Geliebter Teufel
ein hübsches Mädchen war, mit ihrer hellen Haut und dem feurigen Haar, mit dem zarten, ovalen Gesicht und dem Grübchen in der Wange -wie von Engeln geküßt, hatte er dazu sagen hören. Sie war zierlich, aber nicht zerbrechlich, hatte volle Brüste und eine unglaublich schmale Taille.
Zuerst, als sie einander gegenübergestanden hatten, hatte er den Eindruck gewonnen, sie sei anders als ihr Onkel - herzlicher und zuvorkommender. Doch allzubald hatte sie bewiesen, daß sie nicht anders war, als er erwartet hatte, nämlich ganz die verwöhnte, gebildete junge Dame, die sich kühl, abweisend und überheblich gab.
Nach ihrer Rückkehr aus dem Haus hatte er sie um einen Tanz gebeten, doch sie hatte ihn abgelehnt, höflich, aber auffallend distanziert. Gleich darauf schon hatte sie mit Vincent Bannister getanzt. Warum auch nicht? dachte er. Bannister besaß weitaus mehr Geld, und Geld war immer das, wonach eine Frau wie sie Ausschau hielt.
Ramon hatte eine Reihe solcher Frauen kennengelernt. Sie kamen während der Saison nach Madrid, reisten auf Kosten ihrer Ehemänner und suchten Abenteuer in einem fremden, fernen Land, wurden leicht Beute für einen Mann wie ihn ... oder vielleicht war es auch umgekehrt.
Im Mondlicht erspähte Ramon flammendrotes Haar, sah die smaragdgrünen Augen, zu denen die Farbe ihres Kleides paßte, und dachte an solch eine andere Frau. Lillian Schofield. Lily mit den großen, blauen Augen und dem hellblonden Haar. Lily - die Frau, die er geliebt hatte.
Er schaute wieder zu Fletcher Austins Nichte hinüber. Sie war jünger als Lily, aber mit der Zeit würde sie genauso werden ... wenn sie nicht schon so war. Dennoch mochte es interessant sein, mit ihr ins Bett zu steigen. Verführerisch war sie jedenfalls, und die kleine Rache an ihrem Onkel dabei würde ihm die Eroberung um so mehr versüßen.
Doch Austin war ein mächtiger Mann, und in den augenblicklichen Zeiten war das viel zu gefährlich. Außerdem gab es andere, an die er denken mußte.
Er beobachtete, wie sie sich mit Royston Wardell unterhielt, einem weiteren reichen Freund ihres Onkels. Lächelnd schaute sie unter ihren dunklen Wimpern zu ihm auf und lachte dann leise über etwas, das Wardell gesagt hatte. Ja, sie war mehr als verlockend. Vielleicht sollte er noch etwas abwarten und ...
»Buenas noches , Don Ramon.«
Er hob seinen Blick und sah Isabel Montoya neben sich stehen. Es überraschte ihn, daß er sie nicht hatte kommen hören.
»Guten Abend, Señorita Montoya. Ich hoffe, Sie amüsieren sich gut.«
Volle rote Lippen verzogen sich zu einem hübschen Schmollmund. »Da mi novio geschäftlich unterwegs ist, macht es mir nicht soviel Spaß. Manchmal ist es schwer, sich selbst zu unterhalten, nicht?«
Er lächelte. » Si , Señorita. Es ist immer schmerzlich, wenn ein lieber Mensch nicht bei einem ist.«
Isabel lächelte schwach. Sie hatte schwarzes Haar und dunkle Augen, war jung und makellos schön. »Ich habe überlegt... ich dachte ... vielleicht... da Sie auch allein sind heute abend, könnten wir einander unterhalten.«
Er runzelte die Stirn. »Ich glaube nicht, daß Ihr Verlobter davon begeistert wäre. Außerdem sind Sie nicht allein hier. Ihr Vater und Ihre Mutter, Ihre Schwester und Ihr Bruder begleiten Sie, wie auch Ihre dueña Louisa.«
Große, dunkle Augen richteten sich auf ihn. Unter ihrer weißen Spitzenmantilla erschien sie ihm noch jünger als sechzehn.
»Sicherlich haben Sie keine Angst vor meinem Vater... oder vor Don Carlos.« Kühn strich sie mit ihrer Hand über seinen Jackenaufschlag und schaute ihn eindeutig auffordernd an. »Ich habe gehört, daß Sie, wenn es um die Damen geht...«
Er umfaßte ihr Handgelenk und unterbrach sie. »Sie vergessen, Señorita, daß Don Carlos Ramirez - Ihr Verlobter - mein Freund ist. Ich werde nichts tun, was diese Freundschaft verletzt.« Er drehte sie um und schob sie in die entgegengesetzte Richtung. »In Zukunft, Señorita, falls ich von ähnlichem Verhalten erfahre, wie ich es heute abend bei Ihnen erlebt habe, werde ich auf jeden Fall Ihren Vater darüber informieren. Vielleicht finden Sie eine Weidenrute hinreichend unterhaltsam.«
Sie wirbelte herum und straffte sich. Ihre Augen funkelten zornig. Er hielt sie davon ab, etwas zu erwidern.
»Noch ein Wort, niña , und ich werde es auf der Stelle tun.«
»Sie ... Sie sind kein Gentleman.«
»Und Sie, chica, benehmen sich wohl kaum wie eine Lady. Gehen Sie jetzt, und überlegen Sie das nächste Mal
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