Geliebter Normanne
bitten müssen. Mädchen, sorg dafür, dass Essen und Bier aufgetragen werden.«
»Selbstverständlich, Mylady, Waline kümmert sich bereits darum. Ich muss erst noch etwas anderes erledigen.«
Sie ließ die verblüffte Constance stehen und lief die Wendeltreppe nach oben. Hayla hörte, wie Constance ihr die Worte »Unverschämtes Ding!« nachrief, aber es kümmerte sie nicht. Sollte sie sich ruhig noch ein bisschen als Hausherrin aufspielen – das würde bald vorbei sein.
Bosgard hatte in seiner Kammer bereits die Ankunft der Reiter mitbekommen. Als Hayla eintrat, saß er auf der Bettkante und versuchte, sein Hemd anzuziehen.
»Was tust du da?«, fragte Hayla.
»Ich muss wissen, wer gekommen ist. Hilf mir, mich anzukleiden.«
Hayla nahm ihm das Hemd aus der Hand.
»Das kommt gar nicht in Frage, Bosgard, und du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Es sind Ritter auf der Durchreise, der Anführer nennt sich Roger de Longchamps.«
»Roger?« Bosgards Gesichtszüge entspannten sich, und er lächelte. »Du meine Güte, wie kommt der denn nach Cornwall? Wir haben Seite an Seite bei Hastings gekämpft, aber dann hat de Longchamps ein Gut im Osten des Landes übernommen.« Erneut griff er nach dem Hemd und sah Hayla eindringlich an. »Bitte, gib mir meine Sachen, ich muss Roger begrüßen. Keine Sorge, Hayla, ich schaff das schon.«
Seufzend gab Hayla nach und half Bosgard beim Ankleiden. Sie war beruhigt zu hören, dass Roger de Longchamps ein aufrechter Ritter und Freund von Bosgard war, von dem keine Gefahr drohte.
Ein Raunen ging durch die Halle, als Bosgard langsam, aber aufrecht die Treppe herunterkam. Hayla, die sich im Hintergrund hielt, sah, wie Constance erbleichte und Halt suchend nach einer Stuhllehne griff.
»Bosgard … was … wie kann es sein, dass du wach bist?«, stammelte sie. »Ich hatte keine Ahnung …«
Bosgard bedachte sie nicht mal mit einem Blick. Vor den Gästen wollte er keine Szene machen, die würde er sich für später aufheben, denn die Worte, die er Constance zu sagen gedachte, würden alles andere als freundlich sein. Stattdessen wandte er sich dem Ritter zu, der sich erhob und Bosgard entgegeneilte.
»Bosgard, alter Freund! Ich habe gehofft, dich hier anzutreffen!« Roger umarmte Bosgard, aber als er ihm auf den Rücken klopfte, stöhnte Bosgard verhalten auf.
»Vorsicht, Roger, ich hatte einen kleinen Unfall. Aber jetzt sag, was führt dich in diese Gegend?«
Roger lachte, bot Bosgard den Arm als Stütze, und sie setzten sich an den Tisch. Waline hatte bereits begonnen, kaltes Fleisch, Käse und Brot aufzutragen, und Hayla half ihr, Krüge mit Bier zu bringen. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie sich Constance aus der Halle schlich. Hayla grinste in sich hinein. Vielleicht würde Constance jetzt, nachdem Bosgard wieder bei Sinnen war, ihre Sachen packen und heimlich die Burg verlassen. Das wäre für alle Beteiligten das Beste, denn Constance konnte an einem Skandal – noch dazu vor den Augen und Ohren der Gäste – wohl kaum gelegen sein. Während sie den Rittern Bier in die Becher schenkte, hörte sie plötzlich neben sich jemanden rufen:
»Hayla? Mein Gott, Hayla!«
Sie erschrak so sehr, dass ihr der Becher aus den Fingern glitt und sich das Bier über den Tisch ergoss. Fassungslos sah sie den Sprecher an, und ihre Augen weiteten sich erstaunt.
»Mandric …«
Der kleine Zwischenfall war von Bosgard und Sir Roger nicht unbemerkt geblieben. Bosgard runzelte die Stirn. Sein Blick ging zwischen dem jungen Mann und der Frau, die er liebte, hin und her. Auch Roger Longchamps stand auf und sagte: »Kennt Ihr dieses Mädchen, Ritter Mandric?«
Hayla warf Mandric einen flehenden Blick zu, wollte ihm zu verstehen geben, dass er nichts über ihre Bekanntschaft sagen sollte, aber der junge Mann straffte die Schultern, atmete tief durch und sagte so laut und bestimmt, dass es jeder in der Halle hören konnte: »Sir Roger … Mylord de Briscaut … verzeiht, aber dieses Mädchen hier ist meine Verlobte. Sie verschwand nach der Schlacht von Hastings, und ich wähnte sie tot. Was für ein unglaublicher Zufall, Hayla nun wiedergefunden zu haben.«
Schlagartig verstummten die Gespräche, und aller Augen richteten sich auf Mandric und Hayla. Besitzergreifend legte Mandric den Arm um Haylas Schultern. Sie sah, wie Bosgards Blick sich verdunkelte und er die Zähne aufeinanderpresste.
Sir Roger brach als Erster das Schweigen.
»Das ist ja eine Überraschung, Ritter
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