Geliebter Teufel
eine fandango. Eine Party war das letzte, wonach Carly der Kopf stand, aber Vincent Bannister und sein Vater waren vor drei Tagen eingetroffen. Offenbar wollte ihr Onkel sie stilgerecht unterhalten.
Mit einem innerlichen Seufzer der Resignation wandte sie sich ihrem persönlichen jungen spanischen Dienstmädchen zu. »Bist du bald fertig, Candelaria?« Sie saß vor dem Spiegel, der sich auf ihrer mit Schnitzereien verzierten Eichenkommode befand. Unruhig rutschte Carly hin und her, während das Mädchen ihr Haar aufsteckte. Candelaria war inzwischen ziemlich geschickt darin, wenn man in Betracht zog, daß sie diese Arbeit noch nicht oft gemacht hatte.
»Si, Señorita. Einen Moment, dann sind Ihre wunderschönen Locken alle gut frisiert.« Sie war ein hübsches Mädchen mit vollem rundem Gesicht und der Veranlagung, später rundlich zu werden, hatte aber helle Haut, braunes Haar und große, braune Augen mit dichten, schwarzen Wimpern.
Carly mochte das Mädchen. Es war immer freundlich und gut gelaunt. Zu Anfang hatte Carly sich so einsam gefühlt, daß sie sich Candelaria anvertraut hatte. Jetzt war es ihr peinlich, wie offen sie über manches mit ihr gesprochen hatte. Sie hatte ihr von ihrer Mutter und ihrem Vater erzählt und dem Leben in Armut, das sie in den Kohlengrubensiedlungen geführt hatte.
Ihr Onkel würde vor Scham sterben, wenn er das wüßte.
Carly seufzte. Vermutlich spielte es aber keine Rolle. In gewisser Weise waren sie und Candelaria Freundinnen geworden. Ihr Onkel würde es kaum gutheißen, aber es lag ihr nicht, sich über andere zu erheben.
Offenbar rann nicht ein einziger Tropfen fürstliches Blut durch ihre Adern.
Bei dem Gedanken runzelte Carly die Stirn, und ihr Magen verkrampfte sich vor Nervosität. Die Familie de la Guerra war auch eingeladen. Sie hätte gern gewußt, ob Ramon auch kam.
»Sie sehen wunderschön aus, Señorita McConnell.« Candelaria trat einen Schritt zurück, um ihre Arbeit in Augenschein zu nehmen, die aufgesteckten kupferfarbenen Locken, die im Lampenlicht rot schimmerten und sich deutlich von dem topazfarbenen Kleid abhoben. Es hatte einen gewagten, tiefen Ausschnitt und gab einen guten Teil ihrer Brustansätze frei. Auch ihre Schultern waren leicht entblößt. Der Rock war weit geschnitten, leicht glockig, und die schmale Taille vorn im V Schnitt eingesetzt. Dunkelbrauner Samt zierte den Rand des Kleides, zusammen mit kräftiger goldener Spitze.
»Ihr Onkel wartet sicher schon«, drängte Candelaria. »Sie wollen ihn doch nicht verstimmen.«
Nein, das wollte sie nicht, aber sie wollte auch keinen weiteren Abend mit Vincent verbringen.
Schicksalsergeben stand sie auf. Bei jeder Gelegenheit führte ihr Onkel sie zusammen. Tatsächlich hatte Carly zu Anfang versucht, sich vorzustellen, sie würde Vincent heiraten. Onkel Fletcher würde sich riesig freuen. Sie konnte nicht von ihm verlangen, daß er auf immer und ewig für sie sorgte.
Es dauerte nicht lange, bis sie herausfand, was für ein schreckliches Schicksal sie an Vincents Seite erwartete.
»Ich brenne darauf, daß du in die Stadt kommst«, hatte er ihr eines Abends auf einem kleinen Spaziergang unter den hohen Eichen hinterm Haus gestanden. »San Francisco ist unglaublich aufregend.« Er seufzte dramatisch. »Natürlich läßt es sich mit Philadelphia nicht vergleichen.« Die Stadt aus der er stammte. »Du triffst nicht annähernd auf die gleiche Sorte Leute oder den gleichen Grad an Bildung, aber zumindest kannst du dort eine anständige Mahlzeit bekommen. Du mußt nicht ständig diese gräßlichen Tortillas und Bohnen essen, mit denen man sich hier begnügen muß.«
»Also, ich mag das Essen sehr«, erwiderte Carly ein wenig abweisend. Sie hatte versucht, ihn auf andere Themen zu bringen, aber er kehrte zu seiner Abneigung dem Landleben gegenüber, seinen Vorurteilen über die spanischen Grundbesitzer oder sein Lieblingsthema - sich selbst - zurück. Er schien sich nur dafür zu interessieren, wer wer war in der Gesellschaft von San Francisco, wer das meiste Geld hatte und für die Geschäftsangelegenheiten seines Vaters.
»Eines Tages wird den Bannisters ganz San Francisco gehören«, prahlte er. »Die Frau, die ich einmal heirate, lebt wie eine Königin.« Er wandte sich ihr zu und faßte unter ihr Kinn. »Du könntest die Frau sein, Caralee. Alle Frauen der Stadt würden dich beneiden ... und mich alle Männer.«
Dann hatte er sich vorgebeugt und sie geküßt. Carly hatte die Augen zugemacht
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