Geliebter Schuft
Hand und führte ihn zur Tür. »Komm und lass dich in der Familie willkommen heißen.«
Max ging wohl oder übel mit, noch immer bemüht, zu begreifen, was sie gemeint hatte, als sie sagte, sie würde sich selbst erhalten. Ein Mann heiratete eine Frau und bestritt ihren Unterhalt. So war es doch. So musste es sein. Oder nicht? Er entschied sich, auch dieses Thema im Moment nicht weiter zu verfolgen.
Als sie die Halle betraten, hörte man Stimmen von jenseits der Treppenbiegung. Prudence, Chastity und Amelia kamen ins Blickfeld, in eine angeregte Unterhaltung vertieft. Prudence war es, die Max und Constance als Erste sah. Ihr Schritt stockte, als sie sich fragte, ob sie Amelia wieder die Treppe hinauf verfrachten sollte, ehe sie Max begegnete, doch Amelia nahm ihr die Entscheidung ab. Sie schritt unbeirrt weiter, hinunter in die Halle.
»Constance, ich sprach eben mit Ihren Schwestern«, sagte sie mit gut gespielter Unbefangenheit. »Guten Tag, Mr. Ensor.«
Max wunderte sich, wie es kam, dass die Gouvernante seiner Schwester nachmittags einen Besuch am Manchester Square machte, wenn sie seine Nichte hätte hüten sollen.
»Miss Westcott«, sagte er höflich und nur mit der Andeutung eines fragendes Tonfalls.
»Nicht Miss Westcott«, sagte Constance und wünschte, diese Enthüllung hätte bei passenderer Gelegenheit erfolgen können. Heute hatte es schon viel zu viele Enthüllungen gegeben. »Das ist Mrs. Henry Franklin, Max.«
Max sah sie an. Er sah auch ihre unschuldig lächelnde Schwester an. Dann sah er die ernste, doch entschlossene Miene Amelia Westcotts am »Henry?«, fragte er ungläubig. »Mein Sekretär, Henry Franklin?«
»Ja, so ist es«, sagte Constance, die ihn wachsam beobachtete. »Sekretäre dürfen auch heiraten.«
»Das geht mich nichts an«, erklärte er mit abwehrend erhobenen Händen. »Meine Schwester freilich ...«
»Ich bin aus Lady Grahams Diensten ausgeschieden, Mr. Ensor«, eröffnete Amelia ihm blass - aber entschlossen.
»Ich verstehe. Erst kürzlich?«
»Vor einer Stunde«, sage Prudence. »Ihre Schwester, Max, hielt es für richtig, Amelia der Pflichtvergessenheit zu bezichtigen, weil sie in ihrer freien Zeit Versammlungen der WSPU besuchte.«
»Die man ihr nur selten und in großen Abständen zugestand«, warf Chastity ein.
Amelia sagte daraufhin leise: »Lady Graham erhob ihre Anschuldigungen, als ich sie zufällig dabei ertappte, wie sie in meiner Privatkorrespondenz stöberte. Ich hatte das Gefühl, mir bliebe kein anderer Ausweg als die sofortige Kündigung.«
»Und seit wann sind Sie und Mr. Franklin verheiratet?«
»Seit einer Woche, Sir.«
Constance hatte ihn überredet, Henry anzustellen. Er hatte keinen Sekretär gebraucht, sie aber hatte eingewendet, sie wolle einem Bekannten einen Gefallen tun, der heiraten wollte und Arbeit brauchte, um eine Familie ernähren zu können. Kein Wunder, dass Henry donnerstags früher frei haben wollte, dachte Max verdrießlich. Wenn sein Gedächtnis ihn nicht trog, war es auch der freie Nachmittag der Gouvernante.
Max sah die drei Schwestern an, die seinen Blick mit einer Mischung aus Trotz, Mut und Zuversicht erwiderten. Dann wanderte sein spöttischer Blick zu seiner zukünftigen Frau. »Spielst du wieder Heiratsvermittlerin, Constance?«
»Das gehört zu unserem Geschäft«, sagte sie mit einem kleinen Schulterzucken. »Ich erklärte schon, dass wir uns selbst erhalten müssen.«
»Ja«, sagte er matt, »das hörte ich bereits.« Er wandte sich wieder Amelia zu. »Bitte, nehmen Sie meine Glückwünsche entgegen, Mrs. Franklin.«
»Danke, Mr. Ensor.« Amelia zögerte, dann sagte sie: »Hoffentlich wird damit nicht die Stellung meines Mannes ...«
Max beeilte sich, sie zu unterbrechen. »Wohl kaum, Madam. Ihr Mann und ich kommen sehr gut miteinander aus. Ich wünsche Ihnen das Beste für ihr künftiges Leben. Falls ich etwas tun kann, um wegen Ihrer Kündigung bei meiner Schwester etwas ins Lot zu bringen, dann zögern Sie nicht, es mir zu sagen.«
»Nun, das könnten Sie tatsächlich«, sagte Chastity, ehe Amelia sein Angebot ausschlagen konnte, das ihrer Erfahrung nach purer Höflichkeit entsprang. »Letitia lässt nicht zu, dass Amelia ihre Sachen abholt.«
»Ich kümmere mich darum«, erwiderte Max. »Geben Sie mir Ihre Adresse, Mrs. Franklin, und ich werde dafür sorgen, dass Ihnen am Morgen Ihr Hab und Gut gebracht wird.«
»Sie sind zu gütig, Mr. Ensor.«
Er verbeugte sich. »Es ist das Mindeste, was ich tun
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