Gelinkt
beschaffen.«
»Tonbandaufnahmen sind sehr nützlich, aber ich muß sie auch reden sehen. Ich muß ihren Mund beobachten. Es hängt viel von der Sprechweise ab, wenn ich Konversation machen soll. Und ich muß ihren Wortschatz besser kennenlernen.«
»Man wird Sie genauestens unterrichten, was Sie zu sagen haben. Auf Unterhaltungen brauchen Sie sich nicht einzulassen. Sie sollen nur, was zu sagen man Ihnen auftragen wird, so aussprechen, daß jeder Frau Samsons Stimme zu hören meint.«
»Gut«, sagte Miranda.
»Wir werden den Überraschungseffekt auf unserer Seite haben«, sagte Moskwin. »Sie werden schon mit dem Ehemann und der Schwester gesprochen haben, ehe diese sich von ihrem Erstaunen erholen.«
»Am Telefon ist das leicht, aber …«
»Ich habe auch für das andere Problem eine Lösung«, sagte Moskwin. »Ihr Mann wird in einem Wagen sitzen, auf dem Fahrersitz, und man wird ihn hindern, sich umzudrehen. Dafür wird Harmony sorgen, und die ist da Expertin, stimmt’s, Harmony?«
»Können Sie Ihren Arsch darauf wetten, Boß«, sagte Harmony in einem selbstironischen Ton, den Moskwin nicht aufzunehmen schien.
Den Blick noch immer auf Miranda gerichtet, sagte Moskwin: »Sie setzen sich auf den Rücksitz. Sie werden nahe
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bei ihm sein, aber er wird Sie nicht sehen.«
»Gut. Ich werde das Arpege-Parfüm benutzen, das er mag.
Er wird den Duft erkennen.«
»Er wird Sie riechen, aber nicht sehen«, sagte Moskwin.
»Ich würde es niemals schaffen, so auszusehen wie sie«, sagte Miranda. »Schon ein flüchtiger Blick würde mich verraten …«
»Auch daran habe ich gedacht«, sagte Moskwin. »Es ist gar nicht nötig, daß Sie sich anstrengen, auszusehen wie sie. Wir werden Sie statt dessen mit einer schwarzen Perücke, dunkler Brille und dickem Make-up maskieren. Es wird niemanden überraschen, daß sie sich unter den Umständen nur in Verkleidung nach England wagt. Im Gegenteil.«
»Na, damit fallt mir ein Stein vom Herzen. Ich würde niemals als sie durchgehen. Sie ist sehr schön.« Sie sah die beiden Russen an. »Und außerdem mag ich sie.«
»Tun wir doch alle«, sagte Stinnes. »Wir tun das doch, um ihr zu helfen.«
»Das wußte ich nicht«, sagte Miranda zweifelnd.
»Aber sie darf nichts davon erfahren«, setzte Stinnes hinzu.
»Sie darf unter keinen Umständen Wind davon kriegen«, sagte Moskwin und schlug mit der Faust auf den Tisch. »Sonst werden Sie wünschen, nie geboren zu sein.«
»Okay«, sagte Miranda, ruhiger, als ihr zumute war. Es ärgerte sie, das zugeben zu müssen, aber Moskwin machte ihr angst, obwohl sie keine Frau war, die sich leicht ins Bockshorn jagen ließ.
»Sie hat’s gecheckt«, sagte Harmony. »Kann ich nun meinen Apfel essen, großer Häuptling?«
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15
Bosham, Sussex, England, Oktober 1983
Im Rahmen des Gesetzes machen nur wenige Handlungen mehr Vergnügen, als unparteiisch das Scheitern eines Kollegen zu bewerten. Und so geschah es, daß die von Pawel Moskwin gegen die Londoner Zentrale organisierte Operation noch lange in Wort und Schrift und vielleicht auch Gesang berühmt blieb, nachdem Moskwin schon tot und begraben war. Manche gaben ausschließlich Moskwin die Schuld an dem Fehlschlag. Er war ein Bürohengst, dem jede praktische Erfahrung im Außendienst fehlte (zu dieser Meinung tendierten vorzüglich Agenten im Außendienst). Moskwin war unbestreitbar ein Rabauke und Schinder. Er wollte alles übers Knie brechen und verstand die Engländer nicht. Aber andererseits waren viele seiner Kollegen Rabauken und Schinder, nur wenige gingen bedachtsam vor, und selbst in England war kaum jemand zu finden, der sich bemühte, die Engländer zu verstehen. Eine überzeugendere Erklärung des Fiaskos kam von jenen weniger
voreingenommenen Beobachtern, die den Fehler in der Tatsache suchten, daß die Operation von zwei Personen geleitet wurde. Von Pawel Moskwin, einem KGB-Karriereoffizier, der zu sehr auf seinen Einfluß in Moskau angewiesen war, im Verein mit Erich Stinnes, einem erfahrenen Außendienstagenten, der, obwohl ranghöher als Moskwin, keine Ursache hatte, sich von dem Erfolg der Operation irgendeinen Vorteil zu versprechen. Andere suchten die Schwachstelle bei den beiden Frauen des Teams: der schwarzen Jamaikanerin, die in all den Jahren, die sie schon im Dienst des KGB stand, nie dessen Disziplin angenommen hatte, und der Engländerin, der man die tragende Rolle bei der Operation aufgezwungen hatte, nur weil sie Stimmen nachahmen
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