Gelinkt
anruft?«
»Nicht nötig. Ihr Telefon wird abgehört.« Er blickte auf seine Uhr. »Seit einer Stunde schon. Wenn Sie mich brauchen, ich werde zu Hause sein.«
Er knöpfte seinen Regenmantel zu. »Wenn meine Vermutung zutrifft, fängt jetzt alles an.« Sie lächelte kläglich.
»Viel Glück, Fiona. Und auf bald.« Er machte Miene, sie zu küssen, aber sie sah nicht aus, als wollte sie umarmt werden, so zwinkerte er ihr zu, und sie antwortete mit einem Lächeln. »Leben Sie wohl, Bret.«
»Angenommen, das ganze ist eine KGB-Kapriole? Angenommen, die Russkis schnappen sie sich und behalten ihren Mann dazu, angenommen, sie schlagen Ihnen dann ein Geschäft vor?« Sylvester Bernstein trug einen Regenmantel mit Wollfutter. Die Sorte Kleidungsstück, die man sich sofort zulegt, wenn man mit Überwachungsaufgaben betraut wird. »Darum kümmern wir uns, wenn der Fall eintritt«, sagte Bret.
Er fröstelte. Es war Sommer. Diese Kälte hätte er nicht erwartet, nicht mal in Schottland bei Nacht.
»Sie würden ganz schön dumm dastehen, alter Kumpel. Zwei Agenten im Eimer.«
»Wir haben andere.«
»Ist das die offizielle Linie?«
»Wenn er erst einmal abgestellt ist, ist der Agent tot«, sagte Bret. »Eine zweite Chance oder Ruhestandsregelungen sind nicht vorgesehen.«
»Weiß Mrs. Samson das?« sagte Bernstein. »Natürlich. Wenn sie nicht dumm ist, weiß sie das. Wir können nicht damit rechnen, sie lebendig zurückzukriegen. Selbst wenn uns das gelingt, wird nicht mehr viel mit ihr los sein. Schon die Vorbereitung auf diese Aufgabe hat ihr eine Menge abverlangt. Sie war freundlich, sanft und zutraulich. Jetzt hat sie gelernt, hart und zynisch zu sein.«
»Na, dann läuft ja alles prima«, sagte Bernstein. Bret nahm sich die Sache offenbar zu Herzen. Sylvy hatte schon andere Führungsoffiziere in vergleichbaren Umständen erlebt. Oft gab es da eine emotionale Bindung an den Agenten, den sie führten. Bret antwortete nicht. Er kroch näher an die Wand des verfallenen Gebäudes, in dem die beiden Männer Schutz vor dem kalten, regnerischen Seewind gefunden hatten. Es war eine wilde Nacht, eine Götterdämmerung, die man erst an diesem einsamen Küstenstrich recht zu verstehen lernte. Das Meer war schwarz, aber ein stümperhaft angesetzter Büchsenöffner hatte den Horizont aufgerissen und einen tobenden Tumult von Rot und Violett freigegeben, den die fahlen Blitze eines Gewitters erhellten. Welch eine Nacht, sich von der Heimat zu verabschieden. Welch eine Nacht, im Freien zu sein. »Verdammt öde Gegend hier«, sagte Bernstein, der schon manche öde Gegend gesehen hatte.
»Früher war hier ein U-Boot-Stützpunkt«, sagte Bret. »Als ich das letzte Mal hier war, lag die Reede da voller Schiffe, darunter ein paar schwere Schlachtschiffe.«
Bernstein grunzte, zog den Kragen seines Mantels hoch, um sich dahinter gebeugt eine Zigarette anzuzünden.
Bret sagte: »Die Royal Navy nannte diesen Hafen ›HMS Pearfowl‹, die Seeleute sagten ›HMS Piss-up‹. Diese Mole ging damals weit raus. Und da lagen so viele Versorgungsschiffe und U-Boote, daß man auf ihnen gerade über die Bucht hätte laufen können.«
»Wie lange ist das her?« sagte Bernstein. Er blies Rauch aus und spuckte einen Tabakskrümel aus, der ihm an der Lippe hängengeblieben war.
»Ende des Krieges. U-Boote, wohin man blickte. Diese asphaltierte Fläche da war der Exerzierplatz, den die Tommys das ›Achterdeck‹ nannten. Die Briten haben’s mit dem Marschieren, Exerzieren und Salutieren. Sie machen es, wenn’s was zu feiern gibt, zur Strafe, zum Gebet, zum Essenfassen. Sie machen es im Regen, im Sonnenschein und im Schnee, vormittags und nachmittags, sogar am Sonntag. Das hier … wo wir jetzt sind, war das Kino. Diese Betonblöcke an den Straßen sind die Fundamente, auf denen die Nissenhütten standen, eine Reihe nach der anderen.«
»Und Öfen vielleicht?« sagte Bernstein. Er klemmte sich die Zigarette zwischen die Lippen, während er das Wasser der Bucht mit einem Nachtglas absuchte.
»Ich kann kaum glauben, daß alles weg ist. Während des Krieges waren hier bestimmt nicht weniger als achttausend Mann stationiert, einschließlich der Leute in den Werkstätten am anderen Ufer der Bucht.«
»Ich habe nie gewußt, daß Sie Seemann sind, Bret.«
»Ich bin nur fünfundzwanzig Minuten lang zur See gefahren«, sagte Bret. Er schämte sich noch immer, wegen Dienstuntauglichkeit entlassen worden zu sein. Der U-BootKapitän, der vom Kurs abweichen mußte, um ihn an
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