Gelinkt
Männer mittleren Alters, trugen Wollmützen.
Nirgends war ein Buch oder eine Zeitung zu sehen, und die Patienten schliefen alle oder starrten dösend vor sich hm. Auf dem Bildschirm eines Fernsehgeräts in der Ecke jagte eine axtschwingende Maus eine Katze, aber der Ton war abgeschaltet, und niemand sah den beiden zu.
»Einen der Patienten müssen Sie kennenlernen«, sagte Dr.
Wieczorek. »Franz. Er ist unser ältester Patient. Als er uns eingeliefert wurde, 1978, war sein Gedächtnis vollkommen weg, aber wir sind stolz, ein paar Fortschritte erzielt zu haben.«
Er begleitete sie in einen kahlen Raum mit einem großen quadratischen Waschbecken, in dem Bettschüsseln ausgewaschen werden konnten. Dort saß ein Mann in einem Rollstuhl. Aufgrund seiner Bewegungsunfähigkeit hatte der Körper Fett angesetzt. Seine Hautfarbe war gelblich, und er hielt die Lippen fest aufeinandergepreßt, als bemühte er sich, nicht zu schreien. »Nun komm schon, Franz. Wie wär’s mit einer Tasse Kaffee?« Der Mann im Rollstuhl sagte nichts und
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machte keine Bewegung, er rollte nur die Augen, als versuchte er, ohne Kopfdrehung das Gesicht des Arztes zu sehen. »Diese Dame möchte dich kennenlernen, Franz. Es ist doch schon lange her, seitdem du zuletzt Besuch hattest, nicht wahr?« Zu Fiona sagte Dr. Wieczorek: »Bei solchen Patienten ändert sich der Zustand sehr erheblich von einem Tag zum anderen.«
»Guten Tag, Franz«, sagte Fiona, die nicht wußte, was von ihr erwartet wurde.
»Sag guten Tag, Franz«, sagte Dr. Wieczorek und fügte hinzu: »Er hört alles, aber vielleicht hat er heute keine Lust, mit uns zu reden.« Er nahm den Rollstuhl und kippte ihn, um die Vorderräder über die Schwelle zu heben.
Wieczorek rollte Franz in seinem Rollstuhl den Korridor entlang, wobei er sein Geplauder fortsetzte, anscheinend ohne zu merken, daß Franz nicht antwortete. Fiona folgte. Als der Stuhl dann in einen kleinen Raum gebracht worden war, an dessen Tür »Behandlungsraum!« stand, wurde er dort so hingestellt, daß Fiona und der Arzt sich dem Patienten gegenübersetzen konnten. Obwohl er noch immer den Kopf nicht bewegt hatte, war Franz jetzt, da man ihn in diesen Raum geschoben hatte, sichtlich erregt. Er starrte einen kleinen grau emaillierten Kasten in der Ecke an. Ein Zifferblatt zeigte eine Voltskala, auch waren da ein mechanischer Zeitmesser und Drähte, die in Gebilden endeten, die wie Kopfhörer aussahen.
Franz starrte dieses Gerät an, dann den Arzt, dann wieder das Gerät. »Er mag die Elektroschockbehandlung nicht«, sagte Dr.
Wieczorek. »Niemand mag sie.« Er streckte eine Hand aus und berührte Franz beruhigend. »Schon gut, Franz. Heute wird nicht behandelt, alter Freund. Kaffee, nur Kaffee.« Als habe sie nur auf dieses Stichwort gewartet, trat nun eine Frau in blauer Kittelschürze ein mit einem Tablett, auf dem Tassen, Untertassen und eine Kaffeekanne standen. Das Porzellan war dick und grob. Die Sorte, die ruhig mal hinfallen kann, ohne gleich kaputtzugehen.
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»Jetzt habe ich’s mir doch anders überlegt, wenn es Ihnen nichts ausmacht«, sagte Fiona, als der Arzt einzuschenken begann.
»Gut, Leute anderen Sinnes zu machen ist unsere Spezialität hier. Stimmt doch, Franz?« Dr. Wieczorek lachte in sich hinein.
Franz bewegte die Augen und starrte Fiona an. Es schien, als könne er alles, was gesagt wurde, hören und verstehen. Bei der Betrachtung seines Gesichts fragte sie sich, ob es ihr nicht irgendwie bekannt vorkäme, ließ den Gedanken dann aber fallen.
»Der arme Franz Blum war ein fleißiger und junger dritter Sekretär im Büro des Attachés in London. Dann hatte er eines Tages einen totalen Zusammenbruch. Vermutlich war es die Überforderung, das erste Mal fern seiner Familie in der Fremde zu leben. Manche Leute finden es schwer, sich anzupassen. Die Botschaft schickte ihn nach Moskau zurück, als offenbar wurde, daß er krank war. Man hat alles versucht, und obwohl es zu Zeiten so aussah, als bessere sich sein Zustand, hat er sich doch auf die Dauer ständig verschlechtert. Es ist ein trauriger Fall. Eine ständige Erinnerung an die Grenzen unserer Wissenschaft für uns.«
Fiona beobachtete Blum, als dieser mit beiden Händen nach seiner Kaffeetasse griff und sie so vorsichtig vom Tablett hob.
»Ein vertraulicher KGB-Bericht aus London sagte, daß Franz für die Briten spionierte«, sagte Dr. Wieczorek. »Aber anscheinend gibt es für diese Beschuldigung keine soliden Beweise.
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