Geliebter Teufel
nicht Vincent! Das sah ihm ähnlich. Er hatte ihn nur benutzt, um sie zu beeinflussen, und doch war es seine Aufmerksamkeit, die ihn dazu bewogen hatte, ihn zu kaufen. Sie würde ihren Onkel nie verstehen, niemals begreifen, warum er das tat, was er tat, und doch mochte er sie auf seine Art. Er war gut zu ihr und ihr einziger Verwandter. Das Entsetzen über den Vorfall in dem Indianerdorf, ihre Zweifel und Unsicherheiten änderten nichts an der Zuneigung, die sie für ihn empfand.
»Danke, daß Sie mir das gesagt haben, José.«
»Der Sattel ist wunderschön, nicht wahr?«
»Ja, er ist sehr schön.« Liebevoll strich sie mit der Hand über das kunstvoll von Hand verzierte Leder und konnte im ersten Moment kaum schlucken. Wie konnte Onkel Fletcher einerseits so nett sein und andererseits so grausam?
Sie nahm die Zügel in ihre Hände und drängte den Braunen vorwärts. Kaum daß die Scheune aus ihrem Blickfeld verschwunden war, beugte sie sich über den Hals des Tieres und trieb es zum Galopp an. Sie wollte den Wind auf ihren Wangen fühlen, und auch wenn sie kein direktes Ziel hatte, wollte sie sich so weit wie möglich von der Ranch entfernen. In der finsteren Stimmung, in der sie sich befand, suchte sie verzweifelt nach einem Lichtstrahl.
Vielleicht ritt sie deshalb zu dem seichten Teich unten am Fluß, der in den Bergen entsprang. Dort war sie glücklich gewesen, hatte sich der Zärtlichkeiten ihres Mannes erfreut, geborgen und sicher gefühlt wie nie zuvor. Ob nicht von dem Glück, das sie hier erfahren hatte, etwas übriggeblieben war? Würde das nicht ihre bedrückte Stimmung heben?
Carly hoffte es inständig. In den vergangenen drei Wochen batte sie sehr um Ramon getrauert, obwohl sie sich bemüht batte, ihn zu vergessen. Doch innerlich fühlte sie sich leer und verloren. Nach dem Gespräch mit ihrem Onkel war der Kummer über die Trennung von Ramon erneut aufgebrochen und drohte jetzt, sie vollkommen zu überwältigen.
Sie fand den Fluß, obwohl sie nicht sicher gewesen war, daß sie es schaffen würde, stieg vom Pferd und folgte ihm bis zu dem Teich. Dort band sie das Tier unter einer Platane fest. Eine leichte Brise wehte durch die Zweige, aber es war angenehm warm, und überrascht merkte sie, daß sie ins Schwitzen kam. Vielleicht lag es aber auch nicht an der Wärme, sondern an ihren Gedanken. Ramon und die Art, wie er sie dort in dem weichen, grünen Gras genommen hatte, gingen ihr nicht aus dem Sinn.
Es schmerzte sie, nur an ihn zu denken. Vermutlich hätte sie lieber nicht herkommen sollen.
Sie kniete sich an den Teichrand, faßte ins Wasser und öffnete die obersten Knöpfe an ihrem Kostüm, um sich ein wenig zu erfrischen. Ihr Blick glitt über die schimmernde Wasseroberfläche des Teichs, und ihr fiel ein, daß es an jenem Tag kühler gewesen war. Deshalb hatten sie nicht im Wasser gebadet.
Heute war es nicht kühl, und plötzlich empfand sie das Bedürfnis, in dem Wasser die Trauer abzuspülen, die sie nicht loszuwerden schien. Sie öffnete die Knöpfe ihres Kostüms, setzte sich hin, um die Stiefel auszuziehen, und rollte ihre Strümpfe herab. Dann faßte sie nach den Schnüren ihres Korsetts.
Ein leichtes Rascheln erklang hinter ihr. Erschrocken schaute sie auf. Sie trug nur noch ihr Korsett, die dünne Unterhose und das Hemd, als sie ihren Mann auf einem Felsen am Rand des Teiches sitzen sah. Er kaute auf einem langen Grashalm herum und beobachtete sie mit unergründlichem Blick. Er sah so gut aus wie an dem Tag, als sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte.
»Buenas tardes... mi amor.« Bitterkeit schwang in seiner Stimme mit und triefte wie Gift aus seinen Worten.
»Was machst du denn hier?«
Gleichmütig hob er die breiten Schultern. »Dasselbe wie du, schätze ich. Auf der Suche nach Erfrischung von der Hitze.« Er warf den goldbraunen Halm weg, stand auf und kam auf sie zu. Seine Bewegungen wirkten geschmeidig und anmutig wie die einer Raubkatze, die sich auf ihr Opfer stürzen will.
Unwillkürlich wich sie einen Schritt zurück. »Das ist del Robles-Boden. Du betrittst ihn unerlaubt.« »Aber querida ... sicher wirst du deinem Mann nicht mißgönnen, einen Ort zu besuchen, den er aus Kindertagen in guter Erinnerung hat.« Er hielt nicht inne, blieb nicht eher stehen, bis er bei ihr war und sie zwang, zu ihm aufzuschauen.
Carly befeuchtete nervös ihre Lippen, die sich plötzlich so trocken anfühlten, daß sie kaum sprechen konnte. »Ich ... ich bin nicht angezogen. Zumindest
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