Geliebter Normanne
mehr Menschen in die Sache eingeweiht.« Mandrics Blick suchte den Haylas, die mit wachsbleichem Gesicht an einem Baumstamm lehnte. »Lady Elfgiva wusste Bescheid, ebenso Sir Leofric und ein paar andere mehr, von denen einige sogar noch am Leben sind. Warum, glaubst du, hat man dich nach der Eroberung so schnell und heimlich nach Cornwall gebracht und dich hier versteckt gehalten? Man wollte nur auf die Gelegenheit warten, König William zu stürzen und dich an seiner statt auf den Thron zu setzen.«
»Ihr habt keine Beweise.« Bosgards Stimme klang sicherer, als ihm zumute war.
»So, habe ich nicht?« Mandric kicherte. »Ihr werdet sehen, was ich für Beweise habe, wenn ich dem König von der Tochter Harolds Bericht erstatte.«
»Das werdet Ihr nicht wagen!« Bosgards Hand fuhr zu seiner Hüfte, doch da er seine Gäste gewöhnlich nicht bewaffnet empfing, hatte er kein Schwert umgegürtet.
Mandric interpretierte seine Bewegung richtig.
»Glaubt nicht, dass die Sache aus der Welt ist, wenn Ihr mich tötet, Sir Bosgard. Wie gesagt, es wissen noch mehrere Personen Bescheid, und diese haben den Auftrag, dem König die Wahrheit zu sagen, sollte mir etwas geschehen.«
»Was wollt Ihr damit erreichen?« Bosgards Augen verengten sich zu Schlitzen. »Welchen Nutzen wollt Ihr aus Eurem Wissen ziehen?«
Mandric sah zu Hayla. Sein Blick glitt über ihre schlanke Gestalt, und er leckte sich die Lippen.
»Ich will, dass das Eheversprechen eingehalten wird und dass Ihr mich mit meiner Braut unbehelligt ziehen lasst. Dann bin ich bereit zu vergessen, was ich weiß.«
»Niemals!«, rief Bosgard erregt. »Eher friert die Hölle ein!«
»Dann, Mylord, wird mir nichts anderes übrigbleiben, als König William mitzuteilen, dass der Mann, den er bisher für seinen Freund hielt, beabsichtigt, die Tochter Harolds zu heiraten und den König zu stürzen. Ich denke, Ihr wisst, was das für Euch und Hayla bedeutet?« Er drehte sich um und ließ Bosgard und die vor Schreck starre Hayla stehen. Dann rief er noch über die Schulter zurück: »Ihr erlaubt, dass ich mich jetzt zur Ruhe lege? Die letzten Stunden waren doch sehr aufregend und anstrengend.«
Bosgard hinderte Mandric nicht daran, ins Haus zurückzugehen. Er drehte sich zu Hayla um, die bleich wie der Tod war.
»Ich hatte keine Ahnung!« Das war das Einzige, was sie sagen konnte, dann sank sie ohnmächtig zu Boden.
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15. Kapitel
W as für ein entsetzlicher Alptraum, war Haylas erster Gedanke, als sie wieder zu sich kam. Sie lag in ihrem Bett, in der Kammer war es gemütlich warm, und beinahe hätte sie über den Traum, in dem ihr einstiger Verlobter behauptete, sie wäre die leibliche Tochter von König Harold, gelacht. Hayla hörte ein Geräusch, öffnete die Augen und sah Waline, die aus einem über dem Feuer hängenden Kessel einen wohlriechenden Sud in einen Zinnbecher goss.
»Was ist geschehen?« Hayla erschrak, als sie ihre belegte Stimme hörte.
Waline fuhr zu ihr herum, dabei verschüttete sie etwas von dem kochend heißen Trank, der ihr über die Finger lief.
»Aua, verflixt.« Sie stellte Kessel und Becher ab, schüttelte ihre Hand und eilte zu Hayla. Besorgt legte sie eine Hand auf deren Stirn. »Wie geht es dir, mein Kind?«
»Gut, ich bin nur etwas müde. Warum liege ich am helllichten Tag in meinem Bett?« Hayla deutete auf das Fenster, durch das Sonnenstrahlen fielen und bunte Kringel auf die Binsen malten. »Ich hatte einen recht seltsamen Traum …« Hayla verstummte, denn ein Blick in Walines Gesicht brachte sie schlagartig in die Realität zurück. Sie umklammerte fest Walines Handgelenk. »Es war kein Traum, nicht wahr?«
Die alte Magd senkte den Kopf und atmete tief ein und aus.
»Hayla, Mädchen, du musst wissen, dass …«
Waline brach ab, und plötzlich begann Hayla zu verstehen.
»Du hast es gewusst!« Sie richtete sich auf und schüttelte fassungslos den Kopf. »Du hast es von Anfang an gewusst! Deswegen hast du mich von den anderen Bewohnern der Burg abgeschirmt und warst so voller Ablehnung gegen die Normannen. Auch gegen Bosgard, obwohl er uns immer ein guter Herr war, aber du wolltest nicht, dass er und ich …«
Haylas Stimme brach.
Schnell holte Waline den Becher und gab ihn Hayla.
»Bitte, trink. Es ist Melisse mit etwas Honig. Der Trank wird dich beruhigen. Ja, ich gebe es zu, ich habe von dem Tag an, als sie dich nach Penderroc Castle brachten, gewusst, dass unser guter König Harold dein leiblicher Vater war, aber ich
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