Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geloescht

Geloescht

Titel: Geloescht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teri Terry
Vom Netzwerk:
Raum.
    Von innen ruft eine Frauenstimme: »Der Nächste, bitte!«
    Meint sie mich? Hier ist sonst niemand.
    Â»Der Nächste!«, kommt es noch einmal lauter, und ich stehe auf und blicke in das Büro hinein.
    Â»Hallo, bist du Kyla Davis? Nur keine Scheu, komm rein.«
    Sie lächelt – oder nicht? Leuchtend roter Lippenstift zieht sich in einem Halbkreis nach oben. Ihr Gesicht ist mit so viel Make-up zugekleistert, dass es bei einem richtigen Lächeln wahrscheinlich brechen würde.
    Â»Du hast deinen Schulausweis schon bekommen, wie ich sehe. Sehr gut. Da drüben an der Tür ist ein Gerät. Da hältst du deine Karte dran, wenn du reinkommst. Das bedeutet, dass du hier bist.«
    Ich drehe mich um: Ein Kästchen hängt neben der Tür.
    Unsicher hole ich meinen Schulausweis hervor, nehme ihn in die Hand und blicke zu der Frau am Schreibtisch zurück.
    Â»Du musst ihn gar nicht aus der Hülle nehmen, halte einfach nur die Vorderseite an den Scanner.«
    Ich tue, was sie sagt, und das Gerät piept.
    Â»Braves Mädchen. Und nun setz dich. Das machst du vor und nach jeder Schulstunde an unserer Schule – und von jetzt an auch in der Unit. So wissen wir immer, wo sich alle Schüler befinden.« Sie versucht wieder das Lippenstiftlächeln.
    Ich kauere am Rand eines Stuhls vor ihrem Tisch
    Â»Jetzt hör gut zu, während ich dir den restlichen Tagesablauf erkläre.« Sie sagt mir, dass ich den ganzen Nachmittag lang Tests machen muss, um herauszufinden, wo ich stehe: ob ich in die normalen Klassen gehen kann oder am Anfang Unterricht in der Unit brauche oder eine Mischung aus beidem. Und morgen früh bekomme ich einen Stundenplan mit den mir zugeteilten Unterrichtsstunden.
    Â»Irgendwelche Fragen?«, sagt sie, während sie ihren Computer schon wieder zuklappt.
    Â»Ã„h ja, eine.«
    Â»Oh?« Sie blickt überrascht auf.
    Â»Kann ich Kunst belegen? Ich kann wirklich gut zeichnen. Meine Betreuerin hat gesagt, dass das möglich sein sollte und …«
    Ich verstumme. Ihre Augen wandern ungeduldig zur Uhr. Mein Anliegen interessiert sie nicht.
    Â»Weißt du, was? Ich mache eine Notiz in deiner Akte.« Sie lächelt wieder und öffnet ihr Netbook. »Hier: Kyla zeigt Interesse an Kunst. Okay? Und jetzt sei ein braves Mädchen und flitz schnell zu den anderen in die Mittagspause.«
    Ich stehe auf und gehe Richtung Tür.
    Â»Warte.«
    Ich bleibe an der Schwelle stehen.
    Â»Du darfst beim Rausgehen das Scannen nicht vergessen! Sonst denkt der Computer, dass du immer noch hier bist.«
    Oh! Ich halte die Karte an das Kästchen und es piept wieder.
    Unten finde ich den Raum, in dem ich gestern zu Mittag gegessen habe. Diesmal bemerke ich den Kartenscanner an der Tür und halte meinen Ausweis dagegen.
    Wie angekündigt finden am Nachmittag lauter Multiple-Choice-Tests am Computer statt. Mrs Ali bleibt und sieht dabei zu, wie ich schier endlos A, B, C oder D drücke. Die Fragen sind zum großen Teil leicht und decken unterschiedliche Gebiete ab: Mathe, Englisch, Geschichte, Geografie und Biologie.
    Als ich fertig bin, sind meine Augen müde und meine Schultern steif, aber ich glaube, ich habe alles ganz gut hinbekommen. Die Ergebnisse erhalte ich morgen, meint Mrs Ali, und als endlich die Schulglocke läutet, bringt sie mich zur Tür.
    Ich nehme mit Ben den Bus, nachdem ich Amy überredet habe, allein mit Jazz zu fahren, und ihr versichert habe, dass ich klarkomme.
    Ich gehe hinter Ben den Gang hinunter, und jetzt, da mein Kopf nicht mehr mit diesen Tests beschäftigt ist, wandern meine Gedanken wieder zu dem Mahnmal und der Tatsache, dass die RT einen ganzen Bus voller Schüler getötet haben. Einen Bus wie diesen.
    Die Bewegung nehme ich zu spät wahr.
    Ein Bein schießt quer über den Gang und ich stolpere und falle nach vorn. Instinktiv versuche ich, mich mit den Händen abzufangen, aber mein Rucksack hängt irgendwo fest und zieht mir die Arme zurück. Mein Gesicht prallt auf eine Rückenlehne und ich lande auf dem Boden.
    Gelächter ertönt.
    Ich komme auf die Knie und berühre meine Lippe – meine Finger sind rot.
    Ich ziehe mich hoch und fahre herum.
    Es ist das Mädchen, das gestern den freien Platz blockiert hat, damit ich mich nicht neben sie setzen konnte.
    Â»Na, schöne Fahrt?« Sie lächelt.
    Meine Muskeln spannen sich an und ich mache einen Schritt auf sie zu.

Weitere Kostenlose Bücher