Geliehene Träume ROTE LATERNE - Band 5 (Rote Laterne Roman) (German Edition)
da!«
»Warum sagst du das nicht gleich?«, rief er. »Hast du etwas für mich?«
»Ja«, sagte sie, »der 'Blaue Engel' braucht so etwas wie dich. Ich habe mit Nadja gesprochen, der die Bude gehört. Du kannst sofort bei ihr anfangen.«
»Und wie sieht es mit den Flöppen aus?«, fragte er.
»Achtzig pro Auftritt!«
»Ist ja auch nicht die Welt«," meinte er.
»Du sollst dreimal am Abend auftreten«, erklärte Lilly. »Drei mal achtzig macht zwohundertvierzig. Wenn du das zwei Wochen lang durchhältst und ein bisschen davon auf die Seite legst, dann wird das reichen.«
»Ach, Lilly«, sagte er, »ich könnte dich umarmen!«
»Warum tust du es nicht?«, fragte sie.
Da nahm er sie in den Arm und schwenkte sie einmal im Kreis herum.
»Du bist ein Schatz!« sagte er. »Wenn ich dich nicht hätte ...«
»Dann hättest du 'ne andere«, meinte sie mit einem schelmischen Lächeln.
★
»Ja, Hallo«, meldete sich die einschmeichelnde Männerstimme am anderen Ende der Leitung.
»Hätten Sie heute ein Stündchen Zeit?«, flötete Lilly in die Sprechmuschel.
»Aber selbstverständlich«, sagte Ronny.
»Und wie sind Ihre Tarife?«
»Normalerweise zweihundert«, sagte Ronny. »Bei dir mach' ich es für fünfzig.«
»Du Seifenheini!«, rief Lilly lachend. »Kommst du mal rüber in mein Sündenetablissement? Übermorgen geht's los! Wir müssen die ganze Sache noch besprechen.«
»Ich bin in eineinhalb Stunden bei dir«, erklärte er. »Im Augenblick warte ich noch auf 'ne Kundin.«
»Lass dich nicht wieder kratzen und beißen!«
»Nein, die tut das nicht«, erklärte Ronny. »Wie sieht's denn bei dir aus?«
»Nicht gerade luxuriös«, erklärte sie, »aber es geht. Ich habe glatte tausend Mark sparen können. Na, was sagst du?«
»Ich habe zwölfhundert«, erklärte er. »Mit etwas über zwei Mille müssten wir doch über die Runden kommen!«
»Vorausgesetzt - nicht alle Tage Schampus und Kaviar«, sagte sie; »Ich habe gehört, dass man auf diesen Schiffen einen ganz tollen Lebensstil pflegt. Menschenskind, Ronny, ich freu' mich ja so! Ich bin schon ganz irre!«
In diesem Augenblick läutete es an Ronnys Tür.
»Ich muss Schluss machen«, sagte er. »Tante Amanda kommt.«
»Tante Amanda?«
»Meine Kundin«, erklärte er und legte auf.
Lilly hatte in einem anständigen Viertel eine kleine Wohnung gemietet. Sie nannte diese Wohnung »Puppennest«. Hierher zog sie sich zurück, wenn sie ihre Ruhe haben wollte. Diese kleine, behaglich eingerichtete Wohnung war Lillys Heiligtum. Außer Ronny betrat diese »heiligen Hallen« kein anderer Mann.
Heute hatte sie sich freigenommen. Beim Metzger hatte sie Filetsteaks gekauft, die sie nun in der Küche mit dem Handballen etwas flach drückte. Sie wusste, dass Filetsteaks Ronnys Lieblingsessen waren. Sorgfältig hatte sie die grünen Bohnen geputzt.
In solchen Augenblicken fühlte Lilly Schmitt sich richtig als Hausfrau. In ihren Träumen führte sie immer ein bürgerliches Leben. Eigentlich hatte sie niemals Prostituierte werden wollen. Ein Zufall hatte sie an dieses Leben herangeführt. Manchmal hatte sie Angst, nicht mehr davon loszukommen. Damals, als sie damit begonnen hatte, war ihr Plan gewesen, das schnelle, große Geld zu machen. Aber alles war ihr wie Sand durch die Finger geronnen. Von dem Verdienten war nie etwas geblieben. Nicht selten dachte Lilly an die vielen alternden Dirnen, die sich im Bordell mühsam ein paar Mark ergatterten. Nein, so wie die wollte Lilly nicht werden! Sie wünschte sich ein einfaches und bescheidenes Leben und schaffte es trotz aller Anstrengungen nicht, das zu erreichen.
Ronny kam pünktlich.
»Na, wunderbar!«, sagte Lilly. »Jetzt kann ich die Steaks in die Pfanne hauen. Und dann setzen wir uns zusammen und sprechen unsere Reise durch.«
»Weißt du, dass du eine hinreißende Köchin bist?«, meinte Ronny später kauend. »Du solltest ein Restaurant aufmachen.«
»Das wird wohl nie werden«, meinte sie mit einem sehnsüchtigen Seufzer. »Ich bleibe wahrscheinlich immer, was ich bin.«
»Aus mir wird wohl auch nie etwas Großes«, sagte der junge Mann und betrachtete Lilly.
»Ich lasse mir trotzdem keine grauen Haare wachsen«, erklärte Lilly. »Vielleicht sieht nach unseren Ferien alles ganz anders aus. Vielleicht lerne ich 'nen richtig reichen Kerl kennen, der mich heiratet. Man kann ja nie wissen, oder?«
»Nein, das kann man nicht«, erklärte er und nahm sich noch einen Löffel Bohnen.
Dann holte
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