Geliebter Rebell
Brent zu fliehen, davonzukriechen.
Aber warum fürchtete sie sich vor ihm? Sie liebte ihn – doch diesen Brent hatte sie nie zuvor gekannt, und sie wurde von kalter Todesangst erfaßt. »Nein!«
Sie sah nichts mehr in der Schwärze, schrie aus Leibeskräften, und dann löste sich alles in Nichts auf.
»Gayle!«
Schweißgebadet erwachte sie und bebte am ganzen Körper.
Er hielt sie in den Armen. »Liebste! Was ist denn los?«
Der schwarze Nebel war verflogen. Brent knipste die Nachttischlampe an. Beim Anblick seines besorgten Gesichts begann Gayles Angst zu verfliegen. »Ich, bringe dir ein Glas Wasser«, schlug er vor.
»Nein!« Sie preßte sich an seine Brust. »Laß mich nicht allein!«
Zärtlich streichelte er ihr Haar. »Du hattest einen bösen Traum. Jetzt ist es vorbei.«
»Ja…«
»Du zitterst immer noch. Gayle, ich bin hier, und ich liebe dich. Alles ist in Ordnung.«
»Ich weiß – aber ich hatte solche Angst.«
»Wovor?«
Wovor? Sie dachte nach, doch sie erinnerte sich nicht und schüttelte den Kopf.
»Sprich darüber, Liebling. Danach wirst du dich besser fühlen.«
»Ich hab’s vergessen.« Sie lachte, erst nervös, dann befreit.
Schuldbewusst lächelte sie und setzte sich auf. »Ich hab’ dich geweckt – tut mir leid. Wegen eines dummen Traums, an den ich mich nicht einmal erinnere, habe ich dich aus dem Schlaf gerissen. Ist das nicht verrückt?«
Grinsend strich er ihr das Haar aus der Stirn. »Völlig verrückt, aber ich liebe dich trotzdem.«
»Und ich dich…« Plötzlich verspürte sie das absurde Bedürfnis zu weinen, zu trauern, um irgend etwas, das gekommen und gegangen und nun verloren war.
»Bist du wieder okay, Gayle?«
»Ja. Halt mich ganz fest.«
Herausfordernd schaute er in ihre Augen, ehe er die Lampe löschte. »Wenn ich das tue – muss ich mich dann beherrschen?«
»Du kannst doch unmöglich schon wieder…«
»O ja. Willst du’s überprüfen? Hier, fühl mal…« Er griff nach ihrer Hand, bewies ihr, wozu er fähig war, und brachte sie zum Lachen. Er bedaure es zwar sehr, beteuerte er, aber sie besitze nun mal das einzigartige Talent, ihn immer wieder zu erregen.
Später wusste sie nicht mehr, dass sie in dieser Nacht jemals Angst empfunden hatte, und dachte nur noch an ihre Liebe.
Erst im Schlaf kehrten Fragmente des Alptraums zurück, um sie zu verfolgen.
Kapitel 8
DER BALL
Williamsburg, Virginia, Juli 1774
Lady Dearling gab einen Kostümball. Schöne Kutschen hielten am Straßenrand, elegant gekleidete Gäste stiegen aus.
In letzter Zeit sprach Katrina nur noch selten mit ihrem Bruder. Auf der Fahrt zu dem großen Fest bemühte sich Elizabeth, fröhliche Konversation zu machen. Hin und wieder gab Henry einsilbige Antworten, und Katrina versuchte zu lächeln. Als sie vor Lady Dearlings Haus ankamen, ergriff er ihren Ellbogen und half ihr aus dem Wagen. »Du weißt, was du tun musst, meine Liebe!« flüsterte er warnend.
Sie riß sich los und eilte den von Gänseblümchen gesäumten Gartenweg entlang. Inständig hoffte sie, Percy Ainsworth würde nicht zu den Gästen zählen. Doch man munkelte, Lady Dearling weigere sich, an die Möglichkeit eines politischen Konflikts in Wiliamsburg zu glauben. Unter ihrem Dach durfte nicht über Politik diskutiert werden. Sie lud einfach nur ihre Freunde ein, und damit basta.
Es war sehr wahrscheinlich, dass Percy auftauchen würde, ebenso wie Colonel Washington und einige andere Dissidenten.
Nur Lady Dearling war kühn genug, eine solche Party zu veranstalten. Doch es gab wohl keinen Mann, der es wagen würde, ihre Grosszügigkeit zu mißbrauchen und in ihrem Heim einen Streit anzufangen.
Katrina trug eine hübsche, kunstvolle Vogelmaske in Kobaltblau. Flaumige Federn umrahmten ihr Gesicht, der Kragen wiederholte das Brokatmuster des Unterrocks, der unter dem weißen, in Kniehöhe mit Blumen gerafften Kleid zum Vorschein kam.
»Elizabeth!« Lady Dearling begrüßte ihre Schwägerin, und die beiden Frauen, mit Straußenfedern maskiert, umarmten sich.
Wie Katrina feststellte, wurde Henry längst nicht so herzlich willkommen geheißen.
»Meine liebe Katrina! Wie groß du geworden bist, Kindchen!« Durch die Augenschlitze ihrer Maske zwinkerte Lady Dearling dem Mädchen zu, als teilten sie ein wundervolles Geheimnis. Katrina starrte sie verblüfft an, musste aber weitergehen, weil ihr andere Gäste folgten, und betrat den Ballsaal zu ihrer Rechten.
Die Musiker spielten bereits, elegant gekleidete Paare
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