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Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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ein Wort sagen ließ.
    Bernard konnte manchmal der archetypische, egoistische Mann sein. Er nahm sie als Selbstverständlichkeit. Die Aussicht, einen Abend mit seinem Vater und seinen Kumpels zu verbringen, entzückte ihn. Da würden sie trinken und sich ihre Geschichten erzählen, Geschichten von Geheimagenten und deren kühnen Taten, die im Laufe der Zeit immer kühner geworden waren und im Laute des Abends noch kühner werden würden. Es war sehr bezeichnend für ihre Beziehung, daß ihre Anwesenheit auf einer solchen Gesellschaft Bernard gestört hätte. Bernard achtete sie, würde er sie wirklich lieben, hätte er sie bei sich haben wollen, wo immer er hinging.
    Insgeheim lebte sie in Erwartung des Tages, an dem er genötigt sein würde, sie als diejenige anzuerkennen, die sie war: jemand, der das Agentenspiel genauso gut beherrschte wie er.
    Dann würde er sie vielleicht so behandeln, wie sie behandelt werden wollte: als seinesgleichen. Und wenn sie inzwischen in

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    der gleichen Heimlichkeit ein bißchen Glück für sich gestohlen hatte, konnte man ihr daraus einen Vorwurf machen? Es war niemandem weh getan worden.
    Sie musterte die Unordnung, die Bernard ihr im Zimmer hinterlassen hatte. War es ein Wunder, daß sie solches Glück gefunden hatte in der kurzen und dummen Liebesaffäre mit Harry Kennedy? Er hatte ihr neuen Lebensmut gegeben in einer Zeit, da sie der Verzweiflung sehr nahe war. Während der Zeit mit Harry hatte sie aufgehört, Tabletten zu schlucken, und sich wie ein neuer Mensch gefühlt. Harry behandelte sie mit Anteilnahme und Rücksicht, und doch war er so wunderbar offen. Er hatte keine Angst, ihr zu sagen, daß er sie anbetete.
    Für ihn war sie ein schwieriger und interessanter Mensch, dessen Meinungen zählten, und mit ihm konnte sie persönliche Gefühle austauschen, die sie mit Bernard nie geteilt hatte.
    Wenn man die Dinge beim Namen nennen wollte, konnte man nur feststellen: Sie liebte Bernard und ertrug ihn, aber Harry liebte sie verzweifelt und vermittelte ihr ein zutiefst weibliches Gefühl, wie sie es nie zuvor erlebt hatte.
    Nun war all das aus und vorbei, versicherte sie sich. Im nüchternen Rückblick konnte sie ihre Affäre mit Harry als das sehen, was sie war: ein wunderschöner Luxus, eine Entspannung in einer Zeit höchster Anspannung, eine Therapie. Sie sah auf die Uhr. Sie mußte noch baden und sich umziehen. Gott sei Dank hatte sie ein paar wirklich schicke Sachen eingepackt. Denn bei dem Treffen heute abend kam es darauf an, nicht nur blendend auszusehen, sondern auch geistvoll zu sein. Heute abend wollte sie den gordischen Knoten der Angst mit dem Schwert der Entscheidung durchhauen.
    Fiona hatte sich bei Kesslers verabredet, einem Familienrestaurant in der Gatower Straße in Spandau. Das Restaurant nahm das ganze Haus ein, so daß es auf jeder Etage Speisesäle gab. Im Erdgeschoß überwachte der alte Klaus

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    Kessler die Kellner persönlich. Zwischen dunkelgrün gestrichenem Holz, rot-weiß gewürfelten Tischtüchern und auf kleine Schiefertafeln geschriebenen Speisekarten stand er da mit seiner langen Schürze. Kessler nannte sein Lokal ein
    »typisch französisches Bistro«, tatsächlich aber hatten sich die Einrichtung und auch die Küche kaum verändert seit den Tagen, da sein Großvater dort den Gästen seiner Berliner Weinstube gute Hausmannskost servierte. Eine enge, knarrende Treppe führte in einen zweiten Speisesaal hinauf, und in dem Geschoß über diesem gab es drei aufwendig eingerichtete Räume mit besserem Besteck und Gläsern, leinenen Tischtüchern und handgeschriebenen Speisekarten ohne Preise.
    Diese Räume waren für kleine und sehr diskrete Gesellschaften reserviert. Und an diesem Abend speisten in einem dieser Räume Fiona und Bret Rensselaer.
    »Haben Sie sich ohne Schwierigkeiten freimachen können?«
    fragte Bret höflich. Sie bot ihm die Wange, und er küßte sie flüchtig. In einem Eiskübel stand Champagner. Bret trank bereits etwas davon.
    Der Kellner nahm ihren Mantel, schenkte ihr Champagner ein und reichte ihr die Speisekarte.
    »Es war ganz leicht«, sagte Fiona. »Bernard ist mit seinem Vater zu einer Abschiedsfeier gegangen.«
    »Der Rehbraten soll gut sein«, sagte Bret beim Überfliegen der Speisekarte.
    »Ich mag keinen Rehbraten«, sagte Fiona nachdrücklicher als beabsichtigt. Sie nippte an ihrem Glas. »Überhaupt bin ich nicht besonders hungrig.«
    »Kessler sagt, er macht uns ein Käsesoufflé.«
    »Das klingt

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