Gelinkt
lesen.« Sie sah seine Notizen noch einmal durch. »Was stört Sie? Glauben Sie mir vielleicht nicht?«
»Es hört sich an wie eine reichlich banale Unterhaltung, Mrs. Keller. War Ihre ganze Vorstellung der Mühe wert, wenn Sie schließlich nur von den Kindern sprachen und daß man diesen Burschen Stinnes in Ruhe lassen solle?«
»Das war doch nur gedacht, um ihn zu ködern: Er sollte dem schwarzen Mädchen folgen, um seine Frau wiederzufinden.«
»Ja«, sagte Bret Rensselaer zweifelnd. Er nahm die Blätter mit den Notizen und stieß sie auf den Tisch, um sie zu ordnen.
Draußen knallte eine Autotür, und ein Motor heulte auf. Ein Mann brüllte gute Nacht, und eine Frau schrie: »Verdufte!« An so was war man hier gewöhnt. »Und ich habe nichts verlangt.«
»Darüber habe ich mich schon gewundert«, sagte Bret. »Sie brauchen gar nicht so sarkastisch zu sein.«
»Entschuldigung. Das war nicht meine Absicht.«
»Könnten Sie nicht ein paar von diesen Lampen abschalten?
Ich kriege schon Kopfschmerzen von dem blendenden Licht.«
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»Sie haben ganz recht. Ich hasse dieses Neonlicht, aber das Zimmer hier wird als Büro benützt. Die Lampen hängen alle am gleichen Schalter.«
»Ich will nichts für das, was ich Ihnen erzählt habe.
Überhaupt nichts.«
»Aber?«
»Aber wenn Sie wollen, daß ich dorthin zurückkehre, ist es nur gerecht, daß ich irgendwas dafür von Ihnen kriege.«
»Woran hatten Sie gedacht?«
»Einen Paß für meinen fünfjährigen Sohn.«
»Ahhh!« Brets unverkennbares Stöhnen stand für die Anstrengungen, die er angesichts der Streitereien würde durchstehen müssen, um für jemanden, der kein Recht darauf hatte, einen Paß zu kriegen. Diese berufsmäßigen Obstruktionspolitiker, mit denen er es in Whitehall zu tun hatte, würden Überstunden machen, Gründe entdecken, dieses Gesuch abschlägig zu bescheiden.
»Das kostet Sie doch gar nichts«, sagte Miranda.
»Ich weiß«, sagte Bret mit warmer, leiser Stimme. »Ihre Forderung ist bescheiden genug, Mrs. Keller. Ich werde sie Ihnen wahrscheinlich erfüllen können.«
»Wenn ich morgen nicht in Rom ankomme oder spätestens übermorgen, werde ich eine Menge zu erklären haben.«
»Sie haben die britische Staatsangehörigkeit. Weshalb brauchen Sie überhaupt meine Fürsprache, einen britischen Paß für Ihren Sohn zu kriegen?«
»Ich bin in Österreich geboren. Mein Vater hatte dort einen Fünfjahresvertrag. Mein Sohn ist in Berlin geboren. Damit hat er nicht automatisch meine britische Staatsbürgerschaft.«
»Verdammtes Pech«, sagte Bret. »Ich werde sehen, was sich machen läßt.« Sein Gesicht hellte sich auf, als ihm plötzlich ein Ausweg einfiel. Vielleicht genügte ja schon ein gefälschter Paß. Er würde ihr natürlich nicht sagen, daß der Paß gefälscht war. »Vermutlich reicht jeder westliche Paß dafür aus, ihn da
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rauszuholen. Republik Irland, Brasilien, Guatemala, Belize oder Paraguay.«
Die Frau sah ihn mißtrauisch an. »Solange ich das verbriefte Recht kriege, mich in Großbritannien aufzuhalten, aber ich will nicht irgendeinen Mickymaus-Paß, den ich alle zwei oder drei Jahre verlängern lassen und dann noch Schmiergelder dafür an irgendeinen Botschaftsangestellten zahlen muß.« Bret nickte zustimmend. »Haben Sie geeignete Lichtbilder Ihres Sohnes dabei?«
»Ja.« Aus ihrer Handtasche nahm sie drei Paßbilder, die sie ihm reichte, sowie ein Blatt Papier, auf dem die erforderlichen Angaben zu lesen waren.
»Sie hatten dies also geplant, ehe Sie Berlin verließen?«
»Diese russischen Schweine sind unerträglich«, sagte Miranda. »Ich habe immer Paßbilder dabei.«
Wie wagemutig! dachte Bret. »Das ist für den Augenblick alles, was wir tun können«, sagte er. »Überlassen Sie alles mir.
Wie kann ich Sie in Ost-Berlin erreichen?«
»Ich brauche den Paß«, sagte Miranda. »Ehe ich nicht diesen Paß in der Hand habe, mache ich nichts für Sie.« Bret sah sie an. Sie war eine intelligente Frau. Sie mußte begriffen haben, daß sie sich ihm auslieferte, wenn sie nach Ost-Berlin zurückging. Aber das gab sie nicht zu erkennen. Sie gehörte zu den Menschen, die voraussetzen, daß jeder fair spielt. Es war gut zu erfahren, daß es solche Menschen noch gab. Einstweilen wollte Bret sie nicht eines Besseren belehren. »Würden Sie ein kleines Honorar annehmen?«
»Ich will nur den Paß für meinen Sohn.«
»Okay, Mrs. Keller. Ich werde tun, was ich kann, um Ihnen den zu
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