Geliebter Normanne
Augenblick später stützte Hayla ihn, damit er sich ein Stück weit aufrichten konnte, und hielt ihm einen Becher an die Lippen. Kühl und frisch rann das Bier seine Kehle hinab, doch dann erfasste ihn ein so heftiges Schwindelgefühl, dass er sich stöhnend wieder zurücksinken ließ.
»Ihr müsst Euch schonen, Mylord. Es wird noch einige Zeit dauern, bis Ihr wieder völlig gesund seid.«
»Was ist geschehen, mein Herz?« Bosgard sah, wie Hayla bei der Anrede zusammenzuckte. »Gestern Abend, nachdem wir im Stall miteinander gesprochen hatten, bin ich ausgeritten und dann …«
»Es war nicht gestern Abend«, unterbrach Hayla und sah ihn besorgt an. »Es ist über eine Woche her, Mylord.«
»Eine Woche?«
Sie nickte. »Männer haben Euch am folgenden Tag gefunden und nach Hause gebracht. Seitdem lagt Ihr in Bewusstlosigkeit. Ihr habt eine große und tiefe Wunde am Kopf, Eure Rippen sind gebrochen und das Schlüsselbein wahrscheinlich ebenfalls.«
Bosgard stöhnte erneut. Dieses Mal aber nicht vor Schmerz, sondern aus Fassungslosigkeit über Haylas Worte.
»Wollt Ihr mir sagen, Sir, was im Wald geschehen ist?«
»Wenn ich das nur wüsste.« In knappen Worten schilderte Bosgard, woran er sich erinnerte.
Als er geendet hatte, nickte Hayla grimmig.
»Ich vermute, dass Ralph Clemency hinter dem feigen Anschlag steckt, Sir. Ihr hättet ihn nicht einfach so gehen lassen sollen. Er sinnt nach Rache und wird nicht ruhen, bis er Euch getötet hat.«
Zu der Erkenntnis war Bosgard inzwischen ebenfalls gekommen, denn auch er zweifelte nicht daran, wer für den Überfall auf ihn verantwortlich zu machen war. Dann jedoch fiel ihm etwas anderes ein.
»Hayla, wenn ich eine Woche hier bewusstlos lag – warum ist dann Lady Constance Aubrey noch auf Penderroc?«
Sofort fiel ein Schatten über Haylas Gesicht, und sie wandte den Blick von ihm ab.
»Als Eure Verlobte hat sie jedes Recht, bei Euch zu sein.« Hayla versuchte, ruhig und fest zu sprechen, aber Bosgard bemerkte, wie ihre Stimme zitterte. »Sie war um Euer Wohlergehen sehr besorgt.«
Hayla wollte ihm nicht sagen, dass Constance sich kaum um ihn gekümmert und ihr die ganze Arbeit und Sorge überlassen hatte. Sie würde nicht erzählen, wie Constance sich beim Anblick der offenen Wunde angeekelt abgewandt und sich geweigert hatte, den blutigen Verband zu wechseln.
Aber Bosgards Bemerkung machte sie stutzig.
»Was meint Ihr damit: Warum Lady Constance noch hier ist?«, fragte sie und hätte sich wegen ihrer Neugier am liebsten die Zunge abgebissen.
Bosgard versuchte, den Kopf ein wenig zu heben, und knirschte vor Schmerz mit den Zähnen, aber er unterdrückte ein Stöhnen und sagte: »Constance Aubrey und ich sind nicht verlobt. Wir waren es nie, und wir werden es niemals sein. Ich habe keine Ahnung, wie der König auf die Idee kommt, ich würde sie heiraten.« Er schilderte Hayla in knappen Worten den Inhalt des königlichen Briefes. »Auf jeden Fall habe ich Constance angewiesen, Penderroc am nächsten Tag zu verlassen, denn die Konsequenzen sind mir gleichgültig. Eine Anweisung, der sie sich offenbar widersetzt hat. Mein Unfall kam ihr dabei gerade recht.«
Hayla konnte nicht verhindern, dass ihr Gesicht zu strahlen begann, trotzdem blieb sie skeptisch.
»Es fällt mir schwer, Euch Eure Worte zu glauben, Sir.«
Bosgard streckte seine Hand aus, und Hayla konnte nicht anders, als diese zu ergreifen und fest zu drücken. Wie gut seine Berührung tat! Wie schön war der Blick aus seinen Augen, der voller Zärtlichkeit auf ihr lag. Obwohl ihr Herz Bosgard nur zu gerne glauben wollte, blieben Zweifel.
»Ich liebe dich, Hayla«, sagte Bosgard schlicht. »Es gibt nur eine einzige Frau, die ich zu heiraten gedenke, und diese Frau bist du. Es ist schade, dass der Bischof von Exeter noch nicht eingetroffen ist, denn dann wirst du vielleicht bereit sein, mir endlich zu glauben, wie ernst es mir ist.«
»Ihr habt … du hast wirklich nach dem Bischof geschickt?«
»Zweifelst du etwa daran?«
Hayla zögerte, dann nickte sie. »Ich dachte, es wäre eine Finte, um mich in Sicherheit zu wiegen. Und ich dachte … dass du das alles tust, damit ich« – sie errötete verlegen – »damit ich mit dir ins Bett gehe. Und dann willst du nichts mehr von mir wissen …«
Bosgard lachte laut auf, woraufhin sich sofort heftige Kopfschmerzen einstellten, trotzdem zog er Hayla näher an sich heran.
»Ich weiß schon lange, dass ihr Angelsachsen Sturköpfe seid, aber du
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