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Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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Harmonys Spur verfolgen. Er wird denken, seine Frau sei hier, und er wird kommen.«
    »Und dann was?« sagte Miranda. Sie trug noch immer die teure Perücke und das Make-up, die Moskwin für sie ausgesucht hatte. Sie hoffte, die Perücke behalten zu dürfen.
    Harmony lächelte mißmutig. Sie war diejenige gewesen, die die Spur für Samson legen, dreimal nach dem Weg fragen mußte, ehe sie die Tickets kaufte, alle Dummheiten mitmachte, die gesunder Menschenverstand hätte vermeiden können. Der Gipfel von Moskwins offenkundiger Geschmacklosigkeit war die Wahl eines auffällig schönen schwarzen Mädchens gewesen. Welcher Schwachkopf würde wohl keinen Verdacht schöpfen, wenn man so eine Blaskapelle vor ihm
    hermarschieren ließ, um ihn irgendwohin zu locken? Und ihre kurze Begegnung mit Bernard Samson gab ihr Grund zu der Annahme, daß er kein Schwachkopf war. Sie wollte nicht hier sein, wenn er eintraf.
    »Ist doch schnuppe«, sagte Harmony. »Wir Mädchen hauen sowieso bald hier ab. Miranda-Baby, geh nach oben und schrubbe dir dieses verdammte Make-up vom Gesicht, und dann kratzen wir die Kurve. Ein Tag Rom ist genau das, was wir brauchen nach drei langen Tagen mit diesem fetten Furz.«
    Sie stand auf.
    »Gib mir eine halbe Stunde«, sagte Miranda. Moskwin ärgerte sich, daß er sich von Harmony Jones hatte beschwatzen lassen, die beiden Frauen über Rom zurückzuschicken. Sie

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    hatte überzeugende taktische Gründe dafür geltend gemacht, aber jetzt war klar, daß der Abstecher nur ihrem Vergnügen dienen sollte.
    »Ich brauche euch vielleicht noch«, sagte Moskwin, aber sein Talent, die beiden Frauen einzuschüchtern, war aufgebraucht, hauptsächlich wegen der Frechheit, mit der die schwarze Frau jeden Befehl hinterfragte, den er ihr gab.
    »Was Sie brauchen, großer Häuptling …«, begann sie, hielt’s aber dann für besser, ihn nicht weiter zu provozieren.
    Sie nahm Mirandas Schminkkästchen und ging zur Treppe.
    Miranda folgte ihr.
    »Und nennen Sie mich nicht wieder Arschgesicht«, sagte Moskwin mit feierlichem Ernst, als die beiden Frauen durch die niedrige Tür gingen, die zur Treppe führte. Harmony machte eine obszöne Geste, aber hinter Moskwins Rücken. Die Treppe hinauf fing Miranda an zu kichern. Es war ein wunderbares altes Haus. Auf der rohgezimmerten Treppe zwischen weißen Bretterwänden hallten die Schritte der beiden Frauen. Der schmalen, verriegelten Tür oben hatte man eine Ecke abgesägt, damit sie unter die Dachschräge paßte. Das alles war so typisch englisch, daß Miranda plötzlich von einer Sehnsucht, wieder in England zu leben, überwältigt wurde. Als die Schritte der Frauen sich nach oben entfernten, blickte Erich Stinnes von seinem Reiseführer auf. »Wußten Sie, daß das Dorf Bosham auf dem Bayeux-Teppich dargestellt ist?« fragte er. »Hier hat König Knud der Flut befohlen, ins Meer zurückzuweichen.«
    Moskwin wußte, daß Stinnes ihn nur zu einem
    Zornesausbruch reizen wollte, deshalb antwortete er nicht. Er stand auf und ging ans Fenster. Bosham liegt auf einer winzigen Halbinsel zwischen zwei nur von der Flut gespeisten Flußläufen. Von hier aus sah er das Wasser und die Schiffe: Motorboote und Segelboote aller Formen und Größen. Wenn Samson tot und erledigt war, würden sie mit einem Boot

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    verschwinden. Stinnes war ein versierter Segler. Im Schutze der Dunkelheit würden sie sich davonstehlen, als wären sie nie dagewesen. Der perfekte Abschluß einer perfekten Operation.
    »Ich würde mich nicht so dicht ans Fenster stellen«, sagte Stinnes hilfsbereit. »Elementare Vorsichtsmaßregel bei Operationen wie dieser.«
    Moskwin trat beiseite. Stinnes hatte natürlich recht. Er haßte Stinnes.
    »Die Hilfsmannschaft sollte inzwischen hiersein.« Stinnes sah ihn an und bekundete Erstaunen. »Sie sind vor einer halben Stunde angekommen.«
    »Und wo sind sie?«
    »Sie haben doch nicht erwartet, daß sie hier an die Tür klopfen, oder? Sie haben eine Matratze. Sie schlafen in ihrem Lieferwagen, bis sie gebraucht werden. Der Wagen ist drüben beim Pub geparkt.«
    »Woher wissen Sie das alles?«
    »Ich habe es schließlich arrangiert, oder? Weshalb glauben Sie wohl, bin ich vorhin auf die Toilette gegangen? Dachten Sie. ich hätte Durchfall? Von da oben kann man den Parkplatz der Kneipe sehen.«
    »Haben Sie eine Waffe?«
    Stinnes schüttelte den Kopf.
    »Ich habe eine«, sagte Moskwin. Er legte sie auf den Tisch.
    Es war eine Smith & Wesson, .44 Magnum, eine

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