Geliebtes Landleben
immer ein, wenn ein Kind ein volles Geständnis ablegte und die Wahrheit sagte. Das tat Christopher und gab den bösesten Streich seines Lebens zu. Später erzählte mir Paul davon.
»Natürlich hat der kleine Teufel Nell aus dem Schuppen gelassen, bevor Peter ankam, so hatte der arme Kerl natürlich keine Ahnung, daß sie nicht frei ’rumlaufen sollte. Christopher hat ihm erzählt, daß er mit Nell bei der großen Parade erscheinen wollte, bat ihn jedoch, sie solange im Kofferraum zu lassen, daß es eine Überraschung für uns werden sollte, — was es auch war. Er fand irgendeine Ausrede, damit Peter vor dem Tor parkte, so daß die anderen Hunde sie nicht rochen, dann hat er sich weggeschlichen und sie mitten in der Parade ’rausgelassen. Den Rest kennst du ja... Du kannst dir vorstellen, wie Peter sich fühlte. Kein Wunder, daß er abgehauen ist.«
»Wie ungezogen, und Peter auch noch hineinzuziehen!«
»Da müssen wir gerecht sein, ich glaube nicht, daß er daran gedacht hat. Wie er sagte, wollte er nur >die Hunde rennen sehen< und seiner Freundin Christina die Möglichkeit geben, zu gewinnen. Er wußte, daß der alte Mouse ein gutes Tempo entwickeln würde, was er auch getan hat.«
»Für dich war es ziemlich schlimm.«
»Ja. Ich habe ihm erklärt, daß er mich vor dem gesamten Bezirk lächerlich gemacht hat, und das tat ihm leid... Es war einfach nur einer von seinen albernen Streichen.«
Obwohl mich diese Ungezogenheit wirklich bestürzte, versöhnten mich die Worte des Kindes etwas, als ich ihm Gute Nacht sagte. Wir hatten ihn früh ins Bett geschickt — eine Woche kein Fernsehen, das war seine Strafe, und als ich in sein Zimmer ging, sah er aus, als hätte er heimlich eine Träne der Reue vergossen. Ich nahm keine Notiz davon und sprach nicht über den Vorfall. Das war Pauls Angelegenheit. Aber als ich das Licht löschte, sagte eine zaghafte Stimme: »Es war ziemlich gemein von mir, nicht? Aber ich habe das nicht gewußt... Das heißt, vielleicht schon, aber ich habe gedacht, es wäre lustig.«
»Es war nicht sehr lustig für Vati, aber es ist gut ausgegangen.«
Am nächsten Morgen machte sich ein verlegener kleiner Junge mit hochrotem Kopf auf, um zu Peter zu reiten, denn Paul hatte darauf bestanden, daß er sich entschuldigte. Ich erfuhr nicht, wie es verlief, aber Peter war sicherlich freundlich und tolerant gewesen, denn er konnte gar nicht anders sein. Sie kamen gemeinsam zurückgeritten, und es wurde nicht darüber gesprochen, bis das Kind weg war, und Tony meinte: »Auf jeden Fall hat es Leben in den Kälbchentag gebracht! Trotzdem weiß ich nicht, was in Christopher gefahren ist.«
Peter, der Tony seit ihrer Verlobung mit Oliver kaum gesehen hatte, sagte ruhig: »Ich glaube, er weiß es selbst nicht. Als ich so alt war wie er, habe ich keinen Streich ausgelassen. Er fand es einfach lustig und glaubte, Christina würde mit Mouse gewinnen; er hatte keine Ahnung, welche Schwierigkeiten er den Leuten machte.«
»Und wie lächerlich er seinen Vater machte«, fügte Paul hinzu.
Peter wechselte das Thema und sagte freundlich zu Tony: »Dein guter Freund hat neulich nachts nach dem Kind meines Schäfers gesehen. Sehr nett von ihm, wegen einer Diphterie noch im Regen hinauszufahren. Die Mutter hat offensichtlich die Nerven verloren, und ich weiß nicht, was passiert wäre, wenn der Doktor nicht gekommen wäre. Aber er hat bestimmt geflucht, daß sein gemütlicher Abend gestört wurde.«
Tony strahlte über das ganze Gesicht. »Oh, Oliver flucht nie. Er weiß, daß das alles zu seiner Arbeit gehört — und so ist es auch«, schloß sie bestimmt.
Paul, der mehr als einmal erklärt hatte, man könne von Oliver nicht erwarten, daß er sein Leben auf dem Land verbringe, zeigte immer weniger Geduld mit Tonys albernem Benehmen. Er sagte: »Komisch, wie wir von einem Arzt einfach erwarten, daß er sich aufopfert und selbstlos ist. Keiner verlangt von einem Zahnarzt, daß er wegen schlimmer Zahnschmerzen nachts kommt, oder von einem Steuerberater, weil jemand über seine Einkommensteuer in Panik geraten ist. Man sollte meinen, daß ein Arzt einen Heiligenschein trägt und anders ist als jeder andere arbeitende Mensch.«
Aber Tony konnte das nicht hinnehmen. »Ein Arzt ist anders als andere Menschen. Er muß sich aufopfern.«
»Ein Heiliger von Geburt an, vermute ich, oder auf der Universität einer geworden«, spottete mein Mann.
»Na ja, seiner Arbeit hingegeben, wenn er sich dazu entschließt,
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