Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geloescht

Geloescht

Titel: Geloescht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teri Terry
Vom Netzwerk:
rollt meine Wange hinab und bleibt auf meiner Lippe hängen. Es brennt, deswegen lecke ich sie ab.
    Grüne Bäume, blauer Himmel, weiße Wolken, grüne Bäume, blauer Himmel, weiße Wolken …
    Â»Abendessen!«, ruft Mum die Treppe hinauf.
    Ich hebe den schlafenden Sebastian von meinen Knien aufs Bett und gehe in die Küche hinunter.
    Â»Ich habe Suppe für dich gemacht. Isst sich leichter mit deiner Lippe.«
    Â»Danke.«
    Ich setze mich.
    Mum stellt meine Suppenschüssel und zwei Teller mit Pasta auf den Tisch und läuft dann noch einmal zur Treppe.
    Â»Abendessen, Amy!«, ruft sie und kommt dann zurück in die Küche. »Also gut, wenn Madame keine Lust hat, sich zu uns zu gesellen, bekommt sie eben nichts.« Sie lässt sich auf den Stuhl sinken.
    Ich starre auf meine Suppe.
    Â»Na los, probier mal. Ich habe sie extra für dich gemacht.«
    Ich nehme den Löffel in die Hand.
    Â»Ist mit dir alles in Ordnung, Kyla?« Mum fasst mir ans Handgelenk – genau in dem Augenblick, als mein Levo vibriert: 4,3. Sie seufzt. »Du bist im Bus nicht einfach nur gestolpert, oder?«
    Sie ist ein Gedankenlesedrachen.
    Â»Antworte mir.«
    Â»Das ist es nicht.«
    Â»Was ist es dann?«
    Ich sage nichts, sondern rühre nur in der Suppe.
    Â»Es hat etwas mit Amy zu tun, oder? Was hat sie gesagt?«
    Ich lasse den Löffel sinken und lehne mich zurück. »Sie ist sauer auf mich und ich verstehe nicht, warum.«
    Â»Mädchen im Teenageralter sind ein Albtraum! Jungs sind so viel einfacher. Warte hier.«
    Sie stürmt die Treppe hinauf und zieht wenige Augenblicke später Amy hinter sich her in die Küche.
    Â»Setz dich! Und nun hör mir mal zu, Madame. Kyla hat mir überhaupt nichts erzählt, okay? Weder etwas über deinen dummen kleinen Freund oder dass du in seinem bescheuerten Auto mitfährst oder irgendetwas anderes. Ich habe mir das alles selbst zusammengereimt. Den Rest könnt ihr jetzt untereinander klären. Ich esse vor dem Fernseher.« Und damit nimmt sie ihren Teller, stürmt ins andere Zimmer und schließt die Tür mit dem Fuß.
    Amy sieht mich schuldbewusst an. »Tut mir leid. Ich dachte, du hast es ihr gesagt.«
    Â»Sie kann Gedanken lesen.«
    Â»Irgendwie hat sie mich dazu bekommen, alles zuzugeben. Und du kannst auch keine Geheimnisse bewahren – dein Gesicht ist ein offenes Buch, ganz egal, wie sehr du dich bemühst. Ich hätte es wissen sollen. Tut mir leid.«
    Sie beginnt zu essen und sagt sonst nicht mehr viel. Aber ich kann es in ihren Augen sehen – sie wird keine Geheimnisse mehr mit mir teilen.
    Mir kann man nicht trauen.
    Diese Nacht bleibt sie in ihrem Zimmer und ich schlafe allein ein.
    Der Fahrer hupt. Warum, weiß ich nicht. Die Autos bewegen sich nicht – totaler Stillstand. Die Straße ist zum Parkplatz geworden, direkt vor dem schweren Steingebäude mit dem Schild: »London Lorder Offices«. Gefangen wie die Ratten in ihrem eigenen Nest.
    Ich schreie den Fahrer an: »Tun Sie doch was! Öffnen Sie die Tü­ren! Lassen Sie sie raus!«
    Aber er weiß nicht, was geschehen wird. Er kann mich nicht hören.
    Erst kommt ein Pfeifen, dann gibt es einen Lichtblitz und schließlich ist da ein markerschütternder Knall, der durch meinen Schädel fährt und in meinen Ohren dröhnt. Und dann setzen die Schreie ein.
    Dichter Rauch überall, blutige Hände schlagen gegen Fenster, die nicht aufgehen, dann noch mehr Schreie. Wieder ein Pfeifen, ein Blitz, eine Explosion. Ein klaffendes Loch im Bus, aber um mich herum ist plötzlich alles still.
    Ich huste vom Rauch und ätzende Gase von brennendem Benzin, Metall oder Schlimmerem lassen mich würgen. Ich stopfe mir die Finger in die Ohren, aber die Schreie hören nicht auf.
    Dann ist es vorbei.
    Und ich bin nicht mehr dort. Ich bin irgendwo – irgendjemand – anders. Der Terror und der Rauch und das Blut, alles ist verschwunden. Keine einzige Erinnerung an ein vergangenes Ereignis, überhaupt nichts mehr ist da … alles weg. Es war ein Traum. Nicht mehr.
    Nicht weniger.
    Ich lache und spiele Verstecken mit anderen Kindern irgendwo im Grünen. Große Bäume über hohem Gras, leuchtend pinkfarbene und gelbe Wildblumen. Ich kauere hinter ein paar Büschen und sehe meine Hände und meine Füße. Sie sind klein. Ich bin klein. Mein Herz klopft schnell von dem Spiel.

Weitere Kostenlose Bücher