aufgaben vor, Sir?« Hayla sah Bosgard fragend an. »Ihr sagtet, ich wäre die Herrin der Burg, aber dieser Titel steht mir nicht zu. Ebenso wenig, wie es mir zusteht, den Leuten Befehle zu erteilen.«
    Er grinste und zwinkerte Hayla verschwörerisch zu.
    »Ich bin überzeugt, liebe Hayla, du wirst deine Befehle wie Wünsche klingen lassen, und es wird für jeden eine Freude sein, dir diese zu erfüllen. Ein Blick aus deinen Augen, und niemand wird dir etwas abschlagen können.«
    »Könnt Ihr Euch eigentlich entscheiden, wie Ihr mich anredet?« Hayla ärgerte sich über seine vertrauliche Art, in der er plötzlich zu ihr sprach. Sie konnte mit ihren verwirrenden Gefühlen besser umgehen, wenn Bosgard auch verbal einen gewissen Abstand wahrte, wie er es während des Abendessens getan hatte, bevor er von der offiziellen Anrede in eine, ihrer Meinung nach, allzu vertrauliche gewechselt war.
    »Oh, verzeiht, werteste Lady«, antwortete Bosgard scheinbar zerknirscht, aber das Funkeln in seinen Augen strafte seine Worte Lügen. »Vielleicht sollte ich Euch besser meinen Schutzengel oder meine Lebensretterin nennen?«
    »Warum macht Ihr Euch über mich lustig, Mylord?« Hayla blickte Bosgard ernst an. »Ich habe Euch nicht gebeten, mich wie eine Dame an Euren Tisch zu holen. Ich wäre glücklicher, wenn Ihr mich in dem Stand gelassen hättet, den ich seit der feindlichen Übernahme durch Eure Landsleute innehatte. Nicht mehr und nicht weniger als eine Magd, anstatt mich wie eine Zuchtstute vorzuführen.«
    Bosgards Schmunzeln vertiefte sich. »Es erstaunt mich, dass Ihr Euch in einer solchen Position seht, Lady Hayla, aber Ihr müsst verstehen, dass die Situation auch für mich nicht einfach ist. Ihr seid eine Dame, nicht nur der Geburt nach, sondern auch in Eurem Auftreten und in Eurer Bildung. Und einer Dame zolle ich stets den ihr zustehenden Respekt. Ganz so, wie ich jedem aufrechten und mutigen Menschen, der mir begegnet, die entsprechende Achtung entgegenbringe.«
    »Ihr scheint zu vergessen, dass ich eine
angelsächsische
Dame bin«, gab Hayla scharf zurück. »Wieso solltet Ihr Euch also um mich und meine Wünsche scheren? Es ist allgemein bekannt, dass die Normannen die Engländer enteignet haben und alte Titel oder Abstammungen nichts mehr gelten. Wo habt Ihr Respekt meinem Volk gegenüber gezeigt, als Ihr jeden, der sich nicht mit William, dem Eroberer, arrangieren wollte, getötet habt? Wo war Euer Respekt all den Menschen gegenüber, die ihr Leben lassen mussten, als Eure Männer brandschatzend, raubend und mordend durchs Land zogen? Tausende wurden von ihrem Land vertrieben und dem Hungertod preisgegeben, denn der Winter stand vor der Tür. Da, seht Ihr diesen Jungen?« Haylas erhobener Finger deutete auf Eric, der in der Nähe der Tür stand und hungrig seine Schüssel leerte. »Dieser Junge hat ebenso wie seine kleine Schwester mit ansehen müssen, wie sein Vater von einem Schwert durchbohrt wurde. Ermordet von einem Normannen. Nennt Ihr das etwa
Respekt?
«
    Erst jetzt wurde Hayla bewusst, dass es in der Halle erneut ganz still geworden war. Sie hatte sich derart in Rage geredet und ihre Stimme erhoben, dass nun die Aufmerksamkeit aller auf sie gerichtet war, zumal sie in der Sprache ihres Volkes Bosgard angeklagt hatte.
    »Recht so, Hayla! Gib’s ihm!«, rief jemand.
    »Ganz richtig, die Schweine sollen verschwinden und uns unser Land wieder

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