Geliebter Teufel
seinem rechtmäßigen Platz neben seinem Vater auf dem Friedhof oben auf dem Berg ruhen. Sie schaute zu Ramon hinüber, der am Fenster stand und den Blick auf den westlichen Horizont gerichtet hielt.
Sie hob ihre dunkelbraunen Bombazinröcke an, durchquerte das Zimmer und legte ihre schmale Hand, auf der die Adern deutlich hervortraten, auf seinen muskulösen Unterarm. »Was hast du, Ramon? In letzter Zeit bist du so anders. Ich weiß, daß du um deinen Bruder trauerst, aber ich habe nicht das Gefühl, daß es das ist, was dich so beschäftigt.«
Er wandte sich ihr zu und verdrängte die Schatten aus seinen Augen. Doch das gelang ihm nicht, bevor sie es nicht bemerkt hatte. Er sah so gut aus und war anziehender als jeder Mann, den sie je kennengelernt hatte ... bis auf Esteban.
Ramon lächelte freundlich. »Es tut mir leid, tía. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Ich muß an die Menschen im Lager denken. So ohne Andreas wird El Dragón nicht mehr lange seine Freiheit behalten.«
Ihr Griff um seinen Arm verstärkte sich. »Selbst wenn dein Bruder noch leben würde, früher oder später wärt ihr beide erwischt worden. Das hast du versucht, ihm von Anfang an klarzumachen. Du hast ihm oft genug gesagt, wie sinnlos seine Mühe ist, daß es einen anderen Weg geben muß, wie wir rechtmäßig das wiederbekommen, was uns gehört. In deinem Herzen glaubst du noch immer, daß das die Wahrheit ist.«
Er faßte nach ihrer Hand, die von Altersflecken gezeichnet war. »Si, das ist es auch. Aber damit läßt sich nicht das Problem lösen, wovon wir unsere Leute ernähren sollen.«
»Sie sind stark, Ramon. Sie werden überleben, auch ohne deine Hilfe. Du kannst dich nicht um sie alle kümmern.«
»Wäre ich nur hiergewesen, als Vater mich brauchte ... wäre ich nicht in Spanien gewesen ...«
»Das ist nicht deine Schuld. Dein Vater hat geglaubt, das Gericht würde seinen Titel achten. Er dachte, er würde allein mit dem Problem fertig werden. Bis du erfahren hast, was geschehen war, war es schon zu spät.«
Das wußte er alles, doch fühlte er sich deshalb nicht weniger schuldig. Wäre er hier gewesen, hätte er vielleicht etwas tun können, um ihren Besitz zu retten. Sein Vater wäre nicht darüber krank geworden und an gebrochenem Herzen gestorben.
»Was hast du vor?« erkundigte sich Teresa.
Ramon schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.« Er schaute wieder aus dem Fenster und starrte nach Westen, wie er es schon so viele Male getan hatte. Er hatte behauptet, er mache sich Sorgen um seine Leute. Teresa wußte zwar, daß das stimmte, aber sie hatte das Gefühl, es müsse noch etwas anderes sein, das ihn so beschäftigte.
»Wirst du am Samstag zu Señor Austins fandango gehen?« Einer der Vaqueros von Rancho del Robles hatte am Nachmittag die Einladung gebracht.
»Ich bin mir nicht sicher.« Er schaute sie an. Wieder wirkte er betrübt. »Es sei denn, du und Mutter, ihr wollt hingehen.«
»Du weißt, daß wir in Trauer sind.«
»Wir trauern alle, aber die Anglos wissen das nicht, und wir dürfen es ihnen auch nicht zeigen. Außerdem wäre die Musik und die Fröhlichkeit gut für euch beide.«
Sie spürte, daß sie Zusagen sollten - um Ramons willen -, daß sie eine Ausnahme machen sollten, sich nicht an die Tradition, die alten Bräuche und Sitten halten sollten. Er wollte gehen. Sie wußte nicht, warum, aber sie konnte es ihm ansehen. Dennoch glaubte sie, er würde seinem Wunsch nicht nachgeben.
»Vielleicht ist das eine gute Idee«, erwiderte sie und musterte ihn aufmerksam. »Es sind nur noch wenige de la Guerras da, nur wir drei, abgesehen von deinem Cousin und deiner Cousine. Da Maria und der arme, liebe Angel so weit weg sind, sollten wir das tun, was für uns das beste ist. Es ist sicher ganz nett, wenn wir hingehen.«
Er lächelte, aber gleichzeitig lag eine Finsternis in seinem Blick, die sie nicht verstand. »Bien. Wenn du es so möchtest, werden wir hingehen.«
Teresa tätschelte ihm die Hand. »Ich werde mit deiner Mutter sprechen. Ich glaube, sie wird mit mir einer Meinung sein.« Zu Anfang nicht. Anna richtete sich grundsätzlich danach, was sich gehörte, und sie trauerte sehr um ihren Sohn. Doch liebte sie auch Ramon und würde alles für ihn tun.
Teresa wollte unbedingt wissen, was es mit Rancho del Robles auf sich hatte, daß die Aufmerksamkeit ihres Neffen ständig davon angezogen wurde und er seine Stirn in Falten legte, als bereite ihm etwas großen Kummer.
11. Kapitel
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