Geliebtes Landleben
schwieg eine Minute, dann sagte er unglücklich: »Vielleicht habe ich das getan, aber kannst du mir das vorwerfen? Ich mußte sie einfach haben.«
Das war so aufrichtig, daß es mich entwaffnete und ich nur sagen konnte: »Natürlich meinst du, daß du diese Gelegenheit ergreifen mußt. Aber mußt du Tony all das jetzt eröffnen? Es ist nur noch eine Woche bis Weihnachten. Laß’ es ein glückliches Weihnachten sein. Tante Kate kommt zurück. Sie hat das Haus ihrer Familie verkauft. Wir werden ganz allein sein. Sag es Tony hinterher.«
Er zögerte, und ich wußte, daß es von mir egoistisch und feige gewesen war. Dann sagte er: »Ich kann ihnen nicht zumuten, lange auf meine Antwort zu warten. Es ist eine einmalige Gelegenheit. Aber wenn du es so für besser hältst, werde ich es Tony erst nach Weihnachten sagen. Inzwischen schreibe ich ihnen, daß ich in drei Monaten komme, wenn nichts Unvorhergesehenes passiert. Schließlich war ich dann ein Jahr hier, Susan, doppelt so lange, wie ich versprochen habe. Niemand darf sich gekränkt fühlten.«
»Bis auf Tony«, sagte ich, und dann tat es mir sofort leid. »Natürlich ist sie selber schuld, wenn sie Schwierigkeiten macht. Es würde nur beweisen, daß sie ausgesprochen unreif ist und dich... Oh, vergiß es, ich wünsche dir alles Gute, Oliver.«
Aber es war eine Belastung für mich, ich spürte, daß es mir Weihnachten verderben würde, und dabei hatten wir uns auf so ein glückliches Weihnachtsfest gefreut. Zumindest würde es herrlich ruhig sein, denn meine Eltern verbrachten das Fest bei Dawn, Larrys Onkel, Richard und Lydia waren in Übersee, und ein paar barmherzige Freunde hatten Sams Mutter für eine Woche zu sich eingeladen, was sie einer Reise ins Hinterland bei weitem vorzog. Es blieben also nur unsere drei Familien, Peter, der Oberst und Miss Adams übrig, und diesmal war Larry an der Reihe, die Feier bei sich abzuhalten. Ich würde nicht viel zu tun haben, mich aber die ganze Zeit unglücklich fühlen, denn ich hatte Oliver versprochen, niemandem etwas zu erzählen.
Um unser glückliches Weihnachtsfest noch vollkommener zu machen, kehrte Tante Kate einen Tag vorher zurück. Sie war länger als erwartet geblieben, denn das alte Haus ihrer Eltern war nicht leicht zu verkaufen gewesen. Jetzt kam sie mit einer äußerst erstaunlichen und fröhlichen Nachricht zurück — sie hatte ein anderes Haus gekauft, diesmal in unserem eigenen Zentrum, in Te Rimu.
»Dann wirst du ganz in der Nähe sein, für immer«, sagte Larry glücklich, und Miss Fletcher tat ihr Bestes, um ihre Freude nicht zu offen zu zeigen.
Es war das Erfreulichste, was seit langem geschehen war. Alle freuten sich, und ich sagte zu Larry: »Ich möchte nur wissen, ob sie das schon beabsichtigte, bevor sie wegfuhr.«
»Ich habe keine Ahnung, und ich mag sie auch nicht fragen. Offensichtlich hat sie genau das entdeckt, was sie wollte, und ich habe ihr versprochen, daß wir nächste Woche nach Te Rimu fahren, um uns das Haus anzusehen.«
Das taten wir, und es gefiel uns sehr gut — ein freundliches Haus mit drei Schlafzimmern und einem großen altmodischen Garten, aber uns schien es einen Nachteil zu haben. Es lag zu nahe an einer lauten Volksschule. Als ich wagte, dies zu erwähnen, fuhr mich Kate sofort an.
»Unsinn, Susan. Ich mag den Lärm von spielenden Kindern, und ich beobachte gern, wenn sie in die Schule gehen und sie wieder verlassen. Siehst du, da ich nicht den Vorzug habe, Mutter zu sein, liebe ich Kinder.«
Ich sagte müde: »Was mich betrifft, meine kannst du haben. Ihre Ungezogenheiten übersteigen meine Kräfte.«
»Das ist nicht richtig«, brummte Kate, und ich mußte einfach denken: >Kinder und alte Jungfern<, aber ich war trotzdem etwas gereizt. Das relativ gute Stadium war vorüber, und sie ließen wieder keinen Streich aus, der ihnen einfiel. Ich sagte: »Ich hasse den Gedanken an die Schule, aber vielleicht ist es eigentlich ein Segen. Auf jeden Fall fangen wir jetzt besser an, die Schulsachen zu kaufen, Tante Kate.«
»Müßt ihr deshalb in die Stadt fahren?«
»Für die Schuluniformen selbst ja, aber es sind noch viele andere Dinge zu besorgen, die wir in Te Rimu bekommen können. Am besten fahren wir gleich am Montag.«
Das taten wir, aber die Kinder ließen wir zu Hause. Da es noch nicht darum ging, die Uniformen anzufertigen, brauchten wir sie nicht, und der Tag versprach anstrengend zu werden. Das war er auch — und noch teuer dazu, so kehrten wir
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