Geliebter Normanne
Mandric!« Lächelnd trat er auf seinen Begleiter zu und schlug ihm auf die Schulter. »Ihr habt Euch eine äußerst gutaussehende Braut gewählt, aber bitte erzählt mir mehr davon.«
»Das würde mich auch sehr interessieren«, sagte Bosgard kalt und scharf. Seine Finger krampften sich um die Stuhllehne. Noch immer mied er Haylas Blick.
»Es ist Jahre her …«, rief Hayla verzweifelt. »Es war, bevor der König unser Land erobert hat …«
»Umso glücklicher bin ich, dich nach all diesen Wirren wiedergefunden zu haben.« Mandric unterbrach Hayla, sein Griff um ihre Schultern verstärkte sich, und er wandte sich an Sir Roger. »Der König selbst, ich meine den ehemaligen König Harold, hat unsere Eheschließung bestimmt, doch dann musste ich meine Braut verlassen, um in den Kampf zu ziehen. Als ich zurückkehrte, war sie verschwunden, und niemand konnte mir einen Hinweis auf ihren Aufenthaltsort geben. Ich ging davon aus, dass Hayla nicht mehr lebt, dabei ist ihre Schönheit in dieser Zeit noch mehr erblüht.«
Hayla wusste nicht, was sie sagen oder tun sollte. Seit ihrer Flucht nach der normannischen Eroberung hatte sie kaum einen Gedanken an Mandric verschwendet und angenommen, er wäre bei Hastings gefallen. Oder fristete im besten Fall, falls er die Schlacht überlebt hatte, als Gefangener sein Dasein oder lebte als unfreier Angelsachse, so wie tausend andere aus ihrem Volk.
»Wie kommt es, dass Harold Eure Vermählung bestimmt hat?« Bosgards Frage durchschnitt den Raum wie ein scharfes Schwert. »Standet Ihr, Ritter Mandric, dem früheren Herrscher so nahe, dass er über Eure Heiratspläne entschied? Wie ich sehe, seid Ihr jetzt Normanne geworden.«
Hayla zog scharf die Luft ein und raunte Mandric zu: »Schweig bitte! Ich flehe dich an, sag kein Wort!«
Ihre Worte waren jedoch von Bosgard verstanden worden. Heftig schlug er mit der Faust auf den Tisch, seine Augen blitzten vor verhaltener Wut.
»Nein, ich will die Wahrheit wissen.« Für einen Moment streifte sein zorniger Blick Hayla, und sie bemerkte das gefährliche Funkeln in seinen Augen. »Ritter Mandric, ich befehle Euch zu berichten, wie Ihr einst zu diesem Harold standet und warum Ihr heute in den Gewändern eines Normannen an meiner Tafel sitzt.«
Mandric sah sich verwirrt um. Mit einer so heftigen Reaktion hatte er nicht gerechnet.
»Mylord, verzeiht, ich wollte nicht Euren Zorn erregen. Nach der Schlacht bei Hastings wurde ich gefangen genommen und saß einige Monate in einem Kerker. Dann stand ich vor der Wahl, entweder dem neuen König zu dienen oder mein Leben zu verlieren.« Er lachte kurz auf. »Nun, die Entscheidung fiel mir leicht, und ich merkte bald, welch guten Einfluss König William auf unser Land hat. Da ich ein leidlicher Kämpfer bin, trat ich in das Heer des Königs ein.«
»Ich nahm Mandric nach einigen Monaten in mein Gefolge auf, da er gut das Schwert führt und auch im Bogenschießen geschickt ist«, führte Roger Longchamps Mandrics Ausführungen fort. »Vor vier Monaten bewies er seine Loyalität bei einem Aufstand im Osten, und auf meinen Wunsch hin wurde Mandric vom König zum Ritter geschlagen. Bosgard, vielleicht bekommst du es hier im Westen nicht so mit, aber immer mehr frühere Angelsachsen nehmen unsere Lebensart an und sind aufrechte Engländer, die ihrem König treu ergeben sind.«
»Das ist mir bekannt.« Bosgards Stimme war nicht mehr als ein Knurren. »Es beantwortet aber nicht meine Frage, warum eine Vermählung dieses Mannes mit diesem Mädchen, das als Magd in meinem Haus lebt, vom König höchstpersönlich bestimmt worden ist.«
Hayla wand sich wie ein Fisch aus Mandrics Umarmung. Sie eilte zu Bosgard und kniete vor ihm nieder.
»Das hat nichts zu bedeuten, Mylord.« Instinktiv entschied sie sich für die offizielle Anrede. »Es war reiner Zufall …«
»Hayla, meine Liebe, es gibt keinen Grund, die Wahrheit zu verschweigen«, unterbrach Mandric sie. Er sah Bosgard offen ins Gesicht. »Ich weiß nicht, unter welchen Umständen Hayla hierhergekommen ist und warum sie hier ein Dasein als Magd fristen muss, aber ich kann Euch sagen, dass Hayla einst das Mündel des Königs war und unter seiner ganz persönlichen Obhut stand.«
Verzweifelt schloss Hayla die Augen und schlug die Hände vors Gesicht. Jetzt war alles aus! Das Verschweigen dieser Wahrheit würde Bosgard ihr nie verzeihen. Würde er ihr glauben, dass sie sie nur deshalb verschwiegen hatte, weil sie um ihr Leben fürchtete, da
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