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Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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konnte. Manche sagten, die Frauen seien von vornherein aufsässig gewesen, andere, daß die beiden

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    gemeinsame englische Muttersprache ein Band zwischen ihnen knüpfte, das die Voraussetzung zur Rebellion schuf.
    »Erster Preis für Unfähigkeit, Arschgesicht«, sagte Harmony Jones zu Moskwin. Sie waren in einer Fischerhütte in Bosham, an der Südküste Englands, wo Moskwin seine Falle für Bernard Samson auslegte. »Von London nach Berlin und dann wieder zurück nach London. Das ist wirklich die blödeste Operation, bei der ich je mitgemacht habe, Schätzchen.«
    Moskwin war solchen Trotz nicht gewöhnt. Er unterdrückte seinen furchtbaren Zorn und sagte: »Das gehört alles zum Plan.« Erich Stinnes sah auf von seinem Reiseführer Chichester and the South Downs. Er beobachtete sie gelassen.
    Dies war nicht seine Operation, und selbst wenn die Briten ihn faßten, hatte er ja schon die Lage sondiert, was das Überlaufen anging. Moskau hatte er wissen lassen, daß die andere Seite mit Annäherungsversuchen begonnen habe, und erhielt die Genehmigung, seine Kontakte fortzusetzen. Ganz gleich, wie die Sache ausging, er würde sie überleben.
    Pawel Moskwin war ebenfalls der Meinung, unfehlbar zu sein. Er wollte sich einen Namen damit machen, sie mußte also dramatisch verlaufen. Er würde Bernard Samson in eine Falle locken, ihn zu Tode verhören und dann seine verstümmelte Leiche in einem sicheren Haus des SIS in England liegen lassen. Wenn Samsons Vernehmung irgend etwas zum Vorschein brachte, das den guten Ruf von Moskwins neuer Vorgesetzten, Fiona Samson, schädigte oder vernichtete, um so besser. Das sichere Haus war sogar deshalb ausgesucht worden, weil Fiona Samson während einer ihrer ersten Vernehmungen in Ost-Berlin dessen Existenz aufgedeckt hatte.
    Sollte sich der Ort als unsicher erweisen, würde das Fiona des Verrats überführen und Moskwin nicht als Fehler angerechnet werden können. Miranda sah ihre drei Kollegen an und schüttelte sich. Daß es so sein würde, hatte sie nicht erwartet.
    Miranda ihrerseits hatte ihre Rolle genau so gespielt, wie es

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    vorgesehen war.
    Miranda hatte auf dem Grünstreifen eines Straßenabschnitts nahe dem Terminal 3 des Londoner Flughafens gestanden, als sie Bernard Samson kommen sah, Harmony auf dem
    Beifahrersitz neben ihm. Der Wagen hielt neben ihr an, dann war sie hinten eingestiegen und hatte Fiona Samsons Stimme imitiert. Als sie einstieg und sich hinter diesen Mann, Bernard Samson, setzte, hatte sie für einen Augenblick Angst gehabt, ohnmächtig zu werden. Aber das war Lampenfieber gewesen, wie auf der Bühne. Und dann, schließlich war sie eine erfahrene Schauspielerin, war alles glatt über die Bühne gegangen. »Ich bin’s, Liebling. Ich hoffe, ich habe dich nicht erschreckt?« Diese süße und beherrschte Stimme einer höheren Tochter, in der nur ein wenig Spott mitklang.
    »Fiona. bist du verrückt?« sagte Samson. Er blickte sich nicht um, und für alle Fälle war auch der Rückspiegel von ihm weggedreht worden. Es lief genau, wie es Harmony vorausgesagt hatte. Bernard Samson, hatte Harmony gesagt, war ein Profi. Und Profis opfern ihr Leben nicht, ohne sich vorher von der Notwendigkeit ihres Opfers zu überzeugen.
    Samson war überzeugt. Er war die erfolgreichste Aufführung in Mirandas Karriere. Schade, daß nur zwei Leute im Publikum saßen. Zu berücksichtigen war freilich, daß fünfzig Prozent des Publikums vor Überraschung fast von Sinnen war und überdies von einer in Nähe des Schenkels bereitgehaltenen Injektionsspritze bedroht.
    Miranda fuhr fort: »Hierher zu kommen? Es gibt keinen Haftbefehl gegen mich. Ich habe mein Aussehen und meinen Namen geändert … Nein, sieh dich nicht um. Ich will dich nicht bewußtlos.« Sie hatte jede Silbe so oft geübt, daß sie automatisch sprechen konnte. Der arme Teufel wurde vollkommen zum Narren gehalten. Er tat Miranda leid.
    Natürlich würde er später versuchen, Harmony zu folgen.
    Welcher Ehemann hätte das nicht versucht.

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    Als Miranda nach ihrem Auftritt in London Heathrow in diese Fischerhütte zurückgekehrt war, hatte Moskwin kein anerkennendes Wort für sie gehabt. Miranda haßte ihn. »Aber angenommen, Bernard Samson verfolgt nicht Harmonys Spur?« sagte Miranda. »Angenommen, er kommt nicht.
    Angenommen, er geht zur Polizei.«
    »Er wird kommen«, sagte Moskwin. »Er kriegt sein Gehalt nicht dafür, zur Polizei zu gehen. Leute aufzuspüren ist sein Job. Er wird

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