Geliebter Rebell
Zungenspitze.
Da nahm er sie fest in die Arme und erwiderte den Kuß.
Aufreizend erforschte seine Zunge ihren Mund. Seltsam, dass die Gefühle, die er darin entfachte, sofort zu ihrem Bauch hinabströmten. Diese wunderbare Empfindung füllte ein Vakuum und wuchs zu schmerzlicher Sehnsucht.
Seine Finger glitten unter ihren Mantel, zu einer ihrer Brüste.
Sein Daumen streichelte die harte Spitze unter der dünnen Seide, und wenig später wanderte die andere. Hand zwischen ihre Schenkel.
Es geschah zu schnell, und doch erschien es ihr vollkommen natürlich, auf unfaßbare Weise. Erst in letzter Sekunde wich sie zurück, Schamröte stieg ihr ins Gesicht. Es war ihre Schuld, sie hatte ihn animiert. Und so sehr sie ihn auch begehrte, so durfte sie sich nicht verhalten. Noch nie hatte sie ihre Hemmungen verloren.
»Was ist los?« fragte er.
»Tut mir leid.« Ohne ihn anzuschauen, schloß sie ihren Mantel. »Ich bin schuld dran. Für gewöhnlich benehme ich mich nicht so. Nicht bevor ich einen Mann lange genug kenne.«
Eine Zeitlang sass er stumm neben ihr, dann stieg er aus und öffnete ihr die Beifahrertür.
»Du musst mich nicht zum Haus begleiten«, sagte sie unglücklich.
»Das möchte ich aber.« Er führte sie zur Haustür, fragte aber nicht, ob er hineinkommen dürfe. Unbehaglich stand sie da, den Tränen nahe. Im Licht der Lampe, die über dem Eingang hing, wirkte er sehr stark, sehr männlich. Wieder einmal spürte sie seine hypnotische Anziehungskraft, und es drängte sie, den Kopf an seine Schulter zu legen. Aber sie wagte es nicht.
Sanft berührte er ihre Wange. »In Zukunft solltest du zu Ende bringen, was du anfängst, meine Liebe.«
»Verzeih, ich wollte nicht…«
»Dann küß mich erst dann wieder, wenn du es wirklich willst.«
»Du verstehst nicht… Ich sagte doch, ich bedaure es…«
»O ja, ich verstehe alles. Und ich weiß, wie sehr du es bedauerst. Ich möchte dir nur einen Rat geben. Wenn du in Zukunft irgend etwas tust, solltest du dir vorher überlegen, ob du es wirklich willst und ernst meinst.«
»Keine Bange«, entgegnete sie leise und drehte den Schlüssel im Schloß herum. »Es wird
keine
Zukunft für uns geben.«
»Oh, ja, das wissen wir beide.«
Gayle hob den Kopf, um zu protestieren. Mondstrahlen fielen auf sein dunkles Haar und die breiten Schultern, Schatten glitten über sein Gesicht. Sie öffnete den Mund, brachte aber kein Wort hervor.
»Gute Nacht, Gayle«, sagte er höflich. »Wir sehen uns morgen in der Galerie.« Er wandte sich ab und kehrte zu seinem Auto zurück.
Während sie ins Haus ging und die Tür hinter sich versperrte, zitterte sie am ganzen Körper. Im Schlafzimmer zog sie sich rasch aus und schlüpfte in ihr ältestes Flanellnachthemd. Sie wusch ihr Gesicht, putzte die Zähne, und versuchte zu schlafen.
»Er ist der unausstehlichste Mann, der mir je begegnet ist«, versicherte sie der Zimmerdecke. Nun, morgen musste sie nur noch die Vernissage ertragen, und danach würde sie ihn nie Wiedersehen. Schmerzhaft begann ihr Herz gegen die Rippen zu hämmern. Nein… Sie warf sich unruhig im Bett umher, berührte ihre Lippen, dachte an die Gefühle, die sie bei Brents Kuß empfunden hatte. Als sie sich seinen nackten Körper vorstellte, wurde sie von heißen Wellen durchströmt.
Und wie wäre es, nackt neben ihm zu liegen, ihn zu spüren, hier in diesem Bett?
Es war eine sonderbare Nacht. Immer wieder wälzte sie sich hin und her, bis sie endlich im Reich tiefer Träume versank.
Kapitel 3
PERCY
Williamsburg, Virginia, Mai 1774
Sobald er sie sah, wusste er, dass er Himmel und Erde in Bewegung setzen würde, um sie zu erobern. Und wie er sehr schnell feststellte, konnte ein solches Wunder tatsächlich vollbracht werden.
Es war ein schöner Maitag. Soeben hatte die Sonne den Tau im Gras getrocknet und die Nebelschleier zerteilt, als Percy endlich die Straße nach Williamsburg erreichte. Trotz der langen, anstrengenden Reise lächelte er und genoß das wundervolle Wetter. Erst jetzt schien sein Leben wirklich zu beginnen.
Welch eine Pracht die Natur ringsum entfaltete…
Die Straßen waren schlammig in diesem Mai. Auf dem Ritt in die Stadt betrachtete er seufzend den Schmutz, der an seiner Kleidung klebte, vom Dreispitz bis zu den Stiefeln. Häßliche Hecken bedeckten die weiße Kniehose und das dunkelblaue Jackett. Nun, das liess sich nicht ändern. Während Goliath beim Schmied beschlagen wurde, wollte Percy in Mr. Griffiths Taverne gehen und sich um
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