Geliebter Teufel
daß ich den Pfad gefunden habe, der in diese Richtung führte, daß mir ein alter Indianer gezeigt hat, wo Rancho del Robles liegt. Ich habe nichts gesehen, was dir hilfreich wäre, um sie zu finden.
Ich wünschte, ich könnte dir mehr berichten, aber ich kann es nicht.«
Sie saßen in seinem Arbeitszimmer auf dem braunen Ledersofa vor dem Kamin. Draußen war es noch warm, ein herbstlicher Septembertag, deshalb brannte auch kein Feuer. Dafür funkelten die grünen Augen ihres Onkels um so mehr.
Ein Mann namens Jeremy Layton saß ihnen gegenüber. Er war der Sheriff von San Juan Bautista. »Was ich nicht verstehen kann, Miss McConnell, ist, daß er nicht versucht hat, schon früher eine Lösegeldforderung für Sie zu stellen. Warum hat er damit so lange gewartet?« Der Sheriff war ein Mann um die Vierzig, sehnig, blond und knochig, mit stark gebräunter Haut und leicht wettergegerbtem Gesicht.
»Ich ... ich weiß es nicht. Ich glaube, er wollte, daß mein Onkel sich große Sorgen macht. Wahrscheinlich mag er ihn nicht sonderlich.« Es war schwerer zu lügen, als sie gedacht hatte. Die Geschichte wurde immer umfangreicher mit jedem Erzählen.
»Keiner von diesen Dieben mag mich.« Ihr Onkel ballte die Hand zur Faust. »Sie können sich nicht damit abfinden, daß sie den Krieg verloren haben. Sie waren zu schwach, ihren Besitz zu halten, jetzt lassen sie es an jedem Amerikaner aus, der ihren Weg kreuzt.« Durchdringend schaute er Carly an. »Erzähl mir noch mal, wie dieser Bastard aussah.«
Carly fröstelte und dachte an Villegas, den Schurken, den sie für sich als El Dragon bezeichnete. Der häßliche Bandit sah Roman de la Guerra so wenig ähnlich wie sonst irgendein Mann, den sie je kennengelernt hatte. Und glücklicherweise war er tot. Müde rieb sie sich die Schläfen. Allmählich bekam sie Kopfschmerzen.
»Wie ich schon sagte, er war ein großer, stämmiger Mann mit einem langen schwarzen gezwirbelten Schnäuzer. Ihm fehlte ein Schneidezahn, und der Zahn daneben war eine Goldkrone.«
Nach der ersten Überraschung, daß sie heimgekehrt war, nach einer festen, kurzen Umarmung und der Sorge um ihr körperliches Wohl hatte ihr Onkel begonnen, sie mit seinen endlosen Fragen zu überschütten.
»Klingt das nach jemandem, den Sie kennen, Sheriff Layton?« fragte er.
»Nicht direkt, aber wenn ich wieder in der Stadt bin, werde ich den Stapel der Fahndungsposter auf meinem Schreibtisch durchsehen. Könnte sein, daß ich irgend etwas übersehen habe.« Der Sheriff war zuerst nicht da gewesen, als Carly heimgekehrt war. Er war erst am heutigen Morgen auf der Ranch eingetroffen, vier Tage nach ihrer Rückkehr.
Vier Tage. Ihr kam es vor wie vier Wochen.
»Erzähl uns noch mal, was sie mit den gestohlenen Pferden gemacht haben«, drängte ihr Onkel. »Du sagtest, du glaubst, sie hätten sie verkauft?«
»Ja. Ich habe gehört, wie einer der Männer sagte, daß das Geld eine gute Weile reichen dürfte.« Er war überzeugt, sie hätte etwas bemerkt haben müssen, was ihnen helfen würde, die Verbrecher aufzuspüren. Und um so überzeugter er war, desto entschlossener wurde Carly, ihr Wort nicht zu brechen.
Fletcher seufzte und lehnte sich erneut gegen das gepolsterte Ledersofa. »Es tut mir leid, meine Liebe. Ich weiß, die ganze Angelegenheit war schrecklich für dich. Ich bin heilfroh, daß du diesem Bastard entkommen bist..., ehe er sich irgendwelche Freiheiten dir gegenüber herausnehmen konnte.«
Sie bemühte sich, nicht zu erröten, wehrte sich verzweifelt, nicht daran zu denken, wie Ramon ihre Brüste umfaßt hatte, ihre Knospen sich unter dem Stoff ihrer Bluse aufgerichtet hatten, als er ihre Schenkel berührt hatte. Sie versuchte die Erinnerung an seine Küsse, an das Eindringen seiner Zunge zu verdrängen. »Das bin ich auch«, flüsterte sie.
Ihr Onkel musterte sie scharf, sagte aber nichts weiter dazu. Statt dessen wandte er sich an den Sheriff. »Es tut mir leid, Jeremy. Ich hatte gehofft, daß meine Nichte sich an mehr erinnern würde, bis Sie kommen.«
»Ich bin sicher, es war schwer für sie, und sicherlich ist es nicht einfach, sich an alles erinnern zu müssen.« Er stand auf und schaute Carly an. »Es tut mir leid, daß Sie das alles noch mal durchgehen mußten, Miss, aber ich versichere Ihnen, das war notwendig. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, soll Ihr Onkel mir das berichten lassen.« Er nahm seinen braunen Filzhut von der Sessellehne und ließ ihn auf seinem sehnigen Finger kreisen.
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