Geliebter Rebell
Störungen, weil meine Mutter mich jeden Morgen auf der falschen Seite aus dem Bett gehoben hat.«
»Gayle…«
»Aber du willst es, Liebling, also tu’ ich’s.«
Ihr Lächeln schien den grauen Himmel über dem Friedhof ebenso zu erhellen wie die Sonne, die zwischen den Wolken hervorspähte. Brent musste grinsen. »Du gehst also auf meine dummen Launen ein?«
»Genau, Mr. McCauley.«
Er wurde wieder ernst. »Was hältst du vom Haus?«
»Vom Ainsworth-Haus?« fragte sie verwirrt. Er nickte, und sie hob die Schultern. »Es ist fabelhaft und sollte zu einem Nationaldenkmal erklärt werden.«
»Jetzt gehört es mir.«
»Ja…«, bestätigte sie vorsichtig.
»Ich möchte darin leben.«
Sie schwieg. Noch vor einer Woche wäre sie entzückt über die Aussicht gewesen, in ein so schönes historisches Haus voller Charakter und Anmut zu ziehen. Nun hegte, sie starke Bedenken. Onkel Hick war zwar alt gewesen, aber nicht senil – wenn Ria McCauley auch beharrlich versuchte, ihr das einzureden, seit er Brent beschworen hatte, Gayle nicht dorthin zu bringen.
Andererseits glaubte sie, dass Onkel Hick sie gemocht hatte.
Beim Hochzeitsempfang war er so freundlich zu ihr gewesen.
Brent beobachtete sie und wusste, was in ihr vorging. Erwünschte, sie würde zugeben, es sei lächerlich. Vielleicht war es das auch.
»Und dein Atelier?« fragte sie.
»Ich werde mir eins im ersten Stock einrichten, über der Küche. Aber es gibt auch einige Nebengebäude das alte Küchenhaus, die Spinnerei, die Mühle… Da könnte ich überall arbeiten.«
»Nein, besser im Haupthaus…«
»Du bist also einverstanden?«
»Was?« Eigentlich hatte sie nicht zustimmen wollen, obwohl sie das Haus liebte, ohne zu wissen, warum. Doch ihr Unbehagen liess sich nicht verdrängen.
»Ist es dir recht, wenn wir dorthin ziehen? Du bist doch nicht abergläubisch? Immerhin hast du in der AI CaponeSuite geschlafen – im Biltmore, erinnerst du dich?« Mit einem Lächeln bedeutete er ihr, er würde sie nur ein wenig hänseln. Es war sein größter Herzenswunsch, im Haus seines Onkels zu wohnen.
»Ein Psychiater und das alte Ainsworth-Haus, beides am selben Tag – noch dazu nach einem Begräbnis«, bemerkte Gayle trocken.
Brent kam zu ihr, umarmte sie und drückte sie gegen den steinernen Engel. Unter seinem Mantel trug er einen dunkelgrauen dreiteiligen Anzug mit hellblauem Hemd. Seine Wangen rochen immer noch nach Rasierwasser, der Wind hatte sein Haar über der Stirn zerzaust. Wie gut er aussieht, dachte Gayle, eine Kreuzung zwischen einem Teufel und einem spitzbübischen kleinen Jungen.
Sie konnte ihm nicht verdenken, dass er in das alte Haus übersiedeln wollte. Es war eine Kostbarkeit und sein Erbe.
»Ich liebe dich«, flüsterte er.
»Du manipulierst mich.«
»Keineswegs«, entgegnete er grinsend. »Zumindest nicht in der Öffentlichkeit.«
»Wir befinden uns auf einem Friedhof.«
»Ich bin ernst.«
Die Sonne verschwand wieder, düstere Wolken schienen die Bäume zu verschleiern. Angst stieg in Gayle auf. Immer hatte sie Brent vertraut und sich sicher bei ihm gefühlt. Jetzt nicht mehr… Sie strich über seinen Mantelkragen. »Gehen wir.«
Er hob die Brauen. »Was ist los?«
»Nichts. Ich möchte nur gehen.«
»Du hast mir keine Antwort gegeben.«
Seufzend zuckte sie die Achseln. »Natürlich werden wir in Hicks Haus wohnen. Ich liebe es auch.«
Brent nahm ihre Hand und führte sie zum Auto. Jetzt, wo die anderen Wagen davongefahren waren, kam es ihr so vor, als stünde es in weiter Ferne, tief unten am Hang.
»Wenn du dich dort unglücklich fühlst, können wir ja wieder ausziehen«, schlug Brent vor.
Gayle nickte. »Ich liebe das Haus«, versicherte sie.
Liebevoll küßte er ihre Hand. »Braves Mädchen.«
Sie stiegen in den alten Mustang. Während sie vom Friedhof wegfuhren, tauchte die Sonne wieder hinter den Wolken auf. Sie schien immer noch, als sie eine knappe Stunde später das Gartentor des AinsworthHauses erreichten. Es ist wirklich schön, dachte Gayle beim Anblick der roten Ziegel, der weißgetünchten Fassadenteile und der hohen griechischen Säulen. Eine breite Veranda umgab das ganze Gebäude.
»Bist du okay?« fragte Brent.
Sie zuckte zusammen und merkte, dass er sie immer wieder beobachtet haben musste, seit er in die lange Zufahrt gebogen war. Nun parkte er den Wagen, und ohne eine Antwort abzuwarten, eilte er um das Auto herum, öffnete ihr die Tür und half ihr auszusteigen.
Plötzlich erschauerte
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